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Soviel Aufregung war noch nie….

Was musste die Tourismusbranche schon alles an geringer Wertschätzung durch die Politik ertragen. Sie schafft Arbeitsplätze wie kaum eine andere Branche, aber Automobil-, Pharma- und Bankenbranche sind die großen Superbranchen für die sich die Regierung ins Zeug legt. Die Spitzenvertreter dieser Branche wenden sich mit ihren Wünschen direkt an die Bundeskanzlerin, ohne Umwege. Die von „Angela“ vor ein paar Jahren ausgerichtete Geburtstagsparty für Banker Josef Ackermann und die Bilder von dem ins Kanzleramt mehrfach pro Jahr eingehenden VW-Boss Winterkorn (und heute auch andere) hat fast jeder noch in Erinnerung. Entsprechend hat Frau Merkel auch immer direkt persönlich interveniert wenn von der EU Ungemach drohte. Zum Dank haben diese Branchen ihre Kunden betrogen nach Strich und Faden. Reaktionen von der Regierungsspitze? „Du, Du, Du und leicht erhobener Finger“, das war es dann auch schon.

Die Tourismusbranche ist dagegen das Aschenputtel unter den Wirtschaftsbranchen. Und ich behaupte mal, da ist sie auch selbst schuld. Während auf den Jahrestagungen der Industrieverbände knallharte Forderungen gestellt werden und die anwesenden Spitzenpolitiker richtig „Saures“ bekommen, freuen sich die Verbandsvertreter der Touristikbranche wenn sie jemanden kennen der jemand kennt. Und die Branche ist immer im „wir schaffen das –Sonnenscheinmodus“. Mir ist noch im Ohr, wie ein Minister, der sich wahrlich nicht mit touristischem Ruhm bekleckert hat, nach seinem Vortrag mit dem Satz „Der Minister hat immer ein offenes Ohr für unsere Branche“ verabschiedet wurde. Wobei leider die notwendige Feststellung fehlte, dass er sogar zwei Ohren hatte, in eines gingen die Wünsche rein und im anderen sofort wieder raus.

Und jetzt kommt die ultimative Demütigung für die Touristikbranche. Ein AfD-Mann übernimmt den Vorsitz im Tourismusausschuss. Logischerweise ist der Aufschrei jetzt groß. Um es auch aus meiner Sicht unmissverständlich zu sagen, AfD und Tourismus, passt schon auf den ersten Blick, wie Klitschkos Faust auf das Selbstverständnis aller in der Branche Beschäftigten.

Die AfD hat nun noch „einen draufgesetzt“ in dem sie als Ausschussvorsitzenden ausgerechnet jemand vorgeschlagen hat (Sebastian Münzenmaier) der gerade zu einer sechsmonatigen Haftstrafe auf Bewährung (noch nicht rechtskräftig!) wegen Beihilfe zur Körperverletzung bei einem Hooligan-Überfall verurteilt wurde. Erste Auslandsreise als Vorsitzender zum Ballermann nach Mallorca?

Bemängelt wurde auch, dass Münzenberger in einer Stellungnahme nur den Tourismus nach Deutschland in den Vordergrund gestellt hat. Bissig wie ich nun mal bin, darf ich dezent an frühere Ausschussvorsitzende wie Klaus Brähmig und Ernst Hinsken erinnern, da stand fast noch eingeengter nur der Tourismus im eigenen Bundesland im Vordergrund.

Aber, liebe Tourismuskolleginnen und –kollegen, arbeitet Euch nicht allein an der AfD ab, wie berechtigt auch immer. Die gravierenden Probleme sind und waren die EU-Pauschalreiserichtlinien, die haben SPD und CDU entweder versehentlich oder sogar absichtlich verpennt.  Oder vielleicht sogar noch gravierender der abenteuerliche steuerliche Ansatz der „gewerbesteuerlichen Hinzurechnung“. Die passt noch weniger zum Tourismus wie eine verkorkste Ausschussverteilung. Und was mich wahnsinnig ärgert: Wer kam denn auf die Idee, dies  so verniedlichend „Urlaubssteuer“ zu nennen. Dies ist keine „Urlaubssteuer“ weil hier kein Urlaub besteuert wird, sondern eine vollkommen abstruse Auslegung von Gesetzestext. Mit solch verfehlten Bezeichnungen werden echte Probleme nur verharmlost. Sprache ist so gefährlich im Guten wie im Schlechten. Aber auch bei diesem Thema wirft sich keine der etablierten Parteien ins Getümmel. Auf ein höchstrichterliches Urteil zu warten ist der absolut falsche Weg.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, schaut Euch besonders den Entwurf der Koalitionsvereinbarung an, dann werden wir sehen ob Tourismus der kommenden Regierung wichtig ist oder auch die nächsten vier Jahre nur Aschenputtel bleibt. Ich erinnere nur noch einmal beispielhaft an die Verhandlungen vor vier Jahren. Da war die Änderung der Luftverkehrssteuer im Entwurf verankert und wie durch ein (Schäuble?) Wunder, war sie in der Endfassung verschwunden.

Also sehr aufmerksam wach bleiben.

 

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