Person | Interviews | Vorträge | Veröffentlichungen | Kontakt

Archiv für 2016

Ryanair-Chef O’Leary ist der Donald Trump der Lüfte

Als ich das Interview von Ryanair-Chef Michael O’Leary in der “Zeit” gelesen habe, wusste ich sofort: diesen großmäuligen nervigen Ton kenne ich doch von irgendwo her. Na klar, das ist doch O-Ton Donald Trump, nur nicht aus der Hotel-, sondern aus der Luftfahrtbranche.

Einerseits erfolgreich und bisher viel Geld verdient, andererseits ein ungezogener Rüpel. Immer die gleiche Platte, “ich habe sehr viel Geld verdient”, “ich weiß nicht nur wie mein Geschäft läuft, sondern ich habe auch die Weisheit für alles andere auf der Welt gepachtet”. Dabei ein ganz krummes Frauenbild haben und schnell wütend werden, wenn man sie darauf hinweist, dass sie gestern etwas vollkommen anderes gesagt haben als heute.
Letzteres jedoch nicht in der alten Adenauer’schen Unbekümmertheit – “was geht mich mein Geschwätz von gestern an” – sondern in Sturheit darauf beharrend, es schon immer (und als Einziger) gewusst zu haben.

Dabei sind beide nur begrenzt Originale. Weder hat der eine die Politik, noch der andere das “Fliegen” erfunden – auch nicht das Modell “Billigfliegen” (da würde ich doch eher an Freddy Laker und vor allem an Southwest Airlines denken). Trump und O’Leary profitieren davon, dass die etablierten Modelle (Establishment in USA und traditionelle Hub-Airlines in Europa) sich sehr schwer tun, in die Neuzeit zu kommen.

Insofern basieren die Modelle der beiden Herren nicht auf wirklich Neuem, sondern eher auf Fehlerkorrektur des “bisherigen alten Systems” und dabei natürlich auf Speed (im Sinne von Geschwindigkeit!). Beide sind zu ihrem Reichtum gekommen, indem sie ihre Mitarbeiter und ihre Geschäftspartner ausbeuten – so funktioniert eben ihr persönliches “neues System”.
Die mögliche lapidare Erklärung, es müsse ja niemand Geschäfte mit Trump beziehunsweise O’Leary machen, verkennt allerdings, dass die aktuellen Verwerfungen als Folge des entstandenen Neo-Liberalismus (unter anderem Lohn- und Sozialabbau sowie die Verwirrung der öffentlichen Hand, sich da zurechtzufinden) einer gewissen geschäftlichen Skrupellosigkeit in die Karten gespielt haben.

Es ist wohl kein Zufall, dass gerade bei Verkündung des “tollen” Ryanair-Ergebnisses massive Sozialdumping-Vorwürfe wieder laut werden. Da viele Kosten nun mal in der Fliegerei identisch sind, bieten sich insbesondere radikale Kürzungen im Bereich der Personalkosten an. Die Verträge insbesondere mit seinem fliegenden Personal sind Ausbeutung pur. Das “wer nicht will, kann ja auch woanders arbeiten” geht leider an den tatsächlichen Möglichkeiten vorbei.

Ganz typisch die sarkastische O’Leary-Reaktion auf die Vorwürfe, statt mit echten Argumenten lieber mit einem dümmlichen Spruch zu antworten: “Die (Gegner) behaupten, wir versklaven die Piloten im Alter von sieben Jahren, geben ihnen kein Essen und sperren sie nackt ins Cockpit.” Das ist das typische Trump-Ablenkungsmanöver. Aber wie sollte er seine “atypischen Beschäftigungsmodelle”, bei denen der Wettbewerb knallhart auf dem Rücken der Belegschaft ausgetragen wird, auch vernünftig verteidigen.
Kritische Beiträge über O´Leary werden zumeist gekontert mit dem Argument, aber der Erfolg gäbe ihm recht. Der Zweck darf aber nicht die Mittel heiligen, sonst können wir auch Fans der FIFA, von Carsten Maschmeyer und anderer Erfolgsmodellen sein.

Typisch O’Leary (in der Trump-Kopie), dass er die von dem “Zeit”-Journalisten vorgelegten Fakten (teilweise aus seinem eigenen Jahresbericht zitiert) abstreitet oder schlichtweg nicht kennt (auch letzteres halte ich für möglich). Natürlich fehlt auch nicht sein Dauerhinweis, wie schnell sich sein Vermögen verdoppeln wird, während die Konkurrenten pleitegehen (Eurowings) oder an Lufthansa verkauft werden (Air Berlin).

Besonders gefährlich waren und sind diese Ryanair-Geschäftspraktiken, weil die konkurrierenden Airlines glaubten und noch glauben (bis hin zu Lufthansa), nur durch Kopieren dieser Methoden erfolgreich sein zu können. Dabei stößt das Ryanair-Modell, wie jedes Billigmodell, irgendwann an Marktkapazitätsgrenzen. Insofern ist der Bezug von O’Leary auf Aldi (wahrscheinlich unfreiwillig) richtig, weil auch der Discounter-Markt heute nicht mehr insgesamt, sondern einzelne Unternehmen nur noch zu Lasten der Konkurrenten wachsen.

