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Borns "bissige" Bemerkungen ist die montägliche Kolumne rund um das aktuelle Geschehen in der Welt, speziell in der Tourismuswirtschaft. BBB erscheint seit März 2001 jeden Montag auf diesen Webseiten und als kostenloser email-Newsletter. Im Archiv finden Sie 300 weitere Kommentare zu den verschiedensten Themen und Anlässen.

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Bücher von oder mit Beiträgen von Karl Born: Abschied von der Spassgesellschaft | Der integrierte Touristikkonzern | Kundenorientierung im Touristikmanagement | Kundenmanagement als Erfolgsfaktor


17.06.2002
Emotional Branding


Die Lage in der Touristik ist unverändert nicht zufriedenstellend. Der Sommer steht vor der Tür und die Buchungsbereitschaft ist weiterhin gering. Was ist jetzt das richtige Konzept? Preise runter? Geht (angeblich) nicht, weil die Marge hochgehalten werden soll. Bleibt die Kraft der Marke. Deshalb arbeiten alle Großveranstalter daran, die Marke noch emotionaler zu gestalten. Alles streng vertraulich, aber die „Bissigen Bemerkungen“ wissen schon mehr.

Kommentar Karl Born:
Die große Vorfreude auf den Urlaub, der starke Drang nach „Nix wie weg“, will sich dieses Jahr einfach nicht einstellen. Noch hat kein Veranstalter für diese Situation die richtige Kundenansprache gefunden. Die ist kein rationales, sondern ein emotionales Problem. Eigentlich nichts Neues. Wie führte Herr Dr. Frenzel in seiner vielbeachteten Rede auf dem FVW-Kongreß 2001 aus: „Dabei können wir das Vertrauen unserer Kunden nur dann gewinnen, wenn wir sie auch auf der emotionalen Ebene ansprechen“. Von „einem Versprechen gegenüber den Kunden“ war die Rede. Laut Focus-Bericht vom 10.6. sind die Hotels der TUI zwar große Klasse, aber mit dem Verhältnis „Versprochen-Gehalten“ hapert es ausgerechnet beim Beschwerdemanagement, einem sehr wichtigen Element moderner Dienstleistung. Ein neues Versprechen gegenüber den Kunden ist jetzt notwendig und um es besonders glaubwürdig zu machen, muss es künftig vom obersten Chef persönlich kommen. Deshalb soll das Bild des Vorstandsvorsitzenden künftig unmittelbar in das TUI-Logo integriert werden, so wie der MGM-Löwe im Vorspann der MGM- Filme. Mit diesem Bild auf den sog. Einlaufseiten der Kataloge, wird ein neues Kapitel Dienstleistung aufgeschlagen, weil der Kunde mit dem unmittelbaren Chefversprechen auch sicher sein kann, dass die gesamte Mannschaft mit besonderem Ehrgeiz an der Umsetzung des Versprechens arbeitet.
Einen ähnlichen Weg will die Thomas Cook AG gehen. Unbemerkt von der Öffentlichkeit ist dort ein Arbeitskreis eingerichtet worden, der sich mit der Realisierung des ungeheuer spannenden Themas „Zeitreisen“ beschäftigt. Zielrichtung: Thomas Cook-Chef Stefan Pichler will in die Zeit des Reisepioniers Thomas Cook reisen, ihn treffen, sich von ihm adoptieren lassen und künftig den Namen Steve Cook tragen. Sein Konterfei in allen Katalogen, versehen mit dem Traditionsnamen, soll die ganze 150-jährige Kompetenz von Cook auf die heutige Gesellschaft übertragen und den immer noch vorhandenen Abstand auf den Marktführer TUI verkleinern. Es gab zwar auch die umgekehrte Idee, nämlich im Rahmen einer solchen Zeitreise Mr. Thomas Cook aus dem Ende des 19. Jahrhunderts in die heutige Zeit zu transferieren. Dies scheiterte jedoch zum einen an einer fehlenden Planstelle im heutigen Vorstand, zum anderen passt auch der legendäre Slogan Cooks „Lieber ein Maximum zu ermäßigten Preisen, als voller Tarif für leere Züge“ nicht in die heutige Geschäftsphilosophie (siehe oben). Wer im übrigen denkt, ein solcher Adoptionsgedanke sei abwegig, hat keine Ahnung, wie viele Top-Manager sich schon aus anderen Gründen haben adoptieren lassen.
Auch in einer anderen Firma, nämlich Lufthansa, kocht das Markenthema hoch. Nach der spektakulären Umbenennung der Condor wurde nun in der Lufthansa-Firmenzeitschrift vorgeschlagen, die Lufthansa umzubenennen und zwar auf den Namen „Star Alliance“ (siehe Lufthanseat 943 vom 7.6.2002). Interessanterweise kam der Vorschlag nicht „von oben“, sondern quasi „von unten“, von einem LH-Pensionär, der nach seinem Ausscheiden sich in besonderer Weise mit der betriebswirtschaftlichen Theorie beschäftigte und auch promovierte. Insofern fand sein Vorschlag besondere Beachtung und wird jetzt firmenintern heiß diskutiert. Auf das Ergebnis darf man gespannt sein.

Liebe Leserinnen und Leser der „bissigen Bemerkungen“, falls Sie nähere Angaben zu diesen hochinteressanten Punkten wünschen, rufen Sie nicht die Presseabteilungen der erwähnten Firmen an. Die angesprochenen Projekte sind firmenintern so geheim, dass selbst die Presseabteilungen sie wahrscheinlich nicht kennen, vielleicht noch nicht einmal der Vorstand selbst.



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