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Sie simulieren weiter, statt zu handeln

Ein Jahr ist seit dem Vulkanausbruch des Eyjafjallajökull vergangen. Der Flugverkehr ruhte, weil vermeintliche Experten eine hohe Aschekonzentration in den Wolken festgestellt hatten. Oder besser gesagt, sie hatten es durch eine Simulation festgestellt, also nicht tatsächlich. Jene, die diese Vorgehensweise bemängelten, wurden heftig „abgewatscht“. Sie erinnern sich sicherlich noch an das so unglaublich schlaue Politiker-Zitat: „Nur e i n toter Mallorca-Fluggast ist schon zuviel“. Wobei schon damals offen blieb, wie das praktisch passieren soll, mit dem „einen“ toten Mallorca-Fluggast.
Die BBBs hatten gegen die Vorgehensweise heftig gelästert (siehe BBBs vom 26.4.2010 „Vulkanasche – die Schweinegrippe der Luftfahrt“). Und mit dem Schweinegrippe-Vergleich (sie erinnern sich noch an den gigantischen Gesundheitsalarm, der genau solange anhielt, bis die Pharma-Industrie ihre Impfprodukte verkauft hatte) lagen die Bissigen Bemerkungen nicht falsch. Ganz kleinlaut, und in der Öffentlichkeit kaum hörbar, „flüsterte“ jetzt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, dass aus heutiger Sicht „an keinem Tag im April 2010 ein Flugverbot notwendig gewesen sei“. Bravo, gut gemacht.

Jetzt denkt der naive potenzielle Fluggast, dass die für die damalige Luftraumsperrung Verantwortlichen in der Zwischenzeit alles Mögliche unternommen hätten, um auf einen künftigen Vulkanausbruch besser vorbereitet zu sein. Weit gefehlt!. Was machen diese weltfremden Träumer? Sie simulierten jetzt zum Jahrestag einen neuerlichen Vulkanausbruch. „Unheimlich wichtiges“ Ergebnis: Es wird künftig drei verschiedene Flugzonen geben, mit wenig Aschekonzentration, mit mittlerer Aschekonzentration und mit sehr starker Aschekonzentration. Positive Konsequenz daraus wäre, so die EU-Experten, dass jetzt nicht mehr der komplette Luftraum gesperrt werden müsste.
Bevor Sie, liebe BBB-Leser, jetzt versehentlich in Beifall ausbrechen, muss man leider auf folgendes hinweisen. Es fehlen immer noch verbindliche Grenzwerte, ab wann nun Fliegen gefährlich sein könnte. Und wenn diese nicht vorliegen, dann bleibt der Wert von drei verschiedenen Flugraumzonen auch nur reine Theorie. Aber da haben die EU-Verantwortlichen nicht mit der „Tatkraft“ unseres Verkehrsministers Peter Ramsauer gerechnet. Der beschimpfte die EU, dass es immer noch keine europaweite Regelung geben würde. Brav, Herr Minister. Aber sind Sie schon mal auf die Idee gekommen, dass dann eben Deutschland einen konkreten Vorschlag für diese europaweite einheitliche Regelung vorlegen könnte?
Zitieren wir doch zuletzt den verantwortlichen EU-Verkehrskommissar Siim Kallas (zitiert nach travel tribune): Er glaube nicht mehr an einheitliche EU-Werte in den kommenden Jahren. Man beachte den Plural!

Nur schwer zu verstehen ist, dass die Fluggesellschaften dabei so ruhig bleiben und den Verantwortlichen nicht mehr Feuer unter dem Allerwertesten machen, denn sie müssen den wirtschaftlichen Schaden am stärksten ausbaden.
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Das Reiseradio (www.reiseradio.org) berichtet diese Woche, dass von der steigenden Zahl ausländischen Gäste in Deutschland, die östlichen Bundesländer nur unterproportional profitieren. Warum? Außerdem gibt es einen Bericht über den mittelständigen Reiseveranstalter Ameropa, der demnächst 60 Jahre alt wird und sich immer wieder aufs Neue gegen die „Großen“ behaupten muss.
In den akustischen Bissigen Bemerkungen geht es vor allem um das „weltbewegende“ Thema „wie viel Liegestühle muss ein Hotel haben“. Zusätzlich wird noch über den Dauerbrenner „Sicherheit im Luftverkehr“ gelästert und zwar in verschiedenen Variationen.

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Kennen Sie Bárdarbunga?