Allerdings muss ich zugeben: O’Leary hat hier die Nase wieder im Wind, wenn er neuerdings Kundenfreundlichkeit, mehr Möglichkeiten an Bord, Vielfliegerprogramm oder auch das Anfliegen der zentralen Airports und so weiter herausstellt, während die Konkurrenten hier noch über Verschlechterungen nachdenken.

Früher habe ich immer geglaubt, das sei perfektes Marketing was er so an Sprüchen raushaut, heute denke ich eher O’Leary glaubt das selbst, was er so von sich gibt. Ãœbrigens ein typischer CEO-Fehler, wenn der Zenit überschritten ist.
“Seit wir angefangen haben, netter zu den Kunden zu sein” – man höre und staune – “laufen auch meine Pferde viel besser. Netten Menschen geschieht Gutes”, so O’Leary. “Solange die Luftverkehrssteuer in Deutschland existiert, werden wir da nicht mehr expandieren.” Schon vergessen. Ryanair expandiert inzwischen, trotz der immer noch existierenden Steuer.

Aber unverzeihlich ungezogen finde ich den Interview-Abschluss mit dem Bezug auf sein Familienleben. “Meine Kinder denken sowieso, dass ich ein Idiot bin, so ist das auch in Ordnung. Wenn sie das nicht denken würden, dann werden sie sowieso nutzlos sein.” Und ganz besonders niedriges Niveau finde ich dann seine Folgerung: “Ich würde gerne mehr Zeit mit meiner Frau verbringen – aber nicht, wenn sie vier unter zehnjährige Kinder hat.”
Entweder Frau O’Leary liest diesen Quatsch in seinen Interviews nicht – oder sie denkt wie ihre Kinder über ihren Mann.

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

Tourismus als Trostpflaster

Erinnern Sie sich noch an die letzten BBBs, von wegen „Tourismus, nicht geliebte Branche“. Jetzt haben CDU und Grüne in Baden-Württemberg noch einen draufgesetzt.

Guido Wolf, Spitzenkandidat der CDU bei der Landtagswahl, erzielte eines der schlechtesten Ergebnisse aller Zeiten für die CDU. Ungeachtet dessen, wollte Guido Wolf aber unbedingt neuer Wirtschaftsminister werden und war wohl auch schon als solcher auserkoren. Da liefen die Wirtschaftsverbände im „Ländle“ Amok. Er, also Wolf, habe von vielem keine Ahnung, aber von Wirtschaft am allerwenigsten. Für einen wirtschaftlichen Aufbruch stehe er auf keinen Fall. Hinter den Kulissen war die Diskussion darüber wohl ziemlich heftig, dass die CDU-Oberen unter diesem Druck einknickten.

Guido Wolf (gelernter Jurist) soll nun neuer Justizminister werden. Damit war Wolf, obwohl er als Super-Loser eigentlich keine großen Ansprüche stellen sollte, nicht zufrieden. Als Trostpflaster bekam er dann noch Europa dazu und, jetzt müssen alle BBB-Leserinnen und Leser sehr stark sein, Tourismus.
Das ist eine bodenlose Frechheit gegenüber dem Tourismus. Man rekapituliere: Die Wirtschaftsverbände sagen laut und vernehmbar Wolf hat nicht nur keine Ahnung von Wirtschaft, sondern würde dieser sogar schaden. Aber Tourismus ist so unwichtig, dient ganz offensichtlich nur als Verschiebemasse im Postengeschacher, dass man dafür keinerlei Wirtschaftskompetenz braucht. Schlimmer geht’s nimmer. Pfui CDU, schämt Euch dafür. Justiz und Tourismus, selbst in einem Albtraum würde mir das nicht einfallen.

Mir tun nur die Vertreter des Tourismus in Baden-Württemberg, die ich zum Teil persönlich kenne, leid. Die haben bisher einen so tollen Job gemacht, dass der Tourismus „ins Ländle“ auch im bundesweiten Vergleich topp da steht. Vielleicht ist das die einzig gute Nachricht. Dieser Tourismus in Baden-Württemberg ist so stark, dass ihn wahrscheinlich selbst Wolf nicht kaputtmachen kann.
Halt, eine Qualifikation von ihm habe ich in einem seiner „ganz besonderen“ Wahlkampfspots gesehen. Er kann mit großer Begeisterung eine Kinderrutsche runterrutschen. Also, zur Eröffnung eines Freizeitparks ist er vielleicht doch eine große Attraktion.

Da mir ohnehin schon schlecht ist, habe ich die Absicht, nächste Woche, mit Unterstützung des pfingstlichen Heiligen Geistes, etwas über „ fluege.de“ zu schreiben. Den Titel habe ich schon: Was erlauben fluege.de?
Danach noch etwas zum Thema Türkei, Tourismus, Flüchtlinge, EU-Politik und Visa-Freiheit. Titel dafür habe ich auch schon: Warum Appeasement Politik gegenüber einem Diktator schon einmal schiefging.

