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Overtourismus = nur quantitativ denkende Tourismusmanager gepaart mit Behördeninkompetenz

Von den angekündigten vierteiligen Bissigen Bemerkungen zur aktuellen Politik hier nun Teil 4, speziell zum Thema Overtourismus.

Vor vielen Jahren waren „die Pauschaltouristen“ die bösen Massentouristen, „die Individualtouristen“ dagegen die tollen, die echten Touristen. Pauschaltourist wollte keiner sein. Die Individualtouristen waren die Guten, von den Medien gehypt, von den Tourismuskritikern geliebt. Zu dieser Zeit gab es auch eine elitäre Spezies: Kreuzfahrttouristen. Das waren die ganz edlen Reisenden, die mit viel Geld überall gerne gesehen waren.

Die mir während meiner TUI-Zeit meist gestellte Frage war: „Haben Sie einen Geheimtipp mit nur wenigen Touristen?“ Und mancher Tourist hat seinen Urlaub in einem Massenziel entschuldigt mit, „ich kenne da einen Strand oder Kneipe ohne jeden Touristen, nur Locals.“ Wenngleich das in der Regel geschwindelt war.

Haben sich die Touristen so verändert? Jetzt plötzlich soll es dahin gehen, mit voller Absicht und ohne schlechtes Gewissen, wo alle hingehen? Aus „Place to see, before you die“ wird zumindest für die Städte-Party-Gäste, der Wunsch dort gewesen zu sein, bevor alle anderen dort waren.

Wie die Zeiten sich geändert haben. Overtourismus ist jetzt das Böse. Und nun die Überraschung. Wer sind denn diese bösen städtischen Infrastrukturfresser der Neuzeit? Es sind Individualtouristen und Kreuzfahrttouristen. Ich, der große Verteidiger der Pauschaltouristen, kann mir jedes Mal nur mühsam ein Grinsen verkneifen, wenn die Sprache darauf kommt.

Die gemeinsame Headline für diese Veränderungen lautet: „Zeitgeist“.

Haben früher die Erfahrungen der Touristen den Zeitgeist beeinflusst, ist es jetzt umgekehrt. Der Zeitgeist ist es, der das Verhalten der Touristen beeinflusst.

Dirk Schümer, Europakorrespondent von „Die Welt“ und „Vorzeige-Venezianer“ in jeder Talkshow, beklagt sich, er können morgens auf dem Markt nicht mehr in Ruhe seinen Fisch kaufen, weil immer irgendein Tourist sich mit seiner Kamera vordrängt. Typisches Problem von Overtourismus? Erleben Sanitäter und andere Rettungskräfte das nicht tagtäglich bei ihrem Einsatz, teils sogar unter Lebensgefahr? Selfies über alles. „Da muss man sich schon anstrengen“, wenn das eigene Selfie viral gehen soll.

Zeitgeist „Sharing Economy“ als Nährboden für Airbnb

Die eigene Wohnung oder Teile davon zeitweise an Touristen vermieten, mag noch positiv klingen und scheint win-win für Vermieter und Tourist zu sein. Wenn aber die „eigene Wohnung“ ganzjährig angeboten wird oder plötzlich ganze Wohnhäuser bei Airbnb erscheinen, hat das mit Sharing Economy nichts mehr zu tun. Hier geht es um skrupellose Geschäftemacher, getarnt unter der Überschrift „Live like a local“. Aber nur weil ich in einer Stadt irgendwo local übernachte, habe ich nicht das Lebensgefühl der ganzen Stadt eingeatmet. Und wenn den Behörden der Zustand in diesen Wohnhäusern egal ist, aber gleichzeitig ein zweiter Notausgang für Hotelküchen gefordert wird, dann kann leicht gelästert werden wie vergleichsweise teuer Hotelbetten sind.

Die touristischen Hotspots der Welt sind nun mal begrenzt, das ist die gute und schlechte Nachricht gleichermaßen. Es kann im Übrigen auch anders gehen. Steuerung ist das Schlagwort, aber nicht primär über Geld, sondern quantitativ. Steuerung ist kein Griff in die sozialistische Mottenkiste, sondern notwendige Gegenwehr der Tourismusverantwortlichen.

Kreuzfahrtschiffe fallen nicht vom Himmel in die Häfen, sondern legen dort mit behördlicher Genehmigung an. Diese Genehmigungen kann man begrenzen. Venedig denkt jetzt darüber nach, aber erst nachdem ein Riesenschiff fast auf dem Markusplatz parkte. Dubrovnik steuert jetzt auch, aber nicht mit dem richtigen Ansatz. Nicht die Anzahl der Schiffe muss begrenzt werden, sondern die Anzahl der Schiffspassagiere.

Verkehrslenkung und Besuchersteuerung, gehören zum Instrumentarium der Verantwortlichen von heute. Aber nicht nur Monate im voraus Kontingente festlegen, sondern steuern gepaart mit aktuellen Informationen, die über eine App in real-time bereitgestellt werden können. Wenn das Gedränge auf dem Markusplatz zu beängstigend wird, kann eine alternative Zeitangabe als Hinweis, wann ein besserer Zeitpunkt ist, helfen.

