Fast 80 Jahre lang galt es im Schwergewichtsboxen als eisernes
Gesetz: They never come back. Wer als Weltmeister weg war, kam
nicht wieder zurück. 1960 durchbrach Floyd Patterson diese
Regel und danach schafften es noch mehrere andere (z.B. Muhamad
Ali und Lennox Lewis). Letzte Woche wurde der Ex-Henkel-Topmanager
und Ex-Telekom- Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Sihler im Alter
von 72 Jahren als Nachfolger von Ron Sommer (53) zum Vorstandsvorsitzenden
der Telekom berufen. Sofort ging der Aktienkurs nach oben. Ist
damit auch im Wirtschaftsleben die These von They never
come back durchbrochen? Kommen jetzt auf breiter Front die
Bellheims in die Top-Etagen? Und was könnte dies
für die Reisebranche bedeuten?
Kommentar Karl Born:
Mit der Berufung von Prof. Sihler ist dem Telekom-Aufsichtsrat
eine echte Überraschung geglückt. Sollte damit ein neuer
Trend gestartet worden sein, könnten ab sofort die Ausgeschiedenen
zur latenten Bedrohung der Aktuellen werden. Kein
Wunder, dass auf den Vorstandsetagen das Zittern beginnt. Wie
sagte mal ein Vorstandsmitglied eines DAX- Unternehmens in trauter
Runde: Es gibt nur zwei Menschen die ich nicht mag: Meinen
Vorgänger und meinen Nachfolger. In Zukunft kann er
diesen Spruch vielleicht auf eine Person reduzieren. Für
das Mittelmanagement gilt ab sofort die Devise: Grüße
die Alten, man weiß nicht ob sie wiederkommen. Das Sekretariat
hat bereits den Auftrag, die Namen der Ex-Vorstände und Ex-Aufsichtsräte
wieder auf die Weihnachtsliste zu schreiben.
Dieser Vorgang ist besonders für die Reisebranche von Bedeutung,
denn dort war in den letzten Jahren der Verschleiß an Vorständen,
Geschäftsführern und Aufsichtsräten besonders groß.
Bei einer norddeutschen Fluggesellschaft ging mal das Bonmot um,
sie würde mehr Geschäftsführer verschleißen
als Triebwerke. Nicht viel anders sieht es bei den Reiseveranstaltern
aus. Ein kurzes Nachzählen hat ergeben, dass es zur Zeit
15 (in Worten fünfzehn) noch lebende Ex-TUI- Vorstände
außerhalb des Konzerns gibt. Rechnet man hinzu die Ex-Vorstände
von C&N und unzählige Ex von Lufthansa, Condor und LTU
und erhöht diese Zahl um die entsprechenden noch lebenden
Ex-Aufsichtsräten dieser Firmen, ergibt sich hieraus ein
gigantisches Bedrohungspotenzial von fast 100 Ex-Topmanager als
potenzieller Ersatz für die aktuellen Reisebosse.
Hier eine kleine Auswahl dieser Oldies,
die man in naher Zukunft im Auge behalten sollte (ohne Anspruch
auf Reihenfolge oder Vollzähligkeit).
Dr. Herbert Wendlik (Ex-Condor-Geschäftsführer,
ex LufthansaDirektor)
Praktiker mit nachträglich erworbenen akademischen Weihen.
Kann jetzt wissenschaftlich begründen, was er vorher intuitiv
machte. Hat schon CRM praktiziert als der Begriff noch nicht erfunden
war. Evtl. Nachteil: Würde hohe Marketingaufwendungen verursachen.
Denn ganz gleich welche Firma er übernehmen würde, er
würde sie schnellsten auf den Namen Condor umbenennen.
Dr. Jürgen Fischer (Ex-Vorstand TUI) und
Wolfgang Beeser (Ex-Geschäftsführer Neckermann)
Zwei Touristiker-Legenden die Mallorca noch ausgebucht erlebt
hatten. Jahrzehntelange Erfahrung wie man mit dem richtigen Preis
die potenziellen Urlauber zum Buchen bringt.
Prof. Heinz Ruhnau (Ex-Senator Hansestadt Hamburg,
Ex Lufthansa-Vorstand)
Spätestens seit der legendären Flutkatastrophe von Hamburg
weiß er, was es bedeutet, wenn einem das Wasser bis zum
Hals steht.
Dr. Claus Gillmann (Ex Condor-Geschäftsführer)
Legendärer Sparkommissar. Im Vergleich zu ihm ist Finanzminister
Eichel ein Verschwender. Würde selbst einem No-Frills-Carrier
noch sparen beibringen. Wahrscheinliche erste Amtshandlung: Jeder
Fluggast muss vor dem Einsteigen einen 5-Liter-Kanister Jet-Fuel
abgeben. Nur in einem Punkt nicht mehr zeitgemäß: Sparte
sogar an Ausgaben für sich selbst .
Claus Wülfers (Ex-Hapag Lloyd-Vorstand, Ex-HTU-Vorstand,
Ex-TUI-Aufsichtsrat) Allzweckmanager. Experte für gepflegtes
Beziehungsmanagement, deshalb allerbeste Kontakte zu den wichtigsten
Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik. Noch voll
im Saft durch Ausbaggern eines Tiefseehafens.
Prof. Karl Born (Letzter TUI-Vorstand, der das Wort
Kunde noch regelmäßig in den Mund nahm)
Marketingtalent, besonders wenn es ihn selbst betrifft. Mit seinen
Bissigen Bemerkungen haarscharf am Puls der Zeit. Seine Meinung
ist zunehmend (von Journalisten) gefragt, wird aber zunehmend
weniger gern (von den Betroffenen) zur Kenntnis genommen. Nachteil:
Mit 58 Jahren zu jung, muss sich noch mindestens 10 Jahre gedulden.
Bis dann sind auch seine Studenten bzw. Studentinnen soweit, dass
sie statt seiner arbeiten können. Ist ihm ohnehin lieber.
Hemjö Klein (Ex Bahn-Vorstand, Ex Lufthansa-Vorstand,
Ex Musical-Boss)
Ober-Motivator. Würde die Branche wieder zum Strahlen bringen.
Unvergessen sein DRV-Auftritt als er das Ende der Reisebüros
ankündigte und von den selben stürmisch gefeiert wurde.
Nachteil: Wie sagte der Bahn-Betriebsratsvorsitzende beim Abschied
von Klein: Immer wenn er mit uns sprach, leuchteten unsere
Augen. Dabei blieb es leider auch.
Zum Schluß noch ein außergewöhnlicher
Name zum Nachdenken.
Thomas Cook (Oberste Touristiker-Legende)
Laut TV-Spot zwingt allein sein Name auf einem Flugzeug 160 Jahre
Erfahrung hinein. Nachteil: Zur Zeit noch tot. Aber was heißt
das schon. Wie sagt der Filmheld im SF-Klassiker Frequenzy zum
Bösewicht: Ich könnte dafür sorgen, dass
Du schon seit 10 Jahren tot bist. Dann geht es vielleicht
auch umgekehrt. Außerdem hat die Oberurseler Thomas Cook
Arbeitsgruppe Zeitreise (siehe Bissige Bemerkungen
vom 17.6.2002) jetzt doch noch den Auftrag bekommen Thomas Cook
in die Gegenwart zurückreisen zu lassen. Eine Doppelspitze
Thomas Cook und Steve Cook würde jeden Mitbewerber abhängen.
Wen werden wir als ersten wieder im Tagesgeschäft
antreffen?
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