Na dann trotzdem: Frohe Pfingsten.

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

Die von der Regierung nicht geliebte Branche

Wieder einmal wird der Tourismusbranche deutlich gezeigt, dass sie in den Augen unserer Regierung ein “Nichts” im Vergleich zu anderen Branchen ist. 

Zum Beispiel: Unsere Kanzlerin hat die Automobilbranche besonders in ihr Herz geschlossen. Schon vor einigen Jahren intervenierte sie bei der EU-Kommission, um kurz vor Beschluss schärfere Abgaswert-Festlegungen zu verhindern.
Wie dankte es ihr die “hochangesehene” Branche danach? Mit raffiniertem Betrug.
Wie regiert darauf die Regierung? Mit sehr milden Ermahnungen und einer dicken Belohnung.
Unzweifelhaft hat die Automobilindustrie die Entwicklung von E-Autos nicht genügend vorangetrieben, weil sie ihre Innovationskraft vornehmlich für Manipulationen verschwendet hat, statt für Zukunftsentwicklungen. Unsere Regierung negiert das und steckt künftig richtig viel Geld in die Branche, um eine schnellere Entwicklung von E-Autos zu fördern. Als Krönung gibt es eine Neuauflage der Abwrackprämie, nur jetzt mit Strom.

Jetzt werfen wir zum Vergleich wieder einen Blick auf unsere Tourismusbranche. Es geht ihr nicht besonders gut, weitgehend unverschuldet. Zu viele weltweite Krisen. Hilfe, Erleichterungen? Nicht mal angedacht. Die Regierung verschärft die Situation zusehends: 
Der nicht zu fassende krumme “Deal” (dieses Schmähwort hört unsere Regierung laut Regierungssprecher nicht gerne) mit Erdogan ist ein 180 Grad-Schwenk in der Flüchtlingspolitik, aber man weigert sich das offiziell zuzugeben. Das verunsichert viele potenzielle deutsche Türkei-Touristen nachhaltig.
Die Steigerung dann durch das Außenministerium, deutsche Touristen sollen in der Türkei auch im “persönlichen Gespräch keine kritischen Bemerkungen machen”. So eine Schwachsinnsäußerung zum Thema Sicherheit hat das Ministerium noch nie abgesondert. Dann hätte man konsequenterweise gleich eine Reisewarnung aussprechen können. 

Aber es kommt noch dicker. Nächste Woche erhält die Türkei (sprich Erdogan), wie es aussieht, die “geforderte” Visafreiheit, obwohl höchstens die Hälfte der notwendigen Voraussetzungen erfüllt sein werden. So etwas hat es in unserer Außenpolitik bislang noch nie gegeben. 

In den letzten Wochen wurde in einigen Medien mal wieder das Thema “Wie moralisch müssen Urlauber sein?” ausgebreitet. Da fällt mir wieder der Klassiker von Hans Magnus Enzensberger “Aufstand der Bereisten” ein, mit der Drohung, eines Tages kommen die “Bereisten” alle zu uns (um zu bleiben). Aber die Flüchtlinge, die aktuell kommen, kommen nicht, weil wir Reiseweltmeister sind, sondern weil wir auch weltweit führend in Waffengeschäften sind.

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

Bei Anruf Kunde

„Bei Anruf Kunde“
Deutsche Handwerks Zeitung, 15. April 2016

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

Das dümmste Interview des Jahres

Das einzige was beim Berliner Flughafen BER regelmäßig fliegt, sind die Führungskräfte. Aber selten war ein Rauswurf so zwingend, wie der des Pressechefs Daniel Abbou. Der BER-Pressechef ist nicht über seine „offenen Worte“ gestürzt, wie es in den meisten Medien zu lesen war, sondern über seine unglaubliche Arroganz.

Als ich am Sonntagmorgen sein Interview im Fachmedium PR Magazin las, hätte ich fast meinen Kaffee verschüttet. Sagt er doch allen Ernstes: „Glauben Sie mir , kein Politiker, kein Flughafendirektor und kein Mensch, der nicht medikamentenabhängig ist, gibt Ihnen feste Garantien für diesen Flughafen“. Abgesehen, von der absolut unmöglichen Sprache, dachte ich: „Daniel Abbou, schau` mal bei diesem Satz in den Spiegel. Was immer Du heute Morgen gefrühstückt hast – iss es nie wieder.

Ein Pressesprecher soll der Pressesprecher für sein Unternehmen sein. Daniel Abbou ist wohl offensichtlich primär Pressesprecher für Daniel Abbou. Das kann nicht gut gehen. Über seinen Boss, Flughafenchef Karsten Mühlenfeld, sagt er: „Herr Mühlenfeld ist absolut lern- und kritikfähig, das ist ein großer Vorteil“. So einen Satz überlebt kein Pressesprecher, das hat nichts mit „klaren Worten“ oder „Ehrlichkeit“ zu tun, das ist schlicht ungezogen.
„Wie groß das Ego von Daniel Abbou ist, sieht man auch an diesem Satz: “„Mein Technikchef hält weiter …..“. Wie bitte, „mein“ Technikchef? Da ist sie wieder, diese unerträgliche Arroganz, frei nach dem Motto: mein Auto, mein Haus, mein Technikchef. Wenn man dann noch an anderer Stelle liest, wie er sich über eine Äußerung von Mühlenfeld über den Rechnungshofbericht auslässt: „da war der Punkt gekommen, an dem ich meinen Kopf auf die Tischplatte geschlagen habe“, weiß man, dass so etwas doch bleibende Schäden verursachen kann.