Immer mehr Städte begrenzen die Höchstdauer für Airbnb-Vermietungen oder verlangen Einsicht in die Daten der Vermieter. Missbrauch durch skrupellose Vermieter, die ganze Wohnhäuser anbieten, muss konsequent verfolgt werden. Nicht nur auf dem Papier, sondern notfalls auch unter genügend Einsatz von entsprechender Manpower durch die Behörden. Das größte Problem des Tourismus ist sein Erfolg und leider auch der Missbrauch des Erfolges.

Auch die Anzahl Flughafenslots kann gesteuert werden. Der Erfolg der Billigflieger basierte u.a. auf nicht immer rechtmäßiger Anlockung durch „Marketingunterstützung“ einiger Flughäfen. Amsterdam wäre in seinem Jammern über Overtourismus glaubwürdiger, wenn nicht sdie Anzahl der Flugbewegungen am Flughafen Schipol gleichzeitig von jährlich 500.000 auf 540.000 erhöht worden wäre.

Was nicht funktionieren wird ist die Abschiebung der Touristen in Vororte. Gut gemeint, wird aber nicht machbar. Der Tourist, der das erste Mal in Berlin ist, will das Brandenburger Tor sehen u.ä. und wird sich nicht alternativ mit Prenzlauer Berg zufrieden geben. Wer erstmals in Paris ist, will den Eiffelturm sehen (Selfie!) und in London den Buckingham Palace usw. In die Vororte bringe ich die Touristen nicht mit „da ist es auch schön“, sondern nur, wenn dort neue außergewöhnliche Attraktionen angeboten werden.

Overtourismus darf nicht zum Schimpfwort für den ganzen Tourismus werden. Es betrifft nur einen sehr kleinen Teil und der Mainstream wird ohnehin bald wieder ein neues Thema haben. Aber ungeachtet dessen müssen Tourismusmanager kreativer und Behörden konsequenter werden.

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Der traurige zweite Tod des Germania-Gründers

Es ist so einfach, immer die Vergangenheit zu preisen – gar rückblickend vieles zu verklären. Doch die Insolvenz der Germania zeigt, wie genial Gründer Hinrich Bischoff war. Jede Diskussion zur jüngsten Airline-Pleite endet zwangsläufig bei ihm, der mit der kleinsten deutschen Airline immer wieder aufs Neue die gesamte Luftfahrtwelt aufwirbelte. Dabei war das Handeln für seine Fluggesellschaft immer davon geprägt, ihr trotz aller Schwierigkeiten das Ãœberleben zu garantieren.

Daher bin ich überzeugt: Unter der Führung von Hinrich Bischoff wäre Germania auch angesichts der heutigen schwierigen Gegebenheiten nie pleite gegangen. Er hat immer früher als andere gesehen, wo sich neue Möglichkeiten auftaten – oder er hat selbst gezielt die nötigen Wege geschaffen.

Er perfektionierte das Modell Wet-Lease

Er erkannte wie kein zweiter die Hebel des Geschäfts. Bewundernswert ist seine Kreativität, wenn es darum ging für die Zukunft sowohl für seine erste Firma SAT mit drei Flugzeugen (“Mein kleines SAT.chen”) wie auch für Germania (in der Spitze bis zu 40 Flugzeuge, Reisebüros, Reiseveranstalter, Hotels und mehr) zu kämpfen.

Selbst ernannte Experten meinten schon immer, man könne in der Airline-Branche nur im Leasing-Geschäft mit den Flugzeugen Geld verdienen. Bischoff hat dies perfektioniert; 2005, kurz vor seinem Tod, gab es eine Zeit, da flog kein einziges Flugzeug mehr unter Germania-Code.

Sein wahrscheinlich größter Erfolgsfaktor war aber wohl sein phänomenales Gedächtnis – die reinste Datenbank. Und die Qualität lag nicht nur im Abspeichern von Zahlen und Fakten, sondern vor allem im richtigen Verknüpfen dieser Informationen miteinander – und zwar genau dann, wenn es darauf ankam.

Wer außer ihm konnte schon auf einem kleinen Zettel spontan Ergebniszahlen pro Flug/pro Flugzeug aufschreiben? Nicht überschlägig, sondern präzise und das ohne jedes Hilfsmittel. Er war Generalist und Spezialist gleichermaßen. Deswegen waren Verhandlungen mit ihm so ungemein schwierig.

Der Mensch Hinrich Bischoff

Hinrich Bischoff war nicht nur ein exzellenter Unternehmer, sondern gleichermaßen Kunstliebhaber und auch Kunstexperte. Legendär sind Geschichten wie jene, als er als einziger Experte das echte Bild eines flämischen Meisters erkannte und daraus einen exorbitanten finanziellen Gewinn erzielen konnte.

Mich hat er mal im Auto mitgenommen und beim Einsteigen darauf aufmerksam gemacht, nicht auf die am Boden liegende Einkaufstüte zu treten, weil sich darin ein zehn Millonen Mark teures Gemälde befand.

