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Wer stoppt endlich diesen Schwachsinn?

Man mag unterschiedlicher Meinung sein, ob die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Hotelübernachtungen eine Glanztat der Regierung war oder nicht. Sie ist nun Fakt und offensichtlich hat die weit überwiegende Anzahl der Hoteliers dies genutzt zu Preisreduzierungen und Investitionen. Das Vertrauen auf Rechtsicherheit verbietet, dass nun einzelne Städte diese Maßnahme für mehr Wettbewerbsfähigkeit der Hotels durch die Einführung eigener Zusatzsteuern konterkarieren.
Es ist zudem scheinheilig, wenn einige Kommunalpolitiker sich negativ zu den Protesten zu Stuttgart 21 äußern („politische Entscheidungen müssen akzeptiert werden“), aber gleichzeitig durch die Erhebung dieser Zusatzsteuer genau das gleiche gegenüber der Entscheidung durch den Bundestag tun.

An diesem Wochenende hatte ich (nach meiner ersten Begegnung mit einem Bodyscanner) wieder „ein erstes Mal“ durch die Konfrontation mit der Bettensteuer. Zum Glück traf mich das Schicksal in Dortmund. Denn wie der Hotelangestellte sofort messerscharf erkannte war ich beruflich unterwegs und Geschäftsreisende müssen in Dortmund keine Bettensteuer zahlen. Den Befreiungsantrag legte der Hotelmitarbeiter unaufgefordert dazu, ein prima Kundendienst zumindest vom Hotel. Die Bettensteuer wird übrigens unabhängig von der tatsächlichen Nutzung des Bettes erhoben. Ein Pärchen im Doppelzimmer, das glaubhaft machen könnte nur eines der beiden Betten genutzt zu haben, müsste beispielsweise trotzdem die volle Gebühr entrichten.

In Köln nennt sich die kommunale Wegelagergebühr „Kulturförderabgabe“ und gilt sowohl für Privat- und Geschäftsreisende. Die Verwaltung macht hierbei dem Ruf der Stadt als Karnevalshochburg alle Ehre. Schon die Berechnung ist eine absolute Frechheit. Die Kulturförderabgabe wird auf den Hotelpreis plus Mehrwertsteuer erhoben, das bedeutet in Köln ist auch die Mehrwertsteuer Kulturabgabe pflichtig. Und für die so errechnete Kulturförderabgabe ist wiederum Mehrwertsteuer (7%) aufzuschlagen. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

Großzügigerweise unterstützt die Stadt Köln eine Klage gegen sich selbst hinsichtlich der Zulässigkeit der Kulturförderabgabe. Sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, dass die Abgabe unzulässig ist, kann sich der zu Unrecht geschröpfte Hotelgast die Abgabe erstatten lassen, vorausgesetzt er hat nach Entrichtung der Abgabe einen entsprechenden Antrag auf Erstattung gestellt. Hierzu gibt es einen amtlichen Vordruck der Stadt Köln (!). Hierauf sind schon Gründe von der Stadt vorgegeben, warum man die Steuer für rechtswidrig hält. Zum Beispiel kann man ankreuzen:
— die Ãœbernachtung war geschäftlich veranlasst. Auf geschäftliche Ãœbernachtungen kann rechtlich eine solche Abgabe nicht erhoben werden
oder
— die Ãœbernachtung diente touristischen Zwecken. Urlaubsreisen gehören zum normalen Lebensstandard und können rechtlich nicht als besonderer Aufwand besteuert werden.

Ist Köln jetzt besonders kundenfreundlich oder glaubt die Stadt selbst nícht an die Rechtmäßigkeit ihrer Kulturabgabe? Eines steht schon fest. Die Aktiven des Kölner Karnevals dürften es dieses Jahr schwer haben, den „Humor“ ihrer Stadtverwaltung zu toppen. Noch ein kleines Extra gefällig? Flussschiffe die in Köln anlegen müssen auch Bettensteuer zahlen. Aber das wird sich schnell ändern, denn künftig legt niemand in Köln mehr an (Tolles Geschäft für die Stadt).

Die Stadt München, die sich auch mit dem Thema Bettensteuer befasst hatte, bekam vom der Regierung Oberbayern eine saftige Klatsche. Die Begründung hätte auch die DEHOGA nicht schöner formulieren können:
– die Steuer sei ungerecht, weil Gäste einer Jugendherberge und eines Luxushotels gleichermaßen belastet würden
– auch sei nicht zu rechtfertigen, dass es keinen Unterschied zwischen Touristen und Geschäftsreisenden gäbe
– außerdem stände die Steuer den übergeordneten Interessen den Tourismus zu fördern entgegen.