Einen echt sachlichen Inhalt sucht man in seinem Interview vergebens. „Bullshit“ und „scheiße gelaufen“ soll zackig klingen, aber ersetzt keine echte Aussage. Wenn er zum Thema Eröffnung sagt: „…selbst wenn wir 2017 nicht schaffen sollten, wäre die Eröffnung relativ zeitnah“, dann wird deutlich, dass er seine Stärken mehr als Comedian hat.
Letztes Zitat aus seinem Interview: „..aber bis zur Eröffnung, wann auch immer, werde ich dabei sein“. Leider auch falsch.

Wie heißt es so zutreffend: „Alles Schlechte hat auch etwas Gutes. Es kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen.“ Insofern, ab mit dem Interview in die nächste Pressesprecher-Schulung. Wobei mich interessieren würde, was die Redaktion vom PR-Magazin (immerhin eine Fachzeitschrift für PR) gedacht hat, als Abbou dieses Interview, mit diesen Formulierungen, zur Veröffentlichung freigegeben hat.

Schmunzeln konnte ich dann doch noch über die Formulierung in einer Berliner Tageszeitung: „Daniel Abbou, 45, SPD…..“. Passt zusammen, beide, Abbou und SPD, hatten in den letzten Wochen wirklich keinen guten Lauf.

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

Wie unmoralisch darf mein Urlaub sein?

Wie unmoralisch darf mein Urlaub sein?
Bild am Sonntag, 3.4.2016

ARtikel als pdf

Artikel als pdf

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

60 Jahre Condor, Teil 2: B747, DC10 und Verkaufsleitung

Vielen Dank für die vielen Zuschriften zu 60 Jahre Condor, Teil 1. Dabei wurde auch darauf hingewiesen, dass bei allem Spaß keine Condor-Chaostruppe am Werk war, sondern jedes Jahr auch Gewinn in die Lufthansakasse abgeliefert wurde. In den letzten Tagen hat auch die Publikums- und die Fachpresse viel über „60 Jahre Condor“ geschrieben. Aber als Zeitzeuge hat man immer noch etwas mehr auf Lager.

Beschaffung B747 – ein Traum wird Realität
Am 26.4.1970 absolvierte Lufthansa als eine der ersten Fluggesellschaften der Welt ihren Erstflug mit der B747. Drei Tage später, am 29.4.1970, kündigte Condor auf einer Pressekonferenz an, als erste Charterfluggesellschaft der Welt die B747, allgemein als Jumbo Jet bezeichnet, für 1971 anzuschaffen. Viele haben damals schnell im Kalender nachgesehen, ob gerade der 1. April sei, so unglaublich war die Nachricht. Gerade 9 Monate vorher war die erste Mondlandung geglückt, genauso abenteuerlich erschien auch dieses Unterfangen.

Insbesondere Geschäftsführer Herbert Wendlik motivierte die Condor-Mannschaft mit dem Spruch „wir schaffen das“, der erst 45 Jahre später in Deutschland populär werden sollte. Der gravierende Unterschied war: es wurde ununterbrochen daran gearbeitet, die erforderlichen Strukturen zu schaffen. Fast alle ausländischen Flughäfen im Condor-Streckennetz hatten keine Erfahrung im Umgang mit Flugzeugen dieser Dimension. Und für die Bereitstellung der entsprechenden Infrastruktur war Condor verantwortlich. Jumbotaugliche Fluggastbrücken und Treibstofftanks, Paletten-Ladesysteme und anderes mehr mussten bereitgestellt werden. Das konnte aber nicht „hin gebeamt“ werden, sondern musste viele Wochen vorher per Schiff transportiert werden. Die to-do-Liste war ellenlang und musste täglich gecheckt werden, denn schon der kleinste Fehler hätte die geplante Operations zum Scheitern bringen können.

Auch das war zu überstehen. In der von Lufthansa übergegebenen B747-Optionsliste stand als nächste freie Lieferposition das Jahr 1971. Erst später stellte sich heraus, das war ein Tippfehler, korrekt wäre 1972 gewesen. Resignation? Never. Mit dem eilig herbeigetrommelten Boeing-Repräsentanten wurde in der legendären Steigenberger Unterschweinstieg am Flughafen bis morgens 4 Uhr verhandelt, bis die Zusage aus Seattle für eine vorgezogene Lieferung in 1971 erreicht werden konnte.

Auch das ist kein Gerücht: Die endgültige Zustimmung der Lufthansa für die B747 holte sich Geschäftsführer Wendlik tatsächlich vom LH-Finanzdirektor in der Toilette, während der Pause einer Aufsichtsratssitzung (wurde mir von ihm ausdrücklich für diese BBB bestätigt).