Ein anderes Luxuslaster von ihm war es, Skat zu spielen – stundenlang, nächtelang. Auch morgens um fünf wusste er noch genau, welche Karten bereits gespielt und welche sich im Spiel befinden müssten. Nachteil: Er wollte immer solange spielen, bis er gewonnen hatte. Als der Wirt einer Berliner Kneipe ihn im Morgengrauen rauswerfen wollte, kaufte er ihm die Kneipe ab.

Besucher-Ausweis 007

Legendär war sein Besucher-Ausweis bei Tui. Er, der wirklich keinen gebraucht hätte, weil ihn jeder kannte, trug den Ausweis wie ein Abzeichen. Natürlich mit der Nummer 007 – speziell reserviert für ihn -, dieser Ausweis wurde nie für irgendjemand sonst ausgegeben. Ausgehandelt hatte er diesen Deal “direkt” mit dem Pförtner der Tui.

Im November 2005 starb Bischoff nach kurzer schwerer Krankheit. Noch auf dem Sterbebett lag ihm die Zukunft “seiner” Germania am Herzen. Völlig überraschend für die gesamte Branche übertrug er in einer Blitzaktion einen Teil der Germania, insbesondere die Fokker-Flotte, an seinen Konkurrenten Achim Hunold. Eine der unglaublichsten Geschichten, die es in unserer Welt bisher gab. Bischoff wusste halt stets, alle zu überraschen.

Bertolt Brecht hat einmal geschrieben: “Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt.”  Bei der Nachricht vom Ende “seiner” Germania hatte ich das Gefühl als wäre Hinrich Bischoff ein zweites Mal gestorben. Aber er bleibt unvergessen.

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Lauda lässt die Maske fallen, and the winner is: Ryanair

Was war das für ein letztes Vierteljahr in der Fliegerei als es um Niki, dem vermeintlichen Filetstück aus der Air Berlin-Pleite ging. Ein Vierteljahr im Wechselbad von Versprechungen und Schwindeleien. Aber der größte Knaller kam zum Schluss. Zum Glück noch vor dem 1. April, sonst hätte man es für einen Aprilscherz gehalten.

Billigflieger Ryanair steigt bei Niki Laudas Airline Lauda Motion ein. Im ersten Schritt kauft die irische Airline 24,9 Prozent und will so schnell wie möglich mit 75 Prozent die Mehrheit übernehmen. Ryanair will für die 75 Prozent circa 50 Millionen Euro zahlen und weitere 50 Millionen Euro für Betriebskosten zur Verfügung stellen. Ein tolles Geschäft für Lauda.

Airline-Händler Niki Lauda

Ich selbst war im Januar noch der Meinung, dass Niki Lauda gar nicht “seine” Airline Niki wieder haben will, weil er nie 50 Millionen Euro eigenes Geld für den Wiedergewinn von Niki zahlen würde. Aber was er jetzt gemacht hat, ist natürlich finanziell noch wesentlich ausgekochter.

Kaufe eine Airline und verkaufe sie gleich wieder, noch bevor sie richtig fliegt und mache einen Riesenreibach. Lauda bekommt spätestens wenn der 75-Prozent-Deal durch ist, sein Geld wieder und hat immer noch 25 Prozent. Für diese 25 Prozent wird er später noch mal einen Batzen Geld kassieren. Lauda als Ösi-Wöhrl.

Und von diesem Geld fließt nichts in die Insolvenzmasse, sondern alles in die Tasche von Lauda. Lauda “ich habe noch nie eine Airline im Stich gelassen”, aber zumindest immer teuer verkauft. Mit dem ratenweisen Verkauf von Niki an Air Berlin verlief es ähnlich.

Versprechen gebrochen

Lauda Motion als Full-Service-Airline, Catering vom Edelanbieter Do & Co, 1000 Verträge für Niki-Mitarbeiter, fast alle vollmundigen Zusagen wurden im Laufe von Tagen wieder einkassiert. Lauda will doch auf Leiharbeit zurückgreifen, Leiharbeitsfirmen wurden hierfür gegründet. Natürlich soll das Kabinenpersonal statt Putztrupps die Flugzeuge reinigen.

Lauda im echten Trump-Speech: “Da wir wachsen wollen und müssen, will ich noch attraktivere Arbeitsplätze bieten als andere.” Er will einen Vorschlag machen, der schon zum 1. April umgesetzt werden könnte. Toll, wenn der 1. April nicht der 1. April wäre.

Lauda ist eben Lauda und bleibt Lauda. Auch das ist Kontinuität.

Ich glaube nicht, dass Niki Lauda als Strohmann für Ryanair tätig war. Er hat auf eigene Rechnung gepokert und war sich sicher, am Ende des Tages die besten Karten zu haben. Am Mittwoch war ein Bild bei airliners.de zu sehen, Michael (O’Leary) küsst Niki (Lauda). Es hätte auch umgekehrt sein können. Zwei kongeniale Partner haben sich gefunden.

Lauda will auch unabhängig von Ryanair weiter für Lufthansa fliegen. Muss man jetzt selbst das Undenkbare denken? Lufthansa und Ryanair in Absprache. Küsst O’Leary demnächst Spohr?