Nein? Hoffentlich bleibt es auch dabei. Aber bitte nicht verwechseln mit Bunga-Bunga. Letzteres ist eine ziemlich heiße Angelegenheit. Ersteres ist nicht ganz so heiß, weil in Island zu Hause, kann aber noch sehr heiß werden. Sie ahnen Fürchterliches? Richtig.
Der Bárdabunga ist ein isländischer Vulkan, und leider nicht irgendeiner. Mit 2.000 m Höhe ist er der zweitgrößte Berg Islands und fast 400 m höher als der Eyjafjallajökull.
An diesen Zorn Gottes erinnern wir uns doch alle noch.

Wenn nicht, wollen wir hier den „großen Zusammenhang“ nochmals darstellen. Spätestens Im März letzten Jahres waren die Kenntnisse über Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche Allgemeingut und die Kirchenfürsten baten um „Asche auf unser Haupt“. Und weil gerade ein Festtag anstand, am 16.4. hat bekanntlich der Papst Geburtstag, erhörte Gott die Gebete und schickte Asche. Und zwar nicht wenig. Er ließ den Eyjafjallajökull spucken, dass es eine wahre Pracht war. Und die Wolken zogen quer über Europa. Eigentlich war das ganze ja nur als Ereignis für die Katholische Kirche gedacht. Aber oh weh, Gott hatte leider nicht auf den irdischen Kalender geachtet, denn dummerweise war am 17.4. und 18.4. Wochenende.

Was bedeutet diese schlichte Feststellung „Wochenende“? Dass nach der Aufregung, die ein paar sog. Computer-“Experten” mit der später nie bewiesenen Behauptung „zuviel Asche in der Wolke“ verursacht hatten, die amtlichen Stellen den Flugverkehr sperrten und sich in das Wochenende verabschiedeten. Wir wollen das Ganze nicht weiter ausführen, sondern für die Zukunft, bevor der Bárdabunga ausbrechen sollte, auf folgendes aufmerksam machen:
1. Liebes Deutsches Luft- und Raumfahrtzentrum sorgt bitte dafür, dass das entsprechende Forschungsflugzeug immer einsatzbereit ist. Eine evtl. notwendige Aufrüstung kann auch am Wochenende erfolgen.
2. Lieber Deutscher Wetterdienst denkt bitte daran, wenn man 6 Lasermessgeräte besitzt, dann muss man nicht gleichzeitig fünf Geräte in Wartung geben. So etwas kann man auch nach und nach machen.
3. Lieber Herr Ramsauer, auch wenn ein Bayer nichts lieber macht als am Wochenende durch das zugegeben schöne bayrische Land zu spazieren und nichtssagende Reden zu halten. Zur Not kann man als hochstehender Staats-„Diener“ auch am Wochenende mal arbeiten.

Abgesehen vom obigen Thema, warum betonen die Bissigen Bemerkungen ausgerechnet jetzt das Wochenende-Thema so stark?
Liebe Leserinnen und Leser, erinnern Sie sich noch als vor kurzem die Sicherheitsstufe in unserem Land hochgefahren wurde? Grundlage war ein Informant, aus dem Dunstkreis von Al-Qaida, der vor möglichen Anschlägen gewarnt hatte. Die Spur zu diesem Mann ging inzwischen verloren. Warum? Schlauerweise wollte dieser Mensch ausgerechnet am Wochenende ein Flugticket kaufen. Dem Mitarbeiter einer Fluggesellschaft, der an diesem Wochenende arbeitete, kam der Mann verdächtig vor und er fragte vor Ort bei der Deutschen Botschaft nach, ob der Reisepass echt sei. Aber am Wochenende war kein Diplomat erreichbar. Ergebnis: Seit dieser Zeit ist der Informant verschwunden.

Also lieber Bunga-Bunga, äh lieber Bárdarbunga, wenn schon Ausbruch, dann bitte nicht am Wochenende.

Inzwischen haben die Isländer die Meldung über den Bárðarbunga, so heißt er auf isländisch, dementiert. Die Informationen der Geologen seien ein Missverständnis. Hoffentlich weiß das der Bárdarbunga auch!

Nachträge:
Letzte Woche waren die Bissigen Bemerkungen etwas ungeduldig. Wir hatten eine sofortige Korrektur des Auswärtigen Amtes zur Reisewarnung Rotes Meer gefordert. Am Montagnachmittag war es dann soweit. Die Touristenzentren am Roten Meer dürfen wieder angeflogen werden. Endlich!