Im Ergebnis war die störungsfreie Indienststellung der B747, eine Spitzenleistung der gesamten Condor Mannschaft. Auch „typisch Condor“, der allererste Flug von D-ABYF, bei Condor nur „Fritz“ genannt, war ein Danke-Rundflug über Frankfurt mit der Condor-Belegschaft an Bord. Ich weiß das deshalb so genau, weil ich damals Betriebsratsvorsitzender des Condor-Bodenpersonals war und eine Ansprache an Bord an die Belegschaft und den Boeing-Repräsentanten halten durfte.

Bei der ersten öffentlichen Vorstellung der B747 am 2.4.1971 in Düsseldorf spielte der südamerikanische Musiker Facio Santillan mit der Panflöte seinen „top Hit“ „El Condor Pasa“. Jeder „echte Condorianer“ bekommt bei diesem Lied heute noch Gänsehaut.
Vor einem Vorführungsflug für Geschäftspartner in Palma erhielt Flugkapitän Z. ein Glücksschwein in den Arm gedrückt, das ihm vor Aufregung die Uniform bewässerte.

Die beiden Flugzeuge, „Fritz“ und ein Jahr später „Max“, D-ABYH, waren die Sensation im Charterfluggeschäft. Sie flogen am Anfang nur ab Frankfurt und Düsseldorf und Urlauber nahmen auch weite Anreisen in Kauf, um „Jumbo zu fliegen“.

B747-Highlights
Beim Überführungsflug (bekanntlich nie bestuhlt) von „Max“ aus Seattle war ein Radrennen an Bord im Kreis geplant. Leider wurden die Räder kurz vor dem Start geklaut. Auf die Schnelle konnte nur eine Tischtennisplatte besorgt werden um ein sportliches „Highlight“ durchzuführen.
Eine Zeitlang hatte der Flughafenfrisör von Frankfurt eine „Zweigstelle“ im Oberdeck des Jumbos.
Über Lissabon in 11.000 m Höhe wurde ein Kind getauft. Der Pfarrer (mit Weihwasser) war in Frankfurt eingestiegen. Später übernahm Herbert Wendlik die Patenschaft für Boris F.
Das war eine unkonventionelle Lösung: In Palma wurde ein großes Loch in den Zaun geschnitten. Nahe davor parkte dann die B747, manchmal sogar beide B747 gleichzeitig. Da die Passabfertigung durch spanische Zollbeamte während des Fluges stattfand, konnte man so in vertretbarer Zeit die Passagiere vom Flugzeug direkt zu den Transferbussen bringen.

1973 war Condor die umsatzstärkste Chartergesellschaft der Welt. Kein Wunder bei der intensiven Kundenbetreuung. Als bei einem Schiffsausflug auf dem Steinhuder Meer einem TUI-Vorstand seine wertvolle Armbanduhr ins Wasser fiel, warf Wendlik seine eigene Uhr hinterher mit den Worten. „Ich will nicht bessergestellt sein als mein Kunde“. Da war Kundenorientierung noch verinnerlicht.

Tausch B747 in DC10
1978 wechselte die Condor Geschäftsführung. Die neue hatte gleich große Probleme zu bewältigen: zweite Ölkrise und die notwendige Erhebung von Treibstoffzuschläge in 1979. Gleichzeitig war auch der Reiz des Neuen der B747 vorbei. Ergo sollten die beiden B747 in drei DC 10 getauscht werden. Ich musste für die Bestellung nachweisen, dass die Umflottung wirtschaftlich sinnvoll war. Mehrfach riefen verärgerte Piloten und Mitarbeiter bei mir an, ich hätte mich doch sicherlich verrechnet, das könne doch alles nicht stimmen. So sehr schmerzte eine ganze Firma der Abgang der beiden Jumbos. Aber es war die richtige Entscheidung und am 7.12.1979 flog die erste DC10 für Condor.

Wechsel in der Verkaufsleitung
Völlig unerwartet schlug Anfang 1981 die Geschäftsleitung vor, dass ich künftig den Verkauf der Condor übernehmen sollte. Ganz schön mutig, einen Controller zum Verkaufsleiter zu ernennen. Und, ich hatte bis dato noch keinen einzigen Tag in irgendeinem Verkauf gearbeitet. Ein déjá-vu Erlebnis zu meinem Arbeitsbeginn in 1969 (siehe letzte BBB). Meine Frage: „wieviel Zeit habe ich zum Nachdenken?“ wurde beantwortet mit „leider nur eine Stunde, dann haben wir Termin beim AR-Vorsitzenden und müssen Vollzug melden“. Eine Stunde später: „Ok, ich mache das“. Was das hieß, einen Amateur auf die großen Einkaufslöwen der Veranstalter Alfred Merscher/TUI, Heinz Dettmar/Neckermann (beide waren früher auch im Management der Condor) und Peter Landsberger/DER loszulassen, kann man fast vergleichen, wenn Darmstadt 98 nach dem Aufstieg plötzlich gegen Bayern München und Borussia Dortmund spielt.

