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Lufthansa will Google spielen

Es scheint immer mehr zur Seuche zu werden: Daten sammeln bis zum Umfallen. Dagegen ist Rinderwahnsinn, Geflügelpest und was es da noch so alles gab und gibt direkt ein Klacks. Eine richtige Unternehmenskrankheit, gegen die es noch keinen Impfstoff gibt. Noch nicht, die Pharmaindustrie wird sich aber bald dieser Marktlücke annehmen.

Wer sammelt da alles? Geheimdienste, die alles wissen wollen, aber (zum Glück oder manchmal auch nicht) unfähig sind das ganze auswerten. Und dann der große Riese Google mit seiner Datenfresssucht. Was haben wir uns in den 50er und 60er-Jahren (zumindest die Älteren von uns) über die Orwellsche Fantasien im Thriller 1984 erschrocken. Das waren ja, gemessen an heute, nur kleine Papiertiger, die uns da Angst gemacht haben.

Wie so oft dauert es in der Industrie etwas länger, bis sie den „Zeitgeist“ aufsaugt. Telekom, Deutsche Bahn, Schlecker und wie die Kameraden alle heißen mögen, haben inzwischen gezeigt, dass sie keinen Respekt vor persönlichen Daten haben. Da dachte sich Lufthansa, was die können, müssten wir doch auch können. Ganz nach dem Motto „dann schaun mer mal“ ob das funktionieren kann.

Der Gedanke ist eigentlich ziemlich einfach und dreist gleichermaßen. Wer bei der Lufthansa künftig Großkundenrabatt will, muss anzeigen, welchen Rabatt er schon bei der Konkurrenz hat, und zwar sehr konkret. Ein verblüffender Gedanke wie man an wertvolle Konkurrenzdaten kommen kann. Aber immerhin löblich, könnte man sagen, dass die Lufthansa diese Konkurrenzdaten nicht „stehlen will“, sie erfragt sie einfach. Genial eigentlich, wenn es nicht zu naiv wäre zu glauben, dass man mit „dieser Nummer durchkommen könnte“.

Man stelle sich vor Air France oder Air Berlin wäre auf diesen Gedanken gekommen. Das hätte einen Aufschrei gegeben. Selbst Bundestagsabgeordnete hätten „Skandal“ gerufen (es bleibt Ihnen liebe Leser überlassen, herauszufinden, welcher Gedankengang hier dahinter steht).

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Im Reiseradio (www.reiseradio.org) wird Erstaunliches berichtet. Mecklenburg-Vorpommern und Bayern veranstalten eine gemeinsame (repeat „gemeinsame“)
Saisonauftakt-Veranstaltung. Wer hätte das gedacht. Und Trend-Themen im Angebot verschiedener Bundesländer sollen künftig immer von einem Bundesland federführend betreut werden. Als erstes übernimmt Mecklenburg-Vorpommern beim Thema Wasserstraßen die Federführung. Vernunft auf dem Vormarsch? Unglaublich!
In den akustischen Bissigen Bemerkungen geht es um Chaos à la Brüssel, die „Revolte“ kleiner Reisebüroinhaber (-innen) und um „Willy“, den späten Weihnachtsmann.

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Haben Sie heute schon einen Aufsichtsrat bespitzelt?

Ein neues Spiel ist anscheinend Mode geworden: Heute bespitzeln wir mal einen unserer Aufsichtsräte. Wäre ja noch schöner, wenn hier jeder herumpalavern dürfte wie er gerade möchte. Ok, Gespräche mit Journalisten sind Sache der PR-Abteilung. Aber angeblich soll es sogar PR-Chefs (Chefinnen) geben, die es schon nervös macht, wenn ein Vorstandsmitglied mit einem Journalisten spricht. Würde mich nicht wundern, wenn sich hier die zweite Welle der Bespitzelung anbahnen würde. Mit wem war letzte Woche mein Vorstand essen? Welche Telefonnummern sind in seinem Handy gespeichert? Und welcher Journalist kennt die private Telefonnummer meines Chefs?

Andererseits, wenn ein Laden wie die Telekom schon mal von Haus aus Telefongeräte verkauft, wird man ja mal kurz hineinhören dürfen, ob diese Dinger auch funktionieren. Pech wenn man dann gerade zufällig in einem Gespräch eines eigenen Aufsichtsrates landet.
Und wenn ein Lufthansa-Aufsichtsrat sich mit einem Journalisten zum Gespräch in einer Lufthansa-Lounge trifft, dann beweist dies doch, dass so ein Typ so wenig Fantasie hat (oder gedanklich so faul ist), dass man ihn eigentlich für Aufsichtsratstätigkeiten ohnehin nicht gebrauchen kann.

Auf jeden Fall gehen Vorwürfe an den einen oder anderen Vorstandsvorsitzenden (in letzter Zeit öfters gelesen) er würde sich seine Aufsichtsräte selbst aussuchen, inhaltlich total ins Leere. Aufsichtsräte die man selbst ausgesucht hat, muss man auch nicht durch Agenten bespitzeln lassen. So kann man Agentenlohn sparen, wo doch alles so teuer geworden ist.

Und da sind wir schon beim letzten Aspekt. Jede Menge Stasi-Spitzel blähen die Arbeitslosenstatistik auf. Nur schwer vermittelbar diese Typen, denn außer spitzeln können die meistens nichts. Plötzlich tut sich da ein völlig neuer Markt auf. Und flugs schon wieder ein paar Prozentchen Arbeitslose weniger. Und wem kommt das zugute, unserer Regierung natürlich, als Imagegewinn.

Komisch, dass die noch keiner bespitzelt hat. Offensichtlich interessiert das kein Schwein, was die geheim besprechen.

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In eigener Sache: Die Bissigen Bemerkungen von letzter Woche zogen drei Stornierungen des Newsletter aus der Schweiz nach sich. Komisch. Dabei hat es ein anderer Schweizer Leser in seinem Brief genau auf den Punkt gebracht: „Schweizer warten erst mal ab, ob eine Emotion sich lohnen wird. Wir haben Zeit und können dann immer noch aufgeregt tun“. Recht hatte er. Denn nach dem 0:1 vom Samstag hätte man sich nur unnötig aufgeregt. Ein rationales Völkchen, diese Eidgenossen.

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