Condor, der einstmals stolzeste Namen in der Flugtouristik, ist
nicht mehr. Das war`s, sprach der Thomas Cook-Vorstand
und legte ihn zu den Akten. Kurz und schmerzhaft. Deshalb heute
keine bissigen Bemerkungen, sondern liebe
Bemerkungen. Über Verblichene sagt man ohnehin nur Gutes!
Kommentar Karl Born:
Condor, der Name stand für eine neue zuverlässige Epoche
der Charterfliegerei aber auch für eine wilde fröhliche
Zeit der Condorianer, die gleichwohl von Herzlichkeit
und hoher Identifikation mit dem Unternehmen geprägt war.
Legendäres gäbe es zu erzählen, vom Crew-Haus auf
Mallorca, wenn Piloten zu Pferd durch die Hotel-Lobby ritten (oder
in den Pool), von den kleinen Bürobaracken am Frankfurter-Flughafen
mit Kerosin-Geruch (und Telefonunterbrechung wenn ein Flugzeug
startete), das Büro über Kaiser`s Kaffeegeschäft
in Gravenbruch, Bungalow und Swimmingpool in Neu Isenburg, von
Bowling-Turnieren und sagenumwobenen Betriebsausflügen. Jeder
der mal dazu gehörte, kann davon erzählen und für
jeden der ging, war es eine schmerzhafte Entscheidung. Von manchen
weiß man gar nicht mehr, dass sie mal zur Condor- Mannschaft
gehörten. Der spätere Showmaster Wim Thölke war
ebenso eine Zeitlang Geschäftsführer wie auch der spätere
Flick-Manager Eberhard von Brauchitsch. Die ersten Flugeinkaufs-Direktoren
von TUI, Alfred Merscher, und von Neckermann, Heinz Dettmar, kamen
(wie selbstverständlich) von Condor. Und der spätere
TUI-Vorstand Karl Born war nicht nur Leiter der Kostenrechnung
und später Verkaufschef, sondern zwischendurch auch mal Betriebsrats-
Vorsitzender der Condor.
Besonders prägend für die Entwicklung (und die Stimmung)
der Condor war der langjährige Verkaufs-Geschäftsführer
Herbert Wendlik. In seine Ära fiel die attraktivste Condor-Zeit,
insbesondere die Beschaffung der B747, die Condor als erste Chartergesellschaft
der Welt flog. Da macht es im Nachhinein auch (fast) nichts, dass
die Wirtschaftlichkeitsrechnung nur deshalb positiv gewesen sein
soll, weil in einer wichtigen Ergebniszeile das Komma durch einen
Schreibfehler um eine Stelle zu weit nach rechts gerückt
war. Und dass die endgültige Beschaffungsentscheidung auf
der Toilette getroffen worden sein soll, ist nur leicht überzeichnet.
Doch was spielt es im nachhinein für eine Rolle. Das unglaubliche
Engagement aller (fliegender und nicht fliegender) Mitarbeiter
machte die B 747 dann tatsächlich über viele Jahre zu
einer Erfolgsstory.
Da sollte man einen solchen B747-Piloten auch nicht nach seiner
Reisekostenabrechnung fragen. Der Kostenrechner H., der sich diesen
Fauxpas leistete, wurde vom Piloten Z. aufgefordert
drehen Sie sich mal um und auf die Frage warum,
kam die Antwort damit ich Ihnen besser in den A.... treten
kann. Das waren auch für Controller noch härtere
Zeiten. Da wundert es fast, dass dieser Pilot, der später
eine entführte B747 der Lufthansa steuerte, anschließend
als besonders cool gelobt wurde.
Ebenso legendär war die besondere Kundenbetreuung durch den
bereits erwähnten Herbert Wendlik. Als dem TUI-Einkaufschef
bei einer Dienstreise die Armbanduhr ins Meer fiel, warf Wendlik
seine (teure) Uhr gleich hinterher. Wenn mein Kunde keine
Uhr hat, möchte ich auch keine haben!. Das waren Zeiten,
als der Kunde wirklich noch König war.
Man könnte noch Stunden erzählen, von Geschäftsführern,
die im riesigen Bürozimmer ihren Schreibtisch so nah an die
Wand stellten (mit Blick zur Wand!), dass sich die Besucher meist
auf die falsche Seite des Schreibtischs (auf den Chefsessel) setzten
usw. usw. usw.
Eine Bemerkung noch zum Schluß. Der richtige Anden-Condor
wird in Freiheit im Durchschnitt 40 Jahre alt. Die Condor wurde
1955 gegründet und seit 1961 heißt sie Condor, damit
wurde sie eigentlich 41 Jahre alt. Die indianische Sage sagt,
ein Condor, wenn er alt wird, stürzt sich freiwillig gegen
einen Felsen, damit ihn die Jäger nicht erlegen können.
Der Exodus der alten Condorianer in den letzten Jahren,
aus der Condor heraus, hat auch ihnen erspart, das Ende der Condor
zu erleben.
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