Man hatte mir zwar als Stellvertreter jemand mitgegeben, der über Verkaufserfahrung verfügte (Willi Meyer, später selbst Verkaufschef), aber es gab trotzdem im ersten Vierteljahr eine Menge Prügel für uns. Dafür prägte Meyer den Spruch: „Was ist das Schönste an den Verkaufsverhandlungen in Hannover? Der Rückflug nach Frankfurt.“

Auch ein mittelgroßer Veranstalter wie Hetzel-Reisen in Stuttgart war nicht ohne. Da wurde stundenlang bis auf den Pfennig der Flugpreis gefeilscht. Terminwünsche oder besser Terminaufforderung pflegte Hetzel mit den Worten einzuleiten: „wie lange brauchen Sie mit dem Auto von Neu Isenburg nach Stuttgart“, das hieß aber „sofort“. Und immer saß sein großer Schäferhund bei den Verhandlungen dabei, der in kritischen Situationen auch in die Verhandlung „eingebunden“ wurde. „Held“, so hieß der Schäferhund, „was sagst Du dazu. Die Condor will uns umbringen“. Zum Glück war „Held“ immer sehr gelassen.

Ein Erlebnis für sich waren auch die türkischen Gastarbeiterveranstalter. War unsereiner gewohnt, erst eine Verhandlung zum Abschluss zu bringen und wenn das Ergebnis stimmte, dann zusammen gut Essen zu gehen, lief es hier genau anders rum. Erst traf man sich zum Essen, zum Trinken und zum fröhlichen Feiern. Wenn man diesen „Test“ bestanden hatte, dann wurde verhandelt. So kam es, dass ich meinen ersten Grundlagenvertrag mit einem türkischen Veranstalter morgens um ½ 4 in einer leeren Kölner-Hotellobby verhandelte und unterschrieb. Ein Glück, wenn man vorher nicht jeden Raki trank, der einem hingestellt wurde.

1984 war Condor wieder die umsatzstärkste Chartergesellschaft Deutschlands.

Abschied
1987 wurde mir von TUI die Aufgabe „Direktor Flugeinkauf“ angetragen. Es gibt „Angebote, die kann man nicht ablehnen“.
Trotzdem war es nicht leicht, nach 18 ½ Jahren Abschied von Condor zu nehmen. Die Abschiedsparty, natürlich rund um Swimmingpool und Bungalow, war dann auch etwas emotional.
—————————–
Auch heute nochmal der Hinweis auf „Condor – Ferienflieger mit Tradition“ von (Condor-) Flugkapitän Karl-Peter Ritter (ISBN: 978-3-9814609-0-2).
————————————-
Das war reiner Zufall, dass mit „50 Jahre ITB“, „15 Jahre BBB“ und „60 Jahre Condor“ gleich drei Jubiläen hintereinander lagen. Aber jetzt ist Schluss mit Vergangenheit. Ab nächster BBB wird es wieder aktuell.

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

60 Jahre Condor

Wenn man es genau nimmt, wurde die Condor, als Deutsche Luftreederei schon am 21.5.1955 gegründet, ist also schon seit Mai 2015 60 Jahre alt. Wenn man es noch genauer nimmt, hieß sie aber erst ab 1.11.1961 Condor (nach Verschmelzung mit Condor Luftreederei), also hätte man sogar noch etwas Zeit mit der Geburtstagsfeier. Aber wie man hört, hat sich die Condor Geschäftsleitung entschlossen ein anderes Datum als Geburtstag zu feiern: 29.3.1956, erster Flug mit einer Vickers Viking nach Jerusalem. Schade, dass es keinen Geburtstags-Jubiläumsflug gibt, jetzt an Ostern nach Jerusalem, das wäre es doch gewesen. Wirklich schade.

Von diesen 60 Jahren, habe ich 18 ½ Jahre (vom 1.1.1969 bis 30.6.1987) ziemlich aktiv mitgestaltet. Deshalb gibt es heute ein BBB-Special mit „besonderen Erlebnissen“ aus dieser Zeit.

Mein erster Arbeitstag bei Condor
Die kaufmännische Abteilung der Condor befand sich damals nicht am Flughafen, sondern in einer Wohnsiedlung, in Neu Isenburg-Gravenbruch, im ersten OG eines Supermarktes. Da war wenig vom „Duft der großen weiten Welt“ zu spüren. An meinem ersten Arbeitstag stand ich morgens vor einer verschlossenen Condor-Tür. Die Minuten rannten und selbst zum Zeitpunkt des mir genannten offiziellen Arbeitsbeginnes (8.00 Uhr?), war niemand da. War die Condor eventuell umgezogen und man hatte vergessen mir das zu sagen? Oder waren die ersten Tage im Jahr noch Betriebsferien? Ca. eine Viertelstunde nach offiziellem Arbeitsbeginn erschien eine sympathische Dame, die zufälligerweise genau so hieß wie der Supermarkt im Erdgeschoss und schloss die Tür auf. Auf meinen wahrscheinlich ziemlich verdutzten Gesichtsausdruck entgegnete sie, „mit dem Arbeitsbeginn nehmen wir das hier bei Condor nicht so genau“.

