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BTW-Gipfel, die Kanzlerin und die 750. Folge der Bissigen Bemerkungen

Als Highlight des BTW-Gipfels wurde die Rede der Bundeskanzlerin angekündigt. Ich hatte von dieser Rede nichts erwartet und diese (Nicht-) Erwartung wurde auch voll erfüllt. So kann man auch mit einer Rede von Angela Merkel zufrieden sein.

Schon am Vorabend des Kongresses hatte die Bundeskanzlerin die deutschen Touristen zu Reisen in arabische Länder aufgefordert, „um sich mit den Zusammenhängen Europa und arabischer Raum zu beschäftigen und immer wieder neue Erkenntnisse zu gewinnen“. Des könne auch zur gegenseitigen Verständigung hierzulande beitragen.

Frau Merkel, da sind Sie mal wieder ein paar Jahre zurück. Schon vor ca. 10 Jahren boomten Reisen in arabische Länder, weil der deutsche Tourist, gefördert durch die Angebote der Reiseveranstalter, neben den Bademöglichkeiten auch die Vielfalt der kulturellen Angebote schätzte. Wenn aktuell dramatisch weniger Touristen dahin reisen (insbesondere in den Nahen Osten), liegt das nicht an mangelndem Interesse an diesen Zielen, sondern einzig und allein an der unsicheren Sicherheitslage. Wenn Frau Merkel in ihrer Rede dann noch aufforderte vor Reisen in arabische Länder die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes zu lesen, hat sie genau diese Bedenken auch noch verstärkt. Hätte sie beispielsweise Reisen nach Spanien angesprochen, wäre dieser Hinweis garantiert nicht gekommen.

Noch gravierender ist der Irrtum der Bundeskanzlerin, wenn sie meint, diese Reisen würden zur gegenseitigen Verständigung „hierzulande“ beitragen. Wirklich über Jahrzehnte hinweg haben Reiseveranstalter und auch Medien den deutschen Urlauber zum einen „erzogen wie er sich im Ausland zu benehmen hat“ und zum anderen ihn auch „zum kulturellen Austausch ermuntert“ und das mit großem Erfolg. Wobei Austausch mit den Einheimischen immer sehr „kleinteilig“ zu sehen ist. Das Gespräch mit dem „organisiert“ angebotenen Nomaden oder dem Imam in der nächstgelegenen Moschee ersetzt noch nicht einen gesamthaften Überblick.

Aber einen gewissen Rückschlag in diesen bislang erfolgreichen Bemühungen erleben wir allerdings ausgerechnet in unserem Land. Hat der Tourist verstanden, dass man sich im Ausland mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut machen soll und diese auch zu respektieren hat, wird jetzt umgekehrt, ziemlich undifferenziert, die „umgekehrte Bedeutung der Gastfreundschaft“ gepredigt, wie stark wir jetzt hier bei uns auf die Gepflogenheiten unserer Gäste Rücksicht nehmen sollen. Auf diesen Konflikt hatten wir in den Bissigen Bemerkungen schon letztes Jahr hingewiesen.

Also Frau Merkel: Ich bin auch sehr für Reisen in arabische Länder, aber als Selbstzweck. Soll heißen, um dort Land und Leute zur Erweiterung des eigenen Horizontes kennenzulernen und nicht als Schnellkurs für besseres Verständnis des Islams hier in der Bundesrepublik.

Übrigens Frau Bundeskanzlerin, wann sind Sie zuletzt privat oder dienstlich in arabische Länder gereist? Ihren Urlaub verbringen Sie sehr konservativ ausschließlich in der Schweiz, in Südtirol oder in Italien. Aber ich kann mich auch kaum daran erinnern, wie oft und wann zuletzt, Sie politisch in ein arabisches Land gereist sind (Türkei nicht eingerechnet). Irgendwie habe ich den Eindruck, dass Sie solche Reisen gerne delegieren.

Auf Merkels Überraschung, dass es 10.000 Reisebüros in Deutschland gibt, ihren Irrtum das Thema EU-Pauschalreiserichtlinie sei ein Konflikt zwischen Branche und Verbraucher und ihre Aufforderung an den „Entwicklungshelfer Tourismus“ komme ich aus Platzgründen in den nächsten Bissigen Bemerkungen zurück. Immerhin, das sei positiv vermerkt, hatte sie alle Branchenthemen auf ihrer Agenda.
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Diese Bissigen Bemerkungen sind Folge 750. Ich war selbst überrascht, als ich diese Zahl festgestellt hatte und habe gleich vor Schreck eine längere Sommerpause eingelegt. Aber jetzt geht es wieder los. Auch hierzu in der nächsten Ausgabe mehr.
Bei dieser Gelegenheit darf ich nochmals auf meine andere Kolumne im Branchenportal „airliners.de“ hinweisen. Sie finden diese 14tägig, immer donnerstags, unter http://www.airliners.de/thema/die-born-ansage.

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