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Dieser Text erschien auch am 29.3.2018 als “Born-Ansage” in airliners.de

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Das Trojanische Pferd im Trojanischen Pferd

Die Geschichte vom Trojanischen Pferd ist schnell erzählt. Als das griechische Heer die Stadt Troja nicht einnehmen konnte, zog es sich (scheinbar) zurück und ließ nur ein überdimensionales Holzpferd (angeblich als Besänftigungsgeschenk für die Götter) vor den Stadttoren zurück. Obwohl Kassandra gewarnt hatte (wer hört schon auf Kassandra) zogen die Trojaner das Pferd triumphierend in die Stadt. Als nachts die Trojaner volltrunken in ihren Häusern lagen, kamen griechische Soldaten aus dem Holzpferd gekrochen. Der Rest ist bekannt, es war das Ende von Troja.

Die Bissigen Bemerkungen hatten vor einiger Zeit eine Parallele zwischen dieser Geschichte aus der griechischen Mythologie und der Übernahme englischer Veranstalter durch deutsche Veranstalter gezogen (siehe BBB vom 8.1.2007 „Endlich aufgedeckt: Die Geschichte vom Trojanischen Pferd beim Kauf britischer Touristik-Firmen“). Bissige Pointe in dieser BBB: „Die Briten haben sich gerne von den Deutschen aufkaufen lassen, um dann langsam aber sicher ihre Landsleute an die Führung dieser Gesellschaften zu bringen“. Eine neue Methode von „Merger & Aquisition“: Die indirekte Übernahme anderer Firmen ohne Aufwendung eigener Geldmittel durch die List des „Trojanischen Pferdes“.

Während es für das griechische Drama logischerweise keine Fortsetzung geben kann, sieht dies im Falle unserer Parallelgeschichte, zumindest was TUI betrifft, etwas anders aus. Hier gibt es schon eine überraschende Ergänzung. Unabhängig vom Kauf der Briten durch TUI haben die Briten selbst (teils vorher, teils nachher) skandinavische Gesellschaften aufgekauft. Und jetzt beginnt gerade das „Trojanische Spiel“ erneut zu funktionieren. Schwedische Manager sind auf dem Sprung bei der englischen Mutter die Führung zu übernehmen (Johann Lundgren ist bereits hauptamtlicher Stellvertreter bei TUI Travel) und was noch sensationeller ist, sie übernehmen auch die touristische Führung (durch den Schweden Christian Clemens) in Deutschland, dem eigentlichen Auslöser der „trojanischen Geschichte“.
Also noch mal in Kurzform weil es so unglaublich ist.
Ebene 1: Der deutsche Veranstalter kauft den britischen Veranstalter, aber britische Manager übernehmen die (touristische) Führung: Ebene 2 darunter: Der britische Veranstalter kauft schwedischen Veranstalter und ein schwedischer Manager ist auf dem Sprung beim britischen Veranstalter die Führung zu übernehmen und gleichzeitig auch auf der 1. Ebene die Führung des deutschen Veranstalters.

Alter Schwede, das ist ein echter Hammer! Soweit hatten in 2007 noch nicht einmal die BBBs gedacht. Obwohl, wenn man sich den Schlusssatz der damaligen Bissigen Bemerkungen nochmals durchliest, war da auch schon ein großer Schuss Weitsicht enthalten. Denn dort hieß es über die „Trojanische Übernahme“ (Januar 2007):
„Kompliment an die Insulaner! Aktion voll gelungen. Aber jetzt habt ihr auch alles an der Backe. Jetzt schaut mal, wie ihr da wieder herauskommt.“

Zumindest diese Prognose war ein Volltreffer.

Wer übrigens recht wenig Interesse an griechischer Mythologie hat, sondern sich mehr zukunftsorientiert für Science Fiction interessiert, dem sei in diesem Zusammenhang der SF-Klassiker „Welt am Draht“ (einer meiner Lieblings-SF), von Daniel F. Galouye, empfohlen. Hier machen Manager, die glauben die Fäden einer selbst geschaffenen virtuellen Welt in den Händen zu haben, plötzlich die erschreckende Entdeckung, dass sie selbst Teil einer anderen, einer um eine Hierarchiestufe höheren Welt sind, in der andere die Fäden in der Hand halten (und sie selbst nur Abhängige in diesem System sind). Sehr lesenswert, eine Art Trojanisches Pferd auf Neu.
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Zum Schluss wollen wir jetzt ausnahmsweise mal kräftig loben.
Nachwuchs zu finden ist heute schon schwierig und wird noch schwieriger werden. Die meisten Imagefilme, die um Nachwuchs werben, sind in der Regel peinlich oder sehr peinlich. Der aktuelle Imagefilm zum Beruf der Tourismuskaufleute (früher Reiseverkehrskaufleute) ist nicht nur gut, sondern sogar sehr gut.
Endlich mal ein Werbefílm bei dem alles stimmt:
– das Thema kommt unkompliziert (natürlich) rüber,
– inhaltlich sehr präzise,
– die Filmlänge stimmt und
– das ganze wird von drei „normalen“ sympathischen Darstellern präsentiert.