Gut gebrüllt Ihr Oberbayern!
Angesichts dieser Klarheit in der Begründung ist es umso bedauerlicher, dass als erster Verband „Der Deutsche Tourismusverband (DTV)“, sich auf seiner Tagung nicht mit Entschlossenheit gegen die Steuer gewandt hatte. Die entsprechende Einlassung des DTV-Präsidenten ist nicht nachvollziehbar und man fragt sich welches Teufelchen ihn da wohl geritten hatte.

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Das Reiseradio (www.reiseradio.org) befasst sich diese Woche mit der Stadt Saida in Marokko, dem geheimnisvollen Bhutan und Wellness in Ungarn. In den akustischen bissigen Bemerkungen geht es um die heftigen Sicherheitsüberprüfungen unserer amerikanischen Freunde, die in Deutschland als sexuelle Belästigung strafbar wären. Außerdem um die erfolgreiche Lobbyarbeit der Frachtbranche, die möglichst ohne größere Kontrollen ihre Päckchen schnell versenden will. Notfalls zu „Lasten der Passagiere“.

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Rückspiegel

Gibt es für geschriebene Bissige Bemerkungen auch Fortsetzungen? Klar, aber meistens ist keine Zeit um darüber zu berichten. Die letzte Woche war „ziemlich ruhig“, Zeit um in den Rückspiegel zu schauen.

Verkehrsminister Ramsauer, unermüdlicher Kämpfer für deutsche Bahnhofstoiletten (siehe BBB vom 11.10.2010 Der Gipfel, der eine Grube war) kann sich vor Folgeaufträgen kaum noch retten. Jetzt hat sich auch der Stadtrat von Lichtenfels in einer gemeinsamen Aktion von CSU und SPD an den Minister gewandt. Er möge sich doch bitte um die „zum Himmel stinkende Toilettensituation“ am örtlichen Bahnhof kümmern. Echt schlimm wenn man langsam aber sicher zum Toilettenbeauftragten der Regierung degradiert wird.

Die Bayer AG hat ihre Mitarbeiter per Email aufgefordert bei künftigen Dienstreisen die Stadt Köln möglichst zu meiden und dafür lieber in Düsseldorf zu übernachten. Ausgerechnet Düsseldorf, das ist fast eine Höchststrafe für das Kölner Ego. Grund: Der „Kulturzuschlag“ der Stadt Köln auf die Kölner Hotelbetten (siehe BBB vom 4.10.2010 Deutsche Kultur auf der Hotelrechnung).
Wenn das Schule macht, wird die Kölner Gier ziemlich brutal bestraft und Nachahmer von diesem Unsinn hoffentlich abgehalten.

Die Supermacher des Flughafens Magdeburg-Cochstedt (siehe BBB vom 30.8.2010 Wer möchte einen eigenen Flughafen haben?), haben zwar die versprochenen Flugketten ab Oktober noch nicht realisieren können (Pardon, der Oktober ist ja noch nicht vorbei), aber ihrer Kreativität freien Lauf gelassen. Der Flughafen soll künftig „Airport Magdeburg-Berlin International“ heißen! Dafür kann es nur einen Flugpartner geben: Ryanair, der Experte für stadtnahe Flughäfen.

Ryanair wiederum könnte Probleme am Flughafen Leipzig-Altenburg bekommen. Diesen Flughafen halten die irischen Billigflieger dank entsprechender staatlicher Unterstützung mühsam am Leben. Während der dortige Landrat zuletzt seinen „Airport Made in Germany, der eine mittelfristig gute Geldanlage sein wird“ anpries (siehe BBB vom 14.12.2009 “Weihnachtlicher Wunschzettel“) , hat der Verkehrsminister von Thüringen durch eine Studie feststellen lassen, dass selbst bei einer Verdreifachung der Fluggastzahlen der „Weltairport“ nicht aus den roten Zahlen käme. Eine für Fachleute sicherlich nicht überraschende Erkenntnis.
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Im Reiseradio (www.reiseradio.org) steht diese Woche Marokko im Mittelpunkt. In den akustischen Bissigen Bemerkungen geht es diesmal quer durch die Reisebranche, damit viele etwas “abbekommen”.

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