BBB-Newsletter: jede Woche "Bissiges" per email (Info)

Zur Anmeldung

Borns "bissige" Bemerkungen ist die montägliche Kolumne rund um das aktuelle Geschehen in der Welt, speziell in der Tourismuswirtschaft. BBB erscheint seit März 2001 jeden Montag auf diesen Webseiten und als kostenloser email-Newsletter. Im Archiv finden Sie 300 weitere Kommentare zu den verschiedensten Themen und Anlässen.

[ Archiv ] - [ Suche ] - [ aktuelle BBB ] - [ Ihr Thema ] - [ XML ]

Bücher von oder mit Beiträgen von Karl Born: Abschied von der Spassgesellschaft | Der integrierte Touristikkonzern | Kundenorientierung im Touristikmanagement | Kundenmanagement als Erfolgsfaktor


17.2.2003 „Geiz ist geil“ und andere sexuelle Verirrungen


„Geiz ist geil“, heißt eine der neuen Werbebotschaften. Dabei darf man zu Gunsten der Texter hoffen, dass sie es in Wirklichkeit besser wissen. Zum Glück bietet auch in „diesen so schwierigen Zeiten“ das reale Leben Dinge, die „echt geiler“ sind als Geiz. Noch beängstigender sind allerdings die volkswirtschaftlichen Auswirkungen. Die besonders schlichte Management-These der Supermärkte „immer die Billigsten an der Fleischtheke“ sein zu wollen, führte im Ergebnis zu BSE. Anscheinend haben andere Branchen daraus nichts gelernt.

Kommentar Karl Born:

Der Geiz sei männlichen Geschlechts, behauptet Goethe in Faust II. Manche leidgeprüfte Ehefrau wird dem mit lautem „Ja“ zustimmen. Wenn „Geiz ist geil“ jetzt auch zum Ersatz für differenzierte Marketingstrategien wird: Kein Wunder, die Mehrzahl der Topmanager sind noch immer männlich.

Als die Bissigen Bemerkungen am 11.11.2002 noch fragten „Wann führen die Billig-Airlines den Minus-Preis ein?“ war dies eigentlich als Satire gedacht (siehe auch das Datum: Helau!). Im Interview mit dem Anlegermagazin DMEuro deklamiert Ryanair-Chef O´Leary, seine Marketing-Strategie sei „immer die niedrigsten Preise zu haben, egal was die Konkurrenz macht“. Und auf die Frage „Was machen Sie, wenn die Konkurrenz die Tickets umsonst abgibt?“, antwortete er: „Dann werden wir unseren Kunden Geld dafür geben, dass sie mit uns fliegen!“ Spätestens jetzt hat das reale Leben mal wieder die Satire überholt. Aber O´Leary ist eigentlich auch die lebende Satire eines Luftfahrtmanagers.

Seine Begründung treibt den Unsinn, dann noch in die Höhe. „Wir haben die niedrigsten Kosten unter den europäischen Airlines, wir werden bei jedem Preis mithalten“. Ach so, hat Ryanair schon „Minus-Kosten“ um „Minus-Preise“ quotieren zu können? Natürlich nicht. Er holt sich sein Geld von den Flughäfen. Das mag sich für kleinere Flughäfen wie Hahn rechnen, die durch Ryanair einen immensen Aufschwung genommen haben. Wie sieht es aber mit der Preisgestaltung an den Airports aus, von denen Billig-Airlines und traditionelle Airlines fliegen?
Erinnern Sie sich noch? Vor einem Jahr, im Februar 2002, führte die Deutsche BA den „Karnevalstarif“ ein. Dieses Jahr kam bei der BA der Aschermittwoch schon vor Karneval: Helau und Alaaf!

So schlecht war der Ansatz der Verbraucherministerin Künast nicht, den unverantwortlichen gegenseitigen Preisunterbietungen, nur unter dem Aspekt Marktanteile „um jedem Preis“ zu gewinnen, ein Ende zu machen. „Der Markt wird es regeln“ und „Es lebe die Eigenverantwortung der Wirtschaft“ riefen die Marktwirtschaft-Puristen im Chor. Doch wo war die Eigenverantwortung der Wirtschaft bei der Euro-Einführung, bei der Arbeitsplatzschaffung und bei hundert anderen Gelegenheiten in jüngster Zeit? Damit es recht verstanden wird, hier ist nicht die Rede von bürokratischen Regelungen à la Berlin oder Brüssel, von denen haben wir heute schon zuviel. Es geht um die Verantwortung der Manager für das langfristige Bestehen des eigenen Unternehmens und der Wirtschaft insgesamt. Wie immer man zu Reinhard Mohn stehen mag, seine Rede letzte Woche an die Adresse der Topmanager (nicht nur der von Bertelsmann) hat die aktuelle Problematik genau getroffen. Er hat jene gemeint, für die „strategische Planung“ das Placebo für nervösen Aktionismus ist.

Die richtige Preispolitik zu betreiben ist eine der schwierigsten Managementaufgaben die es gibt. Und wenn der „Verbraucher nicht verbrauchen will“, wie es die SZ formulierte, dann muss über den Preis ein Anreiz gegeben werden, auf einer betriebswirtschaftlich nachvollziehbaren Basis. Dies ist allerdings etwas anderes, als „Preise herunterhauen“ nur in der Absicht die Konkurrenz auszuschalten. Die Hoffnung danach Geld verdienen zu können, ist „wie einen Abgrund mit zwei Sprüngen überwinden zu wollen“.

In diesem Gesamtszenario muss auch die vierte Macht des Staates, die Presse, mehr Verantwortung übernehmen. Zu oft werden Abenteurer hochgelobt, die „billigsten“ Preise in immer neuen Tabellen hervorgehoben, um in der „Nach-BSE-Zeit“ voller „Sorge“ nach den Verantwortlichen zu suchen.


Als Nachbemerkung noch eine „unsportliche“ Forderung aus Hannover: Wann verschwindet endlich dieses Cottbus aus der Bundesliga?



SUCHE