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Neuer Geniestreich von Ramsauer

Erfahrene BBB-Leser werden diesen Namen schön länger vermisst haben: Peter Ramsauer, spezieller „Freund“ der Bissigen Bemerkungen. Sein Engagement für Bahnhofstoiletten haben wir an dieser Stelle schon mehrfach „gewürdigt“, ebenso wie sein Nicht-Kümmern um das elementarste Flugproblem Europas: Single European Sky. Aber jetzt hat Ramsauer wieder mal mit einer epochalen Entscheidung von sich reden gemacht.

Aber zuvor müssen wir Sie, liebe Leserinnen und Leser der Bissigen Bemerkungen, sicherheitshalber darauf aufmerksam machen, dass heute nicht der 1. April ist. Denn als Aprilscherz, hätte die Entscheidung von Ramsauer alle Chancen einen Top-Platz zu belegen. Aber wir befinden uns kurz vor Jahresende. Vielleicht wollte Ramsauer so kurz vor Schluss nochmals mit einem richtigen Paukenschlag in die Presse gelangen. Kommen wir also zur Sache.

Das Bundesverkehrsministerium hatte einen Wettbewerb zum Thema „Erfolgskonzepte in der kommunalen Straßenerhaltung“ ausgerufen. Ziel des Wettbewerbs war es, innovative und beispielhafte Ideen und Lösungen zu finden, mit denen bereits heute Kommunen in Deutschland den Verfall ihrer Straßen bekämpfen. Neben vier anderen Städten wurde auch die Stadt Ratzeburg ausgezeichnet. Und jetzt raten Sie mal für welche Innovation?
Die Stadt Ratzeburg wurde ausgezeichnet für Ihr Konzept „Lesungen auf Straßenbaustellen“. Zitat Ramsauer anlässlich der Preisverleihung, die er natürlich persönlich vornahm: „Ich freue mich, dass die Kommunen neue Ideen zum Straßenerhalt entwickeln und erproben.“

Leider wurde nicht überliefert, worin nun die Genialität der Ratzeburger Idee besteht. Übertragen die Ratzeburger ihre Lesungen mit überdimensionalen Lautsprechern, damit es den wartenden Autofahrern kurzweiliger vorkommt? Nein, das muss schon mehr sein, schließlich geht es um das Thema „Straßenerhalt“.
Na klar, ganz einfach, man muss nur darauf kommen. Die Ratzeburger lesen ihre Straßenprobleme einfach weg. Kann doch sein, man „bespricht“ ja auch Warzen, damit sie verschwinden. Einmal „hokus pocus fidipus“ gesagt und flugs ist der Straßenschaden verschwunden. Sicherlich wird aus dem Buch von Elias Piluland gelesen (1634 erschienen), in dem der Begriff des hokus pocus erstmals auftauchte. Der deutsche Titel lautete übrigens „Hokus Pocus oder Taschen-Spieler“. Nicht, dass da jemand persönlich gemeint sein sollte. Laut wikipedia (ausnahmsweise mal zitiert) steht „Hokuspokus“ auch für „großes Getue um nicht erkennbare Taten“.
Liebe Leserinnen und Leser, falls Sie diese Woche Probleme im Arbeitsalltag haben, starten Sie die Problemlösung doch auch einmal mit einer kleinen Lesung (vielleicht aus dem Buch von Guttenberg „Vorerst gescheitert“, natürlich mit Betonung auf “vorerst”).

Fast zur gleichen Zeit mit der Preisverleihung wurde der Etat 2012 von Peter Ramsauer im Bundestag verabschiedet. Stolz verkündete der Minister: „Verlässlich hohe Investitionen in die Bereiche Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bedeuten mehr als Asphalt und Beton. Sie sichern Wachstum und Wohlstand in unserem Land“. Und in der Tat steht mehrjährig jetzt eine Milliarde zusätzliche Investitionsmittel zur Verfügung. Die Freude darüber legt sich allerdings etwas, wenn man sich die Mittelzuteilung ansieht: 600 Millionen mehr gehen in den Straßenbau (wie viel davon in Lesungen?) und nur 100 Millionen mehr entfallen auf die Schiene. Ökologische Orientierung sieht jedenfalls anders aus.

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