Kompliment! Das musste mal gesagt werden. Siehe: http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=VMW4DbQKBV4

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Mehr Qualität bei den Tourismusanbietern gefordert

Thomas Cook-Deutschlandchef Peter Fankhauser hat bei seiner Programmvorstellung angeprangert, dass in der Touristik jeder mitspielen darf ohne Qualitätsnachweis. Wenn er damit eine grundsätzliche Qualitätsdebatte lostreten wollte, kann man nur sagen: Gut gebrüllt Löwe, leider ein paar Jahre zu spät.
Die Großveranstalter haben in den letzten Jahren fast tatenlos zugesehen, wie Preisvergleichssysteme immer mehr den Verkauf bestimmten. Wenn man bösartig sein wollte (was die BBBs ja nie sind) könnte man auch sagen, einige Branchenparasiten ohne eigenen Content, bestimmten immer mehr die Spielregeln. Einige der Traditionalisten passten sich derart an, dass sie eigentlich elementare Teile aus dem Paket herausnahmen, um im Preisranking nach vorne zu kommen. Das waren die eigentlichen Vorläufer der X-Angebote.

Wenn man Branchenführer ist (und damit meine ich zumindest alle drei Großveranstalter), dann muss man auch die Branche führen. Das wurde in den letzten Jahren vernachlässigt. Nur der kurzfristige Blick auf das eigene Ergebnis zählte. Branchenführer zu sein ist ja nicht nur ein Ausdruck von Größe. Sonst würde es „Branchengrößter“ heißen. Aber „Branchenführer“ zu sein, bedeutet die Branche auch strategisch zu führen und Missentwicklungen möglichst gleich im Keime zu ersticken. So tummelten sich aber links und rechts neben den Etablierten immer mehr Hinz und Kunz, deren einzige Leistung darin bestand, technisch fixer zu sein als die Großen und lachten sich über deren tatenloses Zuschauen fast tot. Aber nur im Preiskampf kann man gegen die Newcomer nicht bestehen. Eigentlich hat man da sogar die geringsten Chancen. Und gerade die Thomas Cook-Hauptmarke Neckermann befeuerte über viele Jahre das Thema Preis in besonderem Maße.
So versäumten jene, die Zugriff auf die meisten Hotels und fast komplett Zugriff auf das Flugprogramm haben, hier die Tür zuzumachen, zumindest nur noch einen kleinen Spalt offen zu lassen.

In Folge der X-Veranstalter sind dann zusätzlich fast unanständige Stornierungsregeln ins Spiel gekommen. Dieser Zeitpunkt wäre die letzte Chance gewesen noch dagegen zu halten. Vertan! Die Bissigen Bemerkungen haben sich ihren Frust über die X-Veranstalter in den BBBs vom 6.12.2010 „Als der liebe Gott auf die Reisebürobranche sauer war – (k)eine Weihnachtsgeschichte“ von der Seele geschrieben.

Schön, dass jetzt auch andere wach werden (obwohl selbst Täter).
Lieber später als nie? Leider nein, jetzt heißt es: „Wer zu spät reagiert, den bestraft das (touristische) Leben“.

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Nachlese:
In den BBBs der letzten Woche behaupteten wir im „Service Champion 2011“ würde der beste Autohersteller (Audi) erst auf Platz 24 liegen. Dies ist leider falsch. Wir hatten übersehen, dass auf Platz 5 Seat (nach drei Tourismusanbietern) und auf Platz 13 Mazda liegt. Das ändert allerdings nichts an der grundsätzlichen Feststellung, dass die Touristik in diesem Vergleich als beste Branche abgeschnitten hat. Umso unverständlicher, dass es ihr nicht gelingt diese „Kraft auf die Straße“ bzw. „als Empfehlung an die Kunden“ zu bringen. Dann wäre die aktuelle Diskussion, siehe oben, hinfällig.

Zum Thema Schlecker (siehe ebenfalls BBBs von letzter Woche) erhielten wir eine Zuschrift, die uns richtig schmunzeln ließ. Ein BBB-Leser zitierte aus seinem Brief an Schlecker. Dort hieß es u.a. „Alle Schlecker-Filialen in meiner unmittelbaren Umgebung haben in den letzten Monaten dichtgemacht. Dies spricht für den hohen Bildungsstand meiner Wohnregion.“

Und noch eine Nachlese zu den BBBs vom 24.10.2011 „Die Grenzen von Crowdsourcing“. Dort hatten wir darauf aufmerksam gemacht, dass die fleißigsten Schreiber in Facebook nicht gleichzeitig die besten Kunden sein müssen. Hierzu gibt es jetzt einen interessanten Beitrag In Harvard Business manager vom 31.10.2011 (also gerade eine Woche später) mit dem Titel „Die Grenzen von Online-Feedback“. Hier wird genau auf das gleiche Problem aufmerksam gemacht. Die BBBs haben in der Zwischenzeit auch von Firmen gehört, die erschrocken waren, als sie ihre Power-Facebook-Freunde persönlich kennen lernten. Diese waren mit ihren echten Power-Kunden in keiner Weise identisch.