Außerdem hatten die Bissigen Bemerkungen in der ihnen eigenen Bescheidenheit um ein Geburtstagsgeschenk gebeten. Ihr Tempo, liebe Leserinnen und Leser, haben die BBBs fast beschämt. Schon Mittwochnacht waren die 1.000 „Fans“ (Gefällt mir) auf der Fanseite der Bissigen Bemerkungen überschritten. Und dabei ist noch mehr als eine Woche Zeit bis zum Geburtstag. Auf jeden Fall hat das wieder kräftig für ein weiteres Jahr BBB motiviert. Danke!

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Im Reiseradio (www.reiseradio.org) werden die unterschiedlichen Konzepte der Touristik-PR von Frankreich und Neuseeland gegenübergestellt. In den akustischen Bissigen Bemerkungen wird auf ein Beispiel fraktionsübergreifender „Dummheit“ (Entschuldigung, aber manchmal muss es deutlich sein) hingewiesen. Des weiteren geht es um Abenteuerreisen und den eventuellen Einsatz von dressierten Mäusen bei der Fahndung am Flughafen. Vielleicht erleben wir demnächst sogar die schielende „Heidi“ im Einsatz.

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Die Mitarbeiter in den Servicecentern schuften sich kaputt, aber in den Amtsstuben liegt Asche auf den Schreibtischen

Leider kam schon in 2008 Unangenehmes aus Island. Der Zusammenbruch der drei größten isländischen Banken Kaupthing, Landsbanki und Glitnir stürzte das internationale Finanzwesen in zusätzlichen Trouble. Der Schuldenberg dieser drei Banken betrug das Zehnfache der isländischen Wirtschaftsleistung.
Jetzt brachte die Aschewolke des isländischen Vulkans mit dem unaussprechlichen Namen Eyjafjallajökull europaweit den Luftverkehr zum Erliegen.
Aber über den Gag der letzten Tage „erst verbrennen sie unser Geld, dann schicken sie uns frecherweise auch noch die Asche zurück“ kann man inzwischen nicht mehr lachen. Zu ernst ist die wirtschaftliche Situation für Fluggesellschaften, Reiseveranstalter, sogar für die gesamte Wirtschaft geworden.

Jetzt würde man naiverweise denken, alle bemühten sich mit äußersten Anstrengungen um Problemlösung bzw. Problemminderung. Weit gefehlt. Während die Mitarbeiter der ServiceCenter von Fluggesellschaften und Reiseveranstalter das ganze Wochenende bis fast zum Umfallen einen tollen Job für Ihre Gesellschaften und ihre Kunden machten, wofür man nur ein ganz großes Kompliment aussprechen kann (gleiches gilt für die Operationszentralen, Flughafenstationen, Presseabteilungen, Reisebüros und die Mitarbeiter in den Zielgebieten und von anderen Transportgesellschaften), war in verschiedenen Amtstuben für Vulkanasche kein Platz mehr, weil da ohnehin schon der Mehltau von Jahrzehnten die Schreibtische überdeckt. Man versteckt sich hinter einer britischen Computersimulation ohne eigene originäre Messdaten zu erheben. Gründe hierfür:
1. Das Forschungsflugzeug des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums ist bislang nicht einsatzbereit, da die entsprechenden Messgeräte erst eingebaut werden müssen. Dafür braucht das Zentrum mehrere Tage!! Gestartet werden soll nun am Montag, wahrscheinlich mit Beginn der regulären Arbeitszeit..
2. Von den sechs Lasermessgeräten des deutschen Wetterdienstes ist zur Zeit nur eines in München einsatzbereit, fünf andere Geräte befinden sich gleichzeitig in Wartung. Dies ist kein Scherz, sondern bittere Wahrheit.

Die Luftfahrtgesellschaften haben auf dieses behördliche Nichtstun selbst reagiert. Lufthansa berichtet von insgesamt 10 Überführungsflügen in unterschiedlichen Flughöhen ohne jegliche Probleme. Teilweise wurden an den Triebwerken vor dem Start neue Metallteile angebracht um schon geringste Aschebestandteile feststellen zu können. Alles ohne jeden Befund.
Auch die zweitgrößte Fluggesellschaft Air Berlin hat entsprechende Erfahrungen mit gleichem negativem Ergebnis gesammelt. Auf einem der Flüge war sogar Air Berlin-Chef Achim Hunold persönlich an Bord um das Engagement der Airline und die Zuverlässigkeit in besonderer Weise zu demonstrieren.
Auch KLM, AUA und andere Airlines haben Flüge durchgeführt, mit exakt dem gleichen Ergebnis.
Ebenso flog Niki Lauda, ein anerkannter Luftfahrtexperte, am Sonntag demonstrativ selbst. Im Interview danach verwies er auf den von offizieller Seite zitierten Vorfall in Indonesien, der über 20 Jahre zurück liege. Die Triebwerke von damals seien aber mit der heutigen Generation nicht vergleichbar. Mit den Triebwerksherstellern habe aber keine Luftfahrtbehörde gesprochen.
Dies alles interessiert die Entscheidungsträger offensichtlich nicht.

