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10.2.2003 - Gesichtskontrolle


Seit Anfang des Jahres befindet sich auf dem Flughafen Berlin-Tegel eine Anlage zur Biometrischen Gesichtserkennung im Testbetrieb. Nur autorisierten Mitarbeitern, deren Gesicht erkannt wird und mit dem hinterlegten Bild übereinstimmt, wird nach vollzogener Verifizierung automatisch der Zugang gewährt. Ob dieses System im täglichen Betrieb funktioniert? Nach manch durchzechter Nacht hat man selbst morgens sein eigenes Spiegelbild nicht mehr erkannt.

Kommentar Karl Born:

Ein Hoch auf den großen Bruder. 1984 ist längst vorbei, doch plötzlich holt die Vergangenheit die Zukunft ein. Von manchem Gefängnis kennt man das System. Gesichtskontrolle, damit jene, die hineingehen, auch jene sind die herauskommen. Keine Ahnung, warum der Flughafen Berlin diese Kontrolle jetzt übernehmen will.
Im Prinzip ist das System verblüffend einfach: Zum Einpflegen ins System genügt das einmalige Einlesen der Person per Kamera. Das Bild wird an einen Rechner übertragen, welcher die Vektoren speichert. 1700 Biometriepunkte des Gesichts einer jeden Person werden fortan bei jedem Kontakt innerhalb von nur ca. 2 Sekunden verglichen.
Aber wird es im Praxisbetrieb wirklich so einfach sein? Wie oft hat man selbst nach durchzechter Nacht morgens sein eigenes Spiegelbild nicht erkannt. Das könnte ohnehin die Steigerung im System sein. Wenn das Live-Bild gegenüber dem gespeicherten Bild deutliche "Verschleißerscheinungen" zeigt, muss ein Testfeld angehaucht werden. Ab einem bestimmten angezeigten Restalkoholgehalt wird der Zugang verweigert und automatisch ein Urlaubstag abgetragen.

Sollten die praktischen Erfahrungen erfolgreich sein, könnte das System zu sensationellen Veränderungen in der Reisebranche führen. Bei Buchung im Reisebüro wird ein entsprechendes Foto aufgenommen, abgespeichert und an Fluggesellschaft und Hotel übermittelt. Damit entfällt das Ausstellen der Reiseunterlagen. Check In am Flughafen und im Hotel erfolgt danach automatisch.
Für die All Inklusive-Reisenden entfällt das juristisch umstrittene farbige Armband, weil der Gesichtsscanner sofort anzeigt, wer welche Verpflegungsart gebucht hat.
Für die Heimreise wird automatisch die Erkennungs-Fehlertoleranz leicht erhöht, damit das durch reichliches Essen leicht breitere Gesicht noch akzeptiert wird.

Über die erhöhte Sicherheit im Zielgebiet, nicht gerade das Lieblingsthema der Reiseveranstalter, braucht im Katalog kaum noch ein Wort verloren werden. Der Gesichtsscanner prüft unauffällig die Zugangsberechtigung.

Auch auf den diversen Medientreffs könnte der Gesichtsscanner hilfreich sein. Jeder eintreffende Gast wird automatisch erkannt und sein Name je nach Prominenz entsprechend laut genannt, z.B. laut und von jedermann beachtet „Herzlich willkommen Dieter Bohlen“ und nur unverständlich flüsternd „Wir begrüßen Herrn und Frau Mustermann“.

Wie immer kann die Technik natürlich nicht alles leisten. Um im Beispiel Berlin zu bleiben, konnten wir vor wenigen Tagen lesen, dass die Privatisierung und damit der geplante Bau des Berliner Großflughafens sich weiter (und vielleicht für immer) verzögert, weil die staatliche Flughafen-Holding BBF und das private Bieterkonsortium um den Bauriesen Hochtief und dem Immobilienkonzern IVG sich wiederum nicht auf einen unterschriftsreifen Vertrag einigen konnten. Der Gesichtsscanner kann nur prüfen, ob „Köpfe identisch sind“, er kann nicht prüfen, ob auch „etwas Vernünftiges darinnen steckt“. Der Schweizer Schriftsteller Heinrich Wiesner formulierte dies so: "Wer kommt wird nach seinem Gesicht beurteilt, wer geht nach seinem Kopf."



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