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Service Champions 2011

Diese Woche gab es gleich zwei Themen die sich zum „Beißen“ empfohlen haben.
Zuerst natürlich „Deutschlands größtes Service-Ranking 2011“, sozusagen ein Thema zur Kernkompetenz der Bissigen Bemerkungen.
Aber zum Super-Biss verleitet der neue Slogan für die Schlecker Drogerie-Märkte und die kommunikative Reaktion des Unternehmens auf die öffentliche Kritik. Dies ist zwar kein touristisches Thema, aber die Perfektion von Schlecker, wie man Schlimmes immer noch Schlimmer machen kann (frei nach dem Motto: Nichts im Leben ist unnütz, notfalls kann es immer noch als schlechtes Beispiel dienen), passt so schön als Gegenbeispiel zum Thema Champions im Umgang mit Kunden.

Kommen wir zuerst zu den Champions.
Hinter einer breit angelegten Kundenbefragung (durchgeführt von der Goethe-Universität Frankfurt) zum „erlebten Kundenservice“ stehen insgesamt fast 1 Million Kundenurteile zu über 1.000 Unternehmen und 100 Branchen (zitiert nach DIE WELT).

Der bissige Blick geht natürlich sofort zu den touristischen Unternehmen. Aber hier gibt es erfreulicherweise wenig zu beißen, denn die Touristik ist topp platziert.
Unter den ersten Fünfzehn (von 1.000) finden wir drei Hotelketten (Kempinski auf Platz 1, Steigenberger Platz 9 und Travel Charme Hotel Platz 11), zwei Kreuzfahrtunternehmen (Celebrity Cruises Platz 4, AIDA-Cruises Platz 14) und einen Reiseveranstalter (TUI Platz 3). Sechsmal Touristik auf den ersten fünfzehn Plätzen, das ist sensationell. Gratulation. Zum Vergleich, der bestplatzierte Autohersteller (Audi) findet sich erst auf Platz 24. Das zeigt, dass die Touristik-Branche in ihrer Hinwendung zum Kunden weit besser ist, als sie in den Medien zumeist gescholten wird.

Unter den ersten Hundert (wohlgemerkt von 1.000 platzierten Unternehmen) findet man noch aus der Touristik (als zweitbesten Veranstalter) Bucher-Reisen auf Platz 43 (Mutter Thomas Cook steht erst auf Platz 119). Außerdem noch unter den besten Hundert: Lufthansa, TUI Cruises, Robinson Club, Phoenix-Reisen, Alltours, Singapore Airlines, NH-Hotels, Lindner Hotels, Carnival Cruise Lines, Air Berlin und United Airlines. Erstaunlicherweise auch die Platzierung der Nord-Ostsse-Bahn auf Platz 87, trotz Dauerstreik der Bediensteten!!! Wenn man jetzt noch zwei gut platzierte Erlebnisparks und zwei Zoologische Gärten zur Touristik hinzuzählt, dann ist die Branche mit 22 Nennungen unter den ersten Hundert, die erfolgreichste Branche.

Wie man es nicht machen sollte, zeigt gerade die australische Fluggesellschaft Qantas. Sie hat im Kampf mit den Gewerkschaften einen drastischen oder besser gesagt absolut unmöglichen Beschluss gefasst: Sie stellte am Samstag ohne jede Vorwarnung für ihre Kunden und mit sofortiger Wirkung den gesamten Flugbetrieb ein. 108 Flugzeuge strandeten in 22 Ländern, mehr als 1300 Passagiere, die innerhalb von 24 Stunden bei Qantas einchecken wollten, blieben auf der Strecke. Service Champion wird diese Airline nie!

Was beim Ranking der Champions noch auffallend ist:
 Die Krankenkasse der Bahn ist deutlich besser platziert als die Bahn selbst (offensichtlich ist der Service für die kranken Mitarbeiter besser als für die Kunden)
 Der 1. FC Kaiserslautern ist besser platziert als Bayern München und Borussia Dortmund (Merke: Verlieren kann mit besserem Service verbunden sein als Gewinnen)
 Der bestplatzierte Lebensmittel-Discounter LIDL liegt auf Platz 966!! (wir können nur billig, sonst nichts).

Vergeblich sucht man in dieser Liste den Drogeriemarkt Schlecker, was nicht weiter verwunderlich ist. Schlecker glänzte vor kurzem mit seinem neuen Slogan „For You. Vor Ort“ in einer sprachlichen Schlichtheit, die wohl kaum noch unterboten werden kann. Was bei der Vielzahl nichts sagender Slogans in diesem Land auch eine Leistung bedeutet. Auf die öffentliche Kritik reagierte der Schlecker Unternehmenssprecher Florian Baum mit dem „bemerkenswerten“ Satz: “Das Motto sollte die durchschnittlichen Schlecker-Kunden, die niederen bis mittleren Bildungsniveaus zuzuordnen sind, ansprechen”. Das ist eine glatte Note Eins im Wettbewerb: Wie beleidige ich meine Kunden!