Am unerträglichsten war bisher das Interview mit Verkehrsminister Ramsauer nach der sonntäglichen Tagesschau. Die Arroganz dieses Menschen war schlicht zum Kotzen. Entschuldigung für diesen Ausdruck, alles andere wäre eine Verniedlichung des Erlebten. Auf den Vorhalt des Pressedirektors der Lufthansa an Ramsauer, warum das Ministerium bislang keine eigenen Messdaten erhoben habe, reagierte Ramsauer mit einer unglaublichen Polemik. Er warf Lufthansa vor, dass dort Profitstreben vor Sicherheit ginge und im Übrigen sei er gewohnt nur mit Lufthansa-Chef Mayrhuber zu sprechen.
Angesichts der unmittelbaren Gefahr nicht nur für die Luftfahrt- und Tourismusunternehmen, sondern für die gesamt Wirtschaft, hätte man sich zudem auch ein Engagement von Wirtschaftsminister Brüderle gewünscht. Pech gehabt, auch abgetaucht, wie zumeist.

Deshalb wollen die Bissigen Bemerkungen an dieser Stelle auch mal so richtig polemisch werden: Ein Land das sich einen Verkehrsminister wie Ramsauer und einen Wirtschaftsminister wie Brüderle glaubt leisten zu können (man könnte getrost noch die Bundesbildungsministerin hinzufügen), braucht eigentlich keine Naturkatastrophen mehr.

Den letzten Gag leistete sich am Sonntagabend die deutsche Flugsicherung, die für einige Flughäfen für wenige Stunden den Luftraum öffnete (wahrscheinlich als kleines Goodie unter dem medialen Druck der Fluggesellschaften). Abenteuerlich aber die offizielle Begründung „es habe sich ein Schlupfloch in der Asche-Wolke aufgetan“. Wie sie das festgestellt hat, wird wohl auch ein Geheimnis der Behörde bleiben.

Zum Abschluss und Aufmunterung für die leidgeprüften Mitarbeiter in der Touristik noch zwei kleine Geschichten:
Ein Freund von mir, der eine Reise bei Neckermann gebucht hatte (solche Freunde habe ich auch), rief mich fassungslos am Samstagnachmittag an. Sein Reisebüro in Mönchengladbach (ein sog. unabhängiges Reisebüro, d.h. keiner Kooperation oder Kette angehörend) habe ihm auf seinen Umbuchungswunsch die Auskunft gegeben, das könne er nur am Flughafen direkt machen und er müsse dort mit Gepäck erscheinen um seine Reiseabsicht zu demonstrieren. Echt kein Scherz! Und Frank Elstner bzw. Guido Cantz standen auch nicht als Erklärung zur Verfügung. Mein Freund rief dann direkt beim Neckermann ServiceCenter an. Nach minutelanger Wartezeit (absolut angemessen für diesen Tag), bestätigte man ihm, dass das Reisebüro in der Tat um 11.00 Uhr angerufen hätte, aber den Inhalt des Gespräches konnte man nicht bestätigen. Natürlich wurde mein Freund sofort telefonisch wie gewünscht auf einen späteren Termin umgebucht.

Und noch den zweiten Schmunzler in diesen harten Zeiten. Am Flughafen Köln/Bonn waren alle Geschäfte geschlossen, bis auf zwei: ein Lebensmittelmarkt und ein Sex-Shop hatten geöffnet. Damit konnten wenigstens die letzten Grundbedürfnisse der verhinderten Touristen gestillt werden.

Und eines konnte man auch noch machen. Am Samstag den Halbmarathon rund um den Airport Hannover laufen. Und hier die Erfolgsmeldung: ich habe meinen ersten Halbmarathon mit Erfolg und in der anvisierten Zeit absolviert. Ich hatte ja bis zuletzt mit einer Absage gerechnet, „wegen zuviel Asche auf der Laufstrecke“. Aber das einzige was meine Schuhe aufwirbelten, war ganz ordinärer Straßenstaub.

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