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Borns "bissige" Bemerkungen ist die montägliche Kolumne rund um das aktuelle Geschehen in der Welt, speziell in der Tourismuswirtschaft. BBB erscheint seit März 2001 jeden Montag auf diesen Webseiten und als kostenloser email-Newsletter. Im Archiv finden Sie 300 weitere Kommentare zu den verschiedensten Themen und Anlässen.

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16.6.2003 Haste mal einen Euro für mich?


Der Nürnberger Textilunternehmer Hans Rudolf Wöhrl hat die Deutsche BA für den symbolischen Preis von einem Euro gekauft. Leider hatte er vergessen für den Gang zum Notar Geld einzustecken, so musste die anwesende Dolmetscherin ihm einen Euro leihen.
Um einige Euros mehr geht es bei der geplanten Anhebung der Aufsichtsratstantiemen bei Lufthansa um bis zu 160%. Um den Druck der Aktionäre und der Öffentlichkeit zu mildern, will der designierte Aufsichtsratsvorsitzende Jürgen Weber seine zusätzlichen Euros für einen karitativen Zweck spenden.


Kommentar Karl Born:

Man muss sein einstudiertes Weltbild ab und zu ändern. Wurde man früher in der Fußgängerzone von einem Typ angeschwatzt "Haste mal einen Euro für mich", wusste man, das Geld wird für Alkohol oder für einen "Schuss" benötigt. Seit letzter Woche haben wir hinzugelernt. Es kann auch sein, dass Sie jemand um einen Euro bittet, weil er eine Airline kaufen will. Heißer Tipp: Wenn Sie wieder jemand um einen Euro anbettelt, geben Sie doch einfach zwei Euros, mit der Bemerkung "kaufe mir auch eine Airline mit". Billiger kann es nun wirklich nicht mehr werden. Ist das bereits Deflation oder die schärfste Variante von "Geiz ist geil"?

Um eine "Handvoll Euros mehr" geht es bei Lufthansa. Ausgerechnet beim Wechsel des jetzigen Vorstandsvorsitzenden Jürgen Weber, des "härtesten Sanierers aller Zeiten" in den Aufsichtsrat, sollen die Aufsichtsratstantiemen drastisch erhöht werden. Zugegeben, diese sind heute "im Vergleich mit anderen Aufsichtsratstantiemen" nicht übermäßig, aber diese "überaus originelle Begründung" muss in letzter Zeit für alles herhalten, für die Gehälter der Topmanager (siehe DaimlerChrysler u.a.), für Politikerbezüge und überall dort, wo das Geld nicht aus der eigenen privaten Tasche entnommen werden muss. Wollen wir nicht näher untersuchen wie wichtig diese Erhöhung für einzelne Aufsichtsratsmitglieder wie z.B. Deutsche Bank-Vorstandssprecher Josef Ackermann (geschätztes Jahresgehalt 6,9 Mio. Euro) ist. Wir sollten eher an jene denken, z.B. an die Lufthansa-Flugbegleiter, von denen wie selbstverständlich erwartet wird, dass sie eine Arbeitszeitreduzierung ohne Lohnausgleich hinnehmen sollen (in Verantwortung gegenüber dem Konzern!!).
Wer ein einigermaßen gutes Gedächtnis hat, wird sich aber auch daran erinnern, wie Jürgen Weber "persönlich beleidigt war", als die LH-Piloten exakt mit dieser Begründung "Nachholbedarf gegenüber anderen" ihre Gehaltssteigerung per Streik durchsetzen wollten.
Die letzte Reaktion von Jürgen Weber ist allerdings besonders drollig. Der künftige Lufthansa-Aufsichtsratsvorsitzende will seine Erhöhung für karitative Zwecke spenden. Entweder ist die Forderung nach Erhöhung gerechtfertigt oder nicht, sie zu spenden macht die Angelegenheit nicht verständlicher. Deshalb Merke: Hinter manchem sozialen Gewissen kann auch ein schlechtes Gewissen stecken.



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