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Der Event zur falschen Zeit am falschen Ort

Wie poliere ich das Image meiner Stadt? Ein großer Event könnte da vielleicht helfen. Der Ehrgeiz der Städte ist in dieser Hinsicht riesengroß und nicht immer wird vorher nachgedacht. Heiligendamm wird als Negativ-Beispiel ewig in Erinnerung bleiben (siehe BBBs vom 19.11.2006 „Ein G8-Gipfel als Tourismuswerbung?“ und vom 4.6.2007 „Oh heiliges Damm“).

Jetzt spielt Düsseldorf schon in der höchsten Liga (wenn man mal vom Fußball absieht, doch dazu später mehr). Welches Teufelchen hat Düsseldorf geritten jetzt unbedingt den Eurovision Song Contest in die Stadt holen zu wollen. Die „Marke Düsseldorf“ steht für ganz andere Dinge und wird durch den Song Contest auch nicht wesentlich zusätzlich aufgeladen werden Bösartige meinen Düsseldorf wollte auch ein Dreigestirn haben. Na gut, Lena Meyer-Landrut, Stefan Raab und Dirk Elbers, sind die nicht noch attraktiver als das Kölner Dreigestirn? Ach, Sie kennen Dirk Elbers nicht? Wenn Sie außerhalb von Düsseldorf wohnen ist das keine Bildungslücke, er ist „nur“ der Düsseldorfer OB. Wie viele Politiker denkt er schon über „sein Denkmal“ nach. Da kam der Song Contest gerade recht. Und entsprechend hat er diese Sache schnell und brutal durchgezogen. Ob da alle mitgekommen sind darf nicht hinterfragt werden. Verboten. Auf jeden Fall waren viele Zusagen deutlich früher unterschrieben, als es der „Rest“ der Stadt, auch Stadtrat genannt, erfahren hat.

Es scheint ja auch einfach zu sein. Die erfahrene Messestadt Düsseldorf hat viele Hotelbetten, hat ein neues, sehr großes Stadion das Erstligaansprüchen genügt, im Unterschied zu der darin spielenden Fortuna (2. Bundesliga). Kurzum Düsseldorf kann zweifelsohne Großereignisse stemmen. Die Kapazitäten für den Song Contest müssen allerdings nicht nur für den 14. Mai, sondern schon drei Wochen vorher bereitgestellt werden.

Und da hat vielleicht der gute OB nicht genügend nachgedacht. Denn vom 12. bis 18. Mai findet in Düsseldorf die Messe Interpack statt. Mit mehr als 2. 500 Ausstellern füllt sie fast schon alleine die Düsseldorfer Hotelbetten. Dass diese im 3-Jahres-Rhythmus stattfindende Messe wieder in 2011 an der Reihe ist, wussten die Aussteller und die Hotels schon bevor Lena in Oslo gewann. Deshalb sind für diesen Zeitraum in Düsseldorf die Hotelpreise hoch, sehr hoch und das schon lange. Und was an Betten noch übrig war, haben sich die offiziellen Teilnehmerdelegationen sofort unter den Nagel gerissen. Keine Chance für das Volk. Na gut, das eine oder andere Bett kann man noch unter der Hand bekommen, der Marktpreis liegt zur Zeit beim Fünffachen und drüber.

Aber da gibt es noch etwas. Das schöne Esprit-Stadion, der Name sagt schon was in Düsseldorf normalerweise Trumpf ist, steht ja nicht nur so herum, sondern da spielt üblicherweise Fortuna Düsseldorf drinnen. Und die haben bekanntlich hin und wieder Heimspiele. Aber jetzt dummerweise kein Stadion mehr, denn da wird nun die Bühne für den Contest aufgebaut. Am 8. Mai ist z.B. der vorletzte Spieltag. Da müssen aus Wettbewerbsgründen alle Mannschaften gleichzeitig spielen und man darf aus dem gleichen Grund auch nicht in eine andere Stadt ausweichen. Da hatte der findige OB eine klasse Idee. Früher spielte die Fortuna doch im alten Paul-Janes-Stadion, da können die doch wieder hin. Ja sagte, der DFB, wenn die alte Bude auf neueste Sicherheitsstandards aufgerüstet wird, dann gerne. Also entsteht jetzt mit einem Aufwand, der hoffentlich unter 1 Mio. Euro bleiben wird, ein schönes Wegwerfstadion für höchstens drei Spiele der Fortuna. Sozusagen eine Katar-Mini-Version: Stadion für wenige Spiele bauen und dann wegwerfen. Wenn man es hat (das Geld), bitte sehr. Das wird bestimmt lustig wenn in der kleinen Hütte am 8. Mai die Fortuna ausgerechnet zum Schlagerspiel gegen Alemannia Aachen antritt, am gleichen Tag der Ruhrmarathon in Düsseldorf stattfindet, die Aufbauer für die Interpack anrücken und bereits alle Eurovisionsdelegationen anwesend sind.
Reisender, wenn du in diese Gegend musst, mache einen Bogen um diese Stadt.

Das werden ohnehin viele Menschen machen müssen, die in Düsseldorf kein Zimmer mehr bekommen werden. Ab in das „so geliebte“ Köln. Da wird sich zum ersten Mal Köln so richtig über Düsseldorf freuen, denn dann sprudelt auch die kölsche Bettensteuer.
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Nur zur Klarheit, das ist kein Neid aus Hannover. Das bleibt Provinz, ob mit oder ohne Song Contest. Hannover hat nur wenige Leuchttürme, der Zoo Hannover ist deutschlandweit ein Super-Leuchtturm. Der geniale Zoodirektor, der das geschaffen hat, wird jetzt von seinem AR-Politchef auf üble Weise in die Wüste geschickt. Der ist nämlich sauer und eifersüchtig auf ihn. Man will lieber in Zukunft wieder eine Nummer kleiner spielen. Da hätte der Eurovision Song Contest auch nicht dazu gepasst.

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