Aber dem tollen Unternehmenssprecher Herrn Baum gelang sogar noch eine Steigerung. Auf den folgenden öffentlichen Proteststurm reagierte er mit: “Und selbstverständlich freuen wir uns, wenn sich 95 Prozent der Deutschen von unserem neuen Motto FOR YOU. VOR ORT. angesprochen fühlen“. Sauber. Nach seiner Logik sind also 95% der Deutschen dem niedrigen und mittlerem Bildungsniveau a la Schlecker zuzuordnen.
Dazu gab es einen herrlichen Kommentar in WELT online:
„Wenn man weder vor seinen Mitarbeitern, noch vor seinen Kunden Respekt hat, sollte man einfach den Laden zumachen. Schlecker ist die FDP im Einzelhandel. Nur noch peinlich.“

Schöner hätten das auch die BBBs nicht formulieren können.

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Aus für die Körperscanner, na endlich

Die BBBs sind nie müde geworden darüber zu lästern, die Körperscanner helfen nicht beim Sicherheitscheck. Ja, zu früh gefreut, liebe Körperscanner-Hersteller (siehe BBB vom 4.1.2010 „2010 – ein Jubeljahr für die Nacktscanner-Fetischisten“), es ist „aus und vorbei“ mit dem ganz großen Geschäft. „Zu hohe Störanfälligkeit“ lautet die offizielle Begründung. Selbst kleine Kleidungsfalten brachten die Geräte zum Piepsen (siehe auch BBB vom 19.9.2010 „Mein erstes mal ….mit einem Bodyscanner“).
Beim Testlauf am Hamburger Flughafen (übrigens auf ausdrücklichen Wunsch des damaligen Innenministers de Maizière) wurden sogar benutzte Papiertaschentücher und Schweißflecken zum nachhaltigen Störfaktor.
Die BBBs hatten schon bei der obligatorischen Saisoneröffnung des Travel Industry Club in Frankfurt am 11.1.2011 auf das offizielle Werbefoto von de Maizière hingewiesen. Der Minister hatte beim „Schaulaufen“ große Schweißflecken unter seinem rechten Arm. Was sagt uns das? Er stand offensichtlich nur zu Show am Scanner oder bei seinem Durchlauf war der Scanner nicht in Echtbetrieb, sonst hätte es damals schon ein großes „Piepsen“ geben müssen.

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Im Reiseradio (www.reiseradio.org) findet man diese Woche u.a. ein Interview mit Dr. Völker Böttcher, über die aktuelle Situation bei TUI Deutschland und mit Berlins Kulturstaatssekretär Schmitz über Kultur als Umsatzbringer.
Zum Thema Reiseradio noch eine persönliche Anmerkung. Auf der ITB 2010 war das eine spontane Idee, das neu geschaffene Reiseradio könnte doch zum jeweiligen Schluss noch einige akustische Bissige Bemerkungen präsentieren. Keine Sekunde hatte ich damals daran gedacht, dass daraus mehr als 70 folgende Sendungen werden könnten. Und das zusätzlich zu den klassischen Bissigen Bemerkungen.
Auf Dauer ist beides für mich am Sonntagabend nicht zu schaffen. Deshalb muss ich leider die Bissigen Bemerkungen im Reiseradio aufgeben. Schade eigentlich!
Wenn Sie liebe Leserinnen und –leser der BBBs aber in Zukunft trotzdem noch über das Radioprogramm informiert bleiben wollen, dann empfehle ich die wöchentliche Mail des Radios (siehe website) zu abonnieren.

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Ich bin dann mal weg…

Mit seiner Abschiedserklärung, mitten in einer Pressekonferenz, fast nach Art von Hape Kerkeling, ohne vorherige Info an seine Mitarbeiter, hatte sich Hunold schon für einen etwas „ungewöhnlichen“, vielleicht sogar unnötig „unschönen“ Abgang entschieden.
Wie auch immer, es wird heftig darüber diskutiert, was der größere Schocker am Donnerstagmorgen war, der plötzliche (und zumindest zu diesem Zeitpunkt unerwartete) Rücktritt von Achim Hunold oder die Nachfolge durch den Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn. Beide hatten zuletzt nicht den besten Ruf in der Presse. So urteilte Spiegel online (treffend?) „Rambo I geht, Rambo II kommt“. Sicherlich nicht ahnend, dass beide Manager das nicht als Beleidigung, sondern eher als Kompliment auffassen würden. So entgegnete der ebenfalls höchst umstrittene Ex-EnBW-Chef (und Ex-Hannover 96 Präsident) Utz Claasen mal auf diesen Vorwurf „Lieber Rambo als Bambi“.

Zutreffender war da eher die weitere Formulierung bei Spiegel online „der Visionär geht, der Sanierer kommt“. So wie der „Vordenker“ zumeist noch einen „Nachdenker“ braucht, folgt dem Visionär in der Regel der Sanierer (Helmut Schmidt lässt grüßen).
Und bei Hunold kam, wie es kommen musste. Zuerst gleichermaßen von allen hochgelobt und jetzt gleichermaßen von allen niedergeschrieben. Wobei ich da an einen „Klassiker“ eines guten Hunold-Freundes denken muss: „Über Achim wird viel gesagt….., aber es stimmt auch viel“. Nur BILD stimmte nochmals eine Lobeshymne an. Wobei diese in Teilen eher peinlich (bis sehr peinlich) war. Dann doch lieber Rambo sein….

