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22.07.2002
They never come back ? Denkste!


Fast 80 Jahre lang galt es im Schwergewichtsboxen als eisernes Gesetz: They never come back. Wer als Weltmeister weg war, kam nicht wieder zurück. 1960 durchbrach Floyd Patterson diese Regel und danach schafften es noch mehrere andere (z.B. Muhamad Ali und Lennox Lewis). Letzte Woche wurde der Ex-Henkel-Topmanager und Ex-Telekom- Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Sihler im Alter von 72 Jahren als Nachfolger von Ron Sommer (53) zum Vorstandsvorsitzenden der Telekom berufen. Sofort ging der Aktienkurs nach oben. Ist damit auch im Wirtschaftsleben die These von „They never come back“ durchbrochen? Kommen jetzt auf breiter Front die „Bellheims“ in die Top-Etagen? Und was könnte dies für die Reisebranche bedeuten?

Kommentar Karl Born:
Mit der Berufung von Prof. Sihler ist dem Telekom-Aufsichtsrat eine echte Überraschung geglückt. Sollte damit ein neuer Trend gestartet worden sein, könnten ab sofort die „Ausgeschiedenen“ zur latenten Bedrohung der „Aktuellen“ werden. Kein Wunder, dass auf den Vorstandsetagen das Zittern beginnt. Wie sagte mal ein Vorstandsmitglied eines DAX- Unternehmens in trauter Runde: „Es gibt nur zwei Menschen die ich nicht mag: Meinen Vorgänger und meinen Nachfolger“. In Zukunft kann er diesen Spruch vielleicht auf eine Person reduzieren. Für das Mittelmanagement gilt ab sofort die Devise: Grüße die Alten, man weiß nicht ob sie wiederkommen. Das Sekretariat hat bereits den Auftrag, die Namen der Ex-Vorstände und Ex-Aufsichtsräte wieder auf die Weihnachtsliste zu schreiben.
Dieser Vorgang ist besonders für die Reisebranche von Bedeutung, denn dort war in den letzten Jahren der Verschleiß an Vorständen, Geschäftsführern und Aufsichtsräten besonders groß. Bei einer norddeutschen Fluggesellschaft ging mal das Bonmot um, sie würde mehr Geschäftsführer verschleißen als Triebwerke. Nicht viel anders sieht es bei den Reiseveranstaltern aus. Ein kurzes Nachzählen hat ergeben, dass es zur Zeit 15 (in Worten fünfzehn) noch lebende Ex-TUI- Vorstände außerhalb des Konzerns gibt. Rechnet man hinzu die Ex-Vorstände von C&N und unzählige Ex von Lufthansa, Condor und LTU und erhöht diese Zahl um die entsprechenden noch lebenden Ex-Aufsichtsräten dieser Firmen, ergibt sich hieraus ein gigantisches Bedrohungspotenzial von fast 100 Ex-Topmanager als potenzieller Ersatz für die aktuellen Reisebosse.

Hier eine kleine Auswahl dieser „Oldies“, die man in naher Zukunft im Auge behalten sollte (ohne Anspruch auf Reihenfolge oder Vollzähligkeit).

Dr. Herbert Wendlik (Ex-Condor-Geschäftsführer, ex Lufthansa—Direktor)
Praktiker mit nachträglich erworbenen akademischen Weihen. Kann jetzt wissenschaftlich begründen, was er vorher intuitiv machte. Hat schon CRM praktiziert als der Begriff noch nicht erfunden war. Evtl. Nachteil: Würde hohe Marketingaufwendungen verursachen. Denn ganz gleich welche Firma er übernehmen würde, er würde sie schnellsten auf den Namen Condor umbenennen.

Dr. Jürgen Fischer (Ex-Vorstand TUI) und
Wolfgang Beeser (Ex-Geschäftsführer Neckermann)
Zwei Touristiker-Legenden die Mallorca noch ausgebucht erlebt hatten. Jahrzehntelange Erfahrung wie man mit dem richtigen Preis die potenziellen Urlauber zum Buchen bringt.

Prof. Heinz Ruhnau (Ex-Senator Hansestadt Hamburg, Ex Lufthansa-Vorstand)
Spätestens seit der legendären Flutkatastrophe von Hamburg weiß er, was es bedeutet, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht.

Dr. Claus Gillmann (Ex Condor-Geschäftsführer)
Legendärer Sparkommissar. Im Vergleich zu ihm ist Finanzminister Eichel ein Verschwender. Würde selbst einem No-Frills-Carrier noch sparen beibringen. Wahrscheinliche erste Amtshandlung: Jeder Fluggast muss vor dem Einsteigen einen 5-Liter-Kanister Jet-Fuel abgeben. Nur in einem Punkt nicht mehr zeitgemäß: Sparte sogar an Ausgaben für sich selbst .

Claus Wülfers (Ex-Hapag Lloyd-Vorstand, Ex-HTU-Vorstand, Ex-TUI-Aufsichtsrat) Allzweckmanager. Experte für gepflegtes Beziehungsmanagement, deshalb allerbeste Kontakte zu den wichtigsten Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik. Noch voll im Saft durch Ausbaggern eines Tiefseehafens.

Prof. Karl Born (Letzter TUI-Vorstand, der das Wort „Kunde“ noch regelmäßig in den Mund nahm)
Marketingtalent, besonders wenn es ihn selbst betrifft. Mit seinen Bissigen Bemerkungen haarscharf am Puls der Zeit. Seine Meinung ist zunehmend (von Journalisten) gefragt, wird aber zunehmend weniger gern (von den Betroffenen) zur Kenntnis genommen. Nachteil: Mit 58 Jahren zu jung, muss sich noch mindestens 10 Jahre gedulden. Bis dann sind auch seine Studenten bzw. Studentinnen soweit, dass sie statt seiner arbeiten können. Ist ihm ohnehin lieber.

Hemjö Klein (Ex Bahn-Vorstand, Ex Lufthansa-Vorstand, Ex Musical-Boss)
Ober-Motivator. Würde die Branche wieder zum Strahlen bringen. Unvergessen sein DRV-Auftritt als er das Ende der Reisebüros ankündigte und von den selben stürmisch gefeiert wurde. Nachteil: Wie sagte der Bahn-Betriebsratsvorsitzende beim Abschied von Klein: „Immer wenn er mit uns sprach, leuchteten unsere Augen. Dabei blieb es leider auch“.

Zum Schluß noch ein außergewöhnlicher Name zum Nachdenken.
Thomas Cook (Oberste Touristiker-Legende)
Laut TV-Spot zwingt allein sein Name auf einem Flugzeug 160 Jahre Erfahrung hinein. Nachteil: Zur Zeit noch tot. Aber was heißt das schon. Wie sagt der Filmheld im SF-Klassiker Frequenzy zum Bösewicht: „Ich könnte dafür sorgen, dass Du schon seit 10 Jahren tot bist“. Dann geht es vielleicht auch umgekehrt. Außerdem hat die Oberurseler Thomas Cook Arbeitsgruppe „Zeitreise“ (siehe Bissige Bemerkungen vom 17.6.2002) jetzt doch noch den Auftrag bekommen Thomas Cook in die Gegenwart zurückreisen zu lassen. Eine Doppelspitze Thomas Cook und Steve Cook würde jeden Mitbewerber abhängen.

Wen werden wir als ersten wieder im Tagesgeschäft antreffen?



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