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Politikbeschimpfung. Eine Branche wird wach.

Endlich wird die Branche wach und macht richtig Krach, weil die Politik Tourismus und Luftverkehr in einer Art und Weise behindert, wie sonst keine andere Branche in Deutschland behindert wird. Die Bissigen Bemerkungen waren es schon leid, die Ungerechtigkeiten (z.B. Luftverkehrssteuer) anzusprechen, während die „Branchengrößen“ noch mit der Politik kuschelten.

Jetzt haben mal innerhalb weniger Tage alle die verbale Keule herausgeholt. DRV-Präsident Jürgen Büchy schimpfte auf dem DRV-Jahreskongress in Montenegro „Das ist das Gegenteil von Wirtschaftspolitik, das ist Wirtschaftsvernichtungspolitik“. Lufthansa-Chef Christoph Franz sprach davon „die Airlines werden von der deutschen Politik als Goldesel missbraucht“ (das bezog sich vor allem auf die europäisch gesehen im Alleingang beschlossene Luftverkehrssteuer, von der die Bundeskanzlerin bei der 30-Jahrfeier von Air Berlin, vom Rednerpult laut verkündete: „es wird hier keinen nationalen Alleingang geben“). Air Berlin-Boss Hartmut Mehdorn, obwohl aus seiner Bahnzeit Stress erfahren im Umgang mit Politik, holte zum großen Rundumschlag aus und bemängelte neben anderem vor allem die CO2-Richtlinien. Dies ist deshalb interessant, weil bei der mit weitem Abstand wichtigsten Maßnahme für Umweltfreundlichkeit und insbesondere Vermeidung von unnötigem Treibstoffverbrauchs, der deutsche Verkehrsminister Ramsauer mit fast provozierender Untätigkeit glänzt. Nichts würde so sensationell wirtschaftlich und gleichzeitig ökologisch helfen, wie ein einheitlicher Luftüberwachungsraum für Europa, der sog. Single European Sky (in Amerika übrigens selbstverständlich). Wie sagte Ramsauer auf dem BTW-Gipfel 2010 „das ist eine Sisyphus-Arbeit“. Aber er rollt nicht, wie Sisyphus, den Stein nach oben, der dann leider wieder runter rollt, er fasste ihn in vier Jahren Amtszeit überhaupt nicht an, ganz im Arbeitsstil von Peter „tut nichts“ Ramsauer (sorry, die Bahnhöfe und besonders die Bahnhofstoiletten liegen ihm schon Herzen – O-Ton auf dem o.g. BTW-Gipfel).

Was die Bundestagspolitiker, denen das Thema CO2-Reduzierung so sehr am Herzen liegt, aber in eigener Sache letzte Woche beschlossen haben, ist ein Schlag in das Gesicht auch der letzten Mitbürger, die bislang glaubten, Bundestagsabgeordneten würden Politik in erster Linie für die Allgemeinheit und nicht nur zum eigenen Vorteil machen. Da hatte man in 2009, „in einem Öko-Anfall“ für die Bundestags Dienstlimousinen eine verbindliche Grenze für den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids von 120 Gramm je Kilometer beschlossen. Aber man hat damals nicht geahnt, dass es in 2012 immer noch keine Limousinen der Oberklasse unterhalb dieses Grenzwertes geben würde. Was beschloss deshalb letzte Woche der Ältestenrat des Bundestags für seine 150 geleasten und 35 eigenen Autos? Ja was denn? Er hob diese Begrenzung einfach ersatzlos auf! Kann man ja einem Abgeordneten nicht zumuten, mal ein paar Minuten in einem Auto der Kompaktklasse zu fahren. Noch intelligenter, aus Kosten- und Klimagründen wäre jedoch, insbesondere für Stadtfahrten, vermehrt Taxis zu benutzen. Geht „leider“ auch nicht. Und warum? Grund: „Weil Taxifahrer oftmals dazu neigten, Belehrungen politischer Art abzugeben“. Merke: Mit dem Volk wird nur bei Wahlkampfauftritten geredet. Ansonsten ist es lästig. Das „Anti-Taxifahrer“ Argument soll lt. Bärbel Höhn (Grüne) von FDP-Abgeordneten gekommen sein. Ein Glück, dieses Problem könnte sich in 2013 von alleine erledigen.

Man kann nur hoffen, dass die Branchenverantwortlichen noch mehr Druck aufbauen, bei Verzicht auf den Kuschelkurs mit den Top-Politikern. Als Minister Peter Ramsauer, bei o.g. BTW-Gipfel dann über seine Haltung zur Luftverkehrssteuer auch noch sagte „Meine Erfindung war das nicht. Wenn ich könnte, dann würde ich ……“, hätte ein Sturm der Entrüstung durch den Saal fegen müssen. Aber der Präsident lobte Ramsauer bei der Verabschiedung, „dass er immer ein offenes Ohr für die Branche habe“. Was nützt das, wenn im Ministerkopf dabei „Durchzug zwischen den Ohren herrscht“.

Über dieses Thema hatten die Bissigen Bemerkungen mehrfach in 2010 „gewettert“:
„Wenn der schärfste Gegner einer Branche ‚Bundesregierung’ heißt“ (14.6.2010),
„Luftverkehrsabgabe – ein weiterer Wortbruch der Regierung“ (19.7.2010),
„Der Unterschied zwischen Energiebranche und Reisebranche“ (23.8.2010),
„Die schmerzfreie Branche“ (27.9.2010),
„Der Gipfel, der eine Grube war“ (11.10.2010).
Wie schön, dass sich die Branche zwei Jahre später auch aufregt.

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