Aber eine Hunold Erkenntnis in diesem Interview sollte erwähnt werden. Auf die Frage, was er (Hunold) hätte rückblickend anders machen sollen, antwortete er: „Ich hätte noch stärker gegen die unsägliche wettbewerbsverzerrende Luftverkehrssteuer ankämpfen müssen“. Die BBBs haben nie verstanden wie schwach die Airlines hier reagiert haben (siehe BBB vom 6.9.2010 „Wenn Unvermögen zur Routine wird“, ebenso u.a. BBBs vom 14.6.2010, 19.7.2010 und 13.9.2010).
Aber, auch wenn es Hunold nicht gerne hört, die meisten Experten sind sich einig, dass der Kauf der LTU einer der entscheidenden Knackpunkt auf dem Weg zu schlechten Ergebnissen war. Es ist fast ein Treppenwitz in der Lebensgeschichte von Hunold, dass der wahrscheinlich emotionale Höhepunkt seines Wirtschaftslebens (siehe BBB vom 2.4.2007 „Achim Hunold: I had a dream“), der Kauf jener Firma die ihn Jahre vorher gefeuert hatte, gleichzeitig der Wendepunkt auf der Erfolgsleiter war. Der Kauf der LTU war zu teuer und fraß zuviel Energie und personelle Ressourcen, so die allgemeine Fachmeinung.

In den eben angeführten BBBs vom 2.4.2007 lästerten die BBBs auch über den LTU-Verkäufer Wöhrl, dessen unglaubliche Qualität darin besteht, „vermeintlich sanierte“ Gesellschaften zu einem hohen Preis zu verkaufen. Die BBBs „verliehen“ ihm damals den Titel: „GröFaz“: Größter Fluggesellschaften-Verkäufer aller Zeiten!
Ausgerechnet dieser Wöhrl, den man deshalb vielleicht nicht zu Unrecht als einer der „Sargnägel“ von Hunold bezeichnen könnte, entblödet sich jetzt nicht in der Abendzeitung Nürnberg zu verkünden: „Ich habe noch keinen Anruf bekommen, aber ich traue mir zu, Air Berlin innerhalb eines Jahres zu sanieren“.
Spätestens an dieser Stelle beginnt man Hartmut Mehdorn zu lieben.

Das hat Hunold wahrscheinlich unterschätzt, wie heftig die Presse und die öffentliche Meinung in vielen Foren über seinen Nachfolger Mehdorn herziehen würde. Wobei die meisten sog. Gags in der Umwandlung von Bahnsprüchen in Air Berlin-Sprüchen bestand, die nicht unbedingt auf einer IQ-Skala zu heftigen Ausschlägen nach oben geführt haben.
Man sollte es einfach leidenschaftslos feststellen, zur Umsetzung des angedachten Sparprogramms (und vielleicht noch etwas mehr) braucht es einen Sanierer der bedingungslos und mit Schärfe an die Sache herangeht. Dafür ist Mehdorn zweifellos der richtige Mann. Und die ihm (mit Recht) angekreideten Fehler, er hätte viel zu viel Energie und (Geld) in den Börsengang der Bahn gesteckt und den Datenskandal verharmlost, werden ihm bei Air Berlin nicht im Wege stehen. Air Berlin ist schon an der Börse und die Mitarbeiter von Air Berlin sind es gewohnt, dass ihr Chef alles wissen will. Und zwar alles.

Aber in den fast 100 Presseberichten die ich über den oben beschriebenen Wechsel gelesen habe, ist ein großer Verlierer nirgends erwähnt worden. Es ist eine kleine sizilianische Firma, namens Averna. Sie wird in den nächsten Monaten einen deutlichen Umsatzeinbruch erleben. Die Kenner der Materie wissen warum.

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Es ist immer schwierig, eine Kolumne zu schreiben, wenn langjährige Weggefährten betroffen sind. Aber ganz kneifen, ist auch nicht BBB Art. Aber beides, Bissige Bemerkungen hier und akustische Bissige Bemerkungen im Reiseradio, wäre dann doch zu viel gewesen. Deshalb gibt es diese Woche nur das ganze normale Reiseradio ohne bissige Bemerkungen. Zumal diese Woche auch das Thema Entlassungen bei TUI noch angestanden hätte und das ist auch kein einfaches (vielleicht nächste Woche mal).

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Sex sells

Ausgerechnet Qantas möchte man sagen. Die australische Airline Qantas bietet ihren Kunden einen neuen Höhepunkt im Bordprogramm. Wobei „Höhepunkt“ durchaus wörtlich genommen werden darf. Die Fluggesellschaft erteilt jetzt an Bord ihren Passagieren eine ausführliche 45-minütige Orgasmus-Lektion