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Borns "bissige" Bemerkungen ist die montägliche Kolumne rund um das aktuelle Geschehen in der Welt, speziell in der Tourismuswirtschaft. BBB erscheint seit März 2001 jeden Montag auf diesen Webseiten und als kostenloser email-Newsletter. Im Archiv finden Sie 300 weitere Kommentare zu den verschiedensten Themen und Anlässen.

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24.03.2003 Jetzt erst recht


Der Angriff der alliierten Streitkräfte zum Sturz des Diktators Saddam Hussein hat begonnen. Die Tourismusindustrie hat unterschiedlich darauf reagiert. Schon während der Zeit des Ultimatums haben die Reiseveranstalter erfreulicherweise kostenlose Umbuchungen für die in den Augen der Kunden "moslemischen" Ländern angeboten. Wesentlich offensiver und fast vorbildlich für die Reisebranche ging (wieder einmal) Kögels L`tur das Thema an. „Jetzt erst recht“ war die Headline auf der eigenen Homepage und über der Anzeige in BILD am Sonntag. Eher skurril die Klageandrohung von billigweg.de gegen den amerikanischen Staat.

Kommentar Karl Born:

Oft hat man der Reisebranche vorgeworfen, sie würde zu langsam reagieren. Dieses mal war sie noch schneller als Bushs Truppen. Bereits einen Tag vor Ablauf des Ultimatums wurden kostenlose Umbuchungen für die Türkei, Ägypten, Tunesien, Marokko, Zypern und die Arabischen Emirate angeboten. Objektiv dürfte das Risiko für die Urlauber dort nicht höher sein als in Frankfurt, London oder Paris. Aber subjektiv empfinden die Urlauber es eben anders. Das entscheidende ist „wie der Kunde denkt“, somit war die Maßnahme sicherlich notwendig.

Nicht nur noch besser, sondern direkt vorbildlich, ist wieder einmal L`tur mit der aktuellen Situation umgegangen. Als erstes Reiseunternehmen hat man mit der Headline „Jetzt erst recht!“ die Defensive verlassen und ist in die Marketing-Offensive gegangen. „Jetzt erst recht“, so lautet angesichts der Unfallzahlen die (erfolgreiche) Politik der Autoindustrie schon seit Jahren.

Den absoluten „Vogel abgeschossen“ (Harald Schmidt würde jetzt die rhetorische Frage stellen: Darf man eine solche Metapher in diesen Zeiten verwenden?) hat der Feriendiscounter billigweg.de Reisen. Billigweg-Chef Lambeck droht der US-Administration mit einer Millionenklage falls sie ihre Außenpolitik nicht bis zum 31.3. ändert. Präsident Bush soll sich fürchterlich erschrocken und sofort Powell, Rumsfeld und Rice zu einer Krisenkonferenz zusammengerufen haben. Armer Schröder, armer Fischer, das gibt wieder einen auf die Mütze.
Durch diese Klage angeregt, überlegt jetzt der Tourismusminister der Balearen, ob er nicht den Papst (als Gottes-Stellvertreter) für das Sch...Wetter auf den Balearen in letzter Zeit verklagen soll.

Eine Anmerkung zum Schluss: Dem Tourismus könnte in der „Zeit danach“ eine zwar nicht entscheidende, jedoch hilfreiche Rolle zukommen. Wenn die Behauptung richtig ist, dass Tourismus eine Industrie sei, die sehr schnell Geld ins Land bringt (wovon man ausgehen kann), dann könnten Reisen in den Irak, in dieses geschichtlich so überaus faszinierende Land, einen kleinen Beitrag zum Wiederaufbau leisten.

Und noch eine letzte Anmerkung zum Schluss aus der Sicht jener (Mehrheit?) die nicht demonstriert haben: Die Meinung man könne einen Diktator friedlich entwaffnen hat ungefähr die gleiche Realisierungschance, wie der Wunsch einem Haifisch in Freundschaft die Zähne zu ziehen.
Ausnahmsweise sei Olaf Henkel zitiert: Wenn Chamberlain und Kollegen 1938 in München anders entschieden hätten, hätte es in Europa in den Jahren danach wahrscheinlich Millionen Kriegstote weniger gegeben.



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