Der erste Arbeitstag als Kostenrechner war auch sonst eine Katastrophe. Während ich viele und ziemlich einfache Fragen zum Thema Flugzeug stellte (ich hatte bis dato noch nie ein Flugzeug aus der Nähe gesehen), verpufften umgekehrt meine sämtlichen Fragen zum Thema Kostenrechnung mehr oder weniger ins Leere. Steinzeitlich, wurde die Kostenrechnung noch per Hand gemacht und als ich nach der maschinellen Kostenrechnung fragte, öffnete ein Mitarbeiter (ein Ex-Flugingenieur) einen Stahlschrank, aus dem jede Menge EDV-Listen purzelten, mit der Bemerkung „alles falsch“. Kein Wunder, dass sich die Mitarbeiter schon am ersten Tag beim Chef über mich beschwerten, „der Neue ist so doof, der hat von nichts eine Ahnung, den können Sie gleich wieder rauswerfen“. Meine Antwort an die Mitarbeiter: „Ich bin zwar der einzige hier im Raum, der noch nie ein Flugzeug aus der Nähe gesehen hat, aber ich bin auch der einzige im Raum, der jemals eine funktionierende Kostenrechnung aus der Nähe gesehen hat“.

An einem der nächsten Tage betrat ein „leibhaftiger“ Flugkapitän, Cpt.Z. die Kostenrechnung und fragte nach Herrn H. (den bisherigen Leiter der Kostenrechnung) und sagte zu ihm „drehen sie sich mal um“. Auf die Frage „warum“ kam die Antwort, „damit ich Ihnen besser in den A…. treten kann“. Es gab wohl Abrechnungsprobleme, die aber jetzt auf Anhieb gelöst werden konnten.

Zu diesem „unkonventionellen Umgang miteinander“ passte auch der spätere Presse-Chef. Wenn er sich während der erweiterten Geschäftsführersitzung ärgerte, schaltete er einfach demonstrativ sein Hörgerät aus.

Die Lektion fürs Leben
Nach einem Monat war ich so genervt, dass ich mir einen Termin beim kaufmännischen Chef geben ließ, mit der festen Absicht zu kündigen. Ich schilderte ihm das ganze Elend und wollte das mit dem Satz „und deshalb kündige ich“ abschließen. Aber bei “deshalb” unterbrach er mich und vollendete selbst „und deshalb haben wir sie geholt, damit sie das hier in Ordnung bringen“, stand auf und ging zu seinem nächsten Termin. Das war nicht nur peinlich, sondern auch die erste bei Condor gelernte Lektion, „never give up“.

Aber sonst war die Stimmung bei Condor super
Es war ein junges Team, das tagsüber arbeitete und fast jeden Abend zum Abschluss noch etwas feierte. „Sozialisiert“ hatte ich mich über das Bowlingteam der Condor. An den regelmäßigen Trainingsabenden (geleitet von der legendären Chefsekretärin Hannes Griessel) nahmen Mitarbeiter quer aus der Firma, inklusive fliegendes Personal, teil. Anschließend ging es nach Sachsenhausen zum Nachglühen. Lektion Nr. 2: Wenn es mit den Kontakten auf formalem Weg nicht klappt, versuche es mit den informellen Kontakten.

Vorbild für gutes Betriebsklima war der Geschäftsführer für Flugbetrieb, Verkauf und Marketing, Herbert Wendlik. Sein nachts auf der Mundharmonika gespieltes „El Condor pasa“, war immer Mitarbeiter-Motivation für die nächsten Wochen, mehr hätte auch eine Gehaltserhöhung nicht erreicht. Ich erinnere mich an eine Betriebsfeier, zu der auch Ehepartner eingeladen waren, als er sich den Ehefrauen als „Chauffeur der Condor“ vorstellte und diese Rolle bis nachts durchhielt. Was da so konsumiert wurde, hat die Getränkebranche von Neu Isenburg am Leben gehalten. Das „Betriebsklima“ wurde gesteigert, als Condor in das Industriegebiet in Neu Isenburg umzog. Der Renner dort waren der Swimmingpool und der Bungalow im Garten hinter dem Bürogebäude. Wenn bis zum Ende einer Party nicht jemand versehentlich in den Pool gefallen war, musste sich zum Schluss jemand opfern. Und über die „Geister“ die sich nachts Zutritt in den Bungalow verschafften (eigenartigerweise mit Schlüssel) und dort wegen Verlängerung einer anderweitigen Party den Kühlschrank leerten, soll der Mantel des Schweigens gelegt werden.
Das gleiche gilt für das legendäre Crewhaus in Palma. Bekanntlicherweise geht außerhalb der Homebase immer etwas mehr (wird allgemein als neutrales Gebiet angesehen). Der Ritt eines Mitarbeiters auf einem Pferd in die Hotellobby ist kein Gerücht, sondern verbürgt.

