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18.08.2003 Deutschland-Allergie: Eine Chance für die Reiseveranstalter


Ein in Florida lebender 64-jähriger Rentner und Sozialhilfeempfänger gewann einen Prozess vor dem niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg. Danach muss das niedersächsische Landessozialamt ihm weiterhin seine monatlich 875 $ teure Wohnung in Miami Beach bezahlen. Begründung: Ein Psychiater hatte ihm bescheinigt, dass ihm ein Leben in Deutschland nicht mehr zumutbar sei ("Deutschland-Allergie" lt. Spiegel online vom 15.8.2003). Einzige Auflage: Er muss sich innerhalb von sechs Monaten eine billigere Wohnung suchen. "Strandnähe" sei nicht unbedingt geboten, so das Oberverwaltungsgericht (OVG 4 ME 310/03).

Kommentar Karl Born:

Urlaub in Deutschland ist in diesem "Jahrhundertsommer" der Renner schlechthin. Als absoluter Trendsetter, hatte als Erster unser Kanzler Gerhard Schröder seinen Urlaub von Italien in das besonders sonnige Hannover verlegt und damit einen wahren Run auf Hannover-Urlaub ausgelöst. Wer in Hannover keine Bleibe mehr bekam, reiste notgedrungen weiter an die Nord- und Ostsee. "Alles voll" meldeten daraufhin die deutschen Küsten-Hoteliers. Kurz vor Schluss ihrer Amtszeit kann damit die Chefin der DZT, Ursula Schörcher, ein Rekordjahr verbuchen und die Verantwortlichen für das Produktmanagement Deutschland bei den großen Reiseveranstaltern legen ebenfalls Zahlen hin, dass die Kollegen der Produktmanagements für südliche Destinationen und Ferndestinationen vor Neid erblassen.

Aber, das große Geld verdienen die Reiseveranstalter mit Deutschland-Urlaub leider nicht. Geld wird verdient, wenn die eigenen oder fix angemieteten Hotels und Flugzeuge ausgelastet werden. Jedoch, was Auslandsurlaub betrifft, jagte zuletzt eine schlechte Nachricht die andere. Das könnte sich ändern, wenn die leidgeprüften Reiseveranstalter innovative Konsequenzen aus dem obigen Urteil ziehen. Denn selbst das Verwaltungsgericht Hannover hatte dem Grundsatz nach, den Anspruch des Rentners anerkannt, war nur nicht bereit gewesen mehr als 600 $ zu zahlen (Az: 7 B2568/03)!!

Im neuen Geschäftsfeld der Veranstalter für "Deutschland-Allergiker" könnte erstens eine neue Käuferschicht erschlossen werden und zweitens (auch als Konsequenz aus dem Urteil) alles angeboten werden, was als "strandfern" nicht ohne weiteres an den vollzahlenden Urlauber zu verkaufen ist.
Zuerst sollte ein Gutachten in Auftrag gegeben werden, ob es nicht auch zeitlich partielle Deutschland-Allergiker gibt, denen man ein Angebot für zwei oder drei Wochen machen kann, bis der Allergieanfall vorüber ist. Damit könnte man den Anteil der Last Minute-Angebote reduzieren. Für den klassischen "Dauer-Allergiker" könnten die Angebote aus dem Unternehmensbereich Timesharing kommen.

Natürlich würde dies zu einer zusätzlichen Belastung der Sozialkassen führen. Aber "Sozialhilfegesetz ist Sozialhilfegesetz", meinten zumindest die Lüneburger Richter (o.g. Rentner bekam die Unterstützung mit dem niedrigeren Betrag immerhin schon seit einem Jahrzehnt). Als teilweise Gegenfinanzierung könnte man die klassischen "Melkkühe" der Nation heranziehen: Spritpreis und Zigarettenpreis hoch. Autofahren und Rauchen für Deutschland-Allergiker!

PS.: Irgendwie verspürt der Autor auch schon ein leicht ansteigendes Kribbeln. Laut Ärztebuch beginnen so Allergieanfälle gegen Oberverwaltungsrichter und Psychiater.



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