Fortsetzung folgt in 14 Tagen in den nächsten BBBs (nächste Woche haben die BBBs Osterferien), u.a. mit:

Bei Condor wurde auch hart gearbeitet. Die Spitzenleistung der gesamten Condor-Mannschaft: Condor will als erste Chartergesellschaft der Welt den neuen Jumbo B 747 einsetzen. Das Credo des Geschäftsführers Wendlik „Wir schaffen das“. Fritz und Max werden zur Legende.
Alle sind traurig, aus B 747 wird DC 10
Ein Geschäftsführer, der als Kundenbindung seine Armbanduhr vorsätzlich ins Wasser wirft
Ein Schäferhund sitzt immer bei den Verkaufsverhandlungen mit Hetzel am Tisch dabei.
Die Welturaufführung eines Films an Bord der Condor wird zum Flop
Also, in 14 Tagen geht es weiter …..
—————————————————————————-
Wer die Geschichte der Condor (von Beginn bis 2011) ganz genau und sehr ausführlich lesen möchte, dem sei „Condor – Ferienflieger mit Tradition“ von (Condor-)Flugkapitän Karl-Peter Ritter empfohlen (ISBN: 978-3-9814609-0-2).
Auch wer sich nicht für Condor, sondern nur für Flugzeuge allgemein interessiert, wird an den herrlichen Flugzeugbildern seine große Freude haben. Wirklich aus voller Überzeugung empfehlenswert.

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

Die Selfie-ITB

Die Jubiläums-ITB ist Geschichte. In den Geschichtsbüchern wird später stehen, es war die erste richtige Selfie-ITB. Zwar gibt es den Begriff Selfie schon seit über 10 Jahren, aber so richtig durchgesetzt hat er sich erst in 2012. Im November 2013 ernannte das Oxford English Dictionary „Selfie“ zum „Wort des Jahres 2013“.

In diesem Jahr haben die ITB-Selfies und die Angaben „wo bin ich“ über facebook einen Rekordstand erreicht. Es ging los mit der Standort-Nennung von Flughäfen und Bahnhöfen und dem Vermerk „es geht los“ oder mit kleinem Hinweis für nicht Touristiker „ab nach Berlin“. Auch zum ersten Mal gesehen, der Post (von jemanden der/die gerade für Kreativität ausgezeichnet wurde) von einer Bahn-Sitzplatzreservierung, „Hallo, hier bin ich, wer will kann vorbeikommen“ (letzteres geht leider „noch“ nicht aus dem Flugzeug).

Dann in Berlin ging es richtig los. Selfie: „ich bin am Bahnhof“, „ich bin in Tegel“, „ich bin in meinem Hotel“. Was man früher maximal dem Partner/in mitteilte, ist jetzt eine wichtige Info für die ganze facebook-Gemeinde. Erster Selfie Höhepunkt: die Veranstaltung des Travel Industry Clubs. Zuerst ein normales Selfie, später dann nur noch Ussies (Selfies der Gruppe) und später in der Nacht die Drelfies (Selfies im an- oder betrunkenem Zustand). Dann wissen wir Zuhausegebliebenen auch Bescheid.

Am Mittwochmorgen dann das Selfie vor dem eigenen ITB-Stand und der Frage „wann kommt ihr vorbei“. Danach wieder ein Ussie, „wir haben uns schon ewig nicht mehr gesehen“ (im Zweifel bei der letzten ITB – ewig?). Aber eines ist mir aufgefallen, es gab erstaunlich wenig Selfies mit „echten“ Prominenten auf der Messe. Entweder waren kaum welche da oder man hatte vergessen (selbst als Profi) ein Selfie zu machen.

Die Abende dann wieder richtige Selfie-Highlights: Selfie auf dem roten/pinken/oder keinem Teppich, fließender Übergang zum Ussie („wen ich auch seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen habe“) und dann wieder der fließende (im wahrsten Sinne des Wortes) Übergang zum Drelfie. Erstaunlich wie auch Manager (mehr als Managerinnen) vergessen, dass das „Glück des Augenblicks“ dabei nicht so sehr rüberkommt und auch mancher Personal-Vorstand das vielleicht nicht lustig findet.

Ein Glück, dass es beim Selfie aus der nächtlichen Bar auf der Tanzfläche in der Regel so dunkel war, dass man weder Gesichter der „nahen Begleiter“ und noch “kaum das eigene“ erkennen konnte. Schade für den Betrachter, gut für den fleißigen „Selfer“ (eigene Wortschöpfung).

Dass der Abschied von Berlin auch breit gepostet wurde, geschenkt.
——————————————————————–
Sorry, liebe Leserinnen und Leser, letzten Montag ist mir der Newsletter mit einem Foto (genauer genau wegen des Fotos) misslungen. Noch genauer, er hat sich nicht versendet. Dabei wollte ich Ihnen gerade dieses Foto von der ITB 1995, quasi ein Urahn des Selfies, präsentieren. Wenn Sie Interesse daran haben, gehen Sie doch bitte auf meine Homepage www.karl-born.de und amüsieren Sie sich.

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

Vor Terror sind wir nirgendwo sicher

„Vor Terror sind wir nirgendwo sicher“
Stuttgarter Zeitung, 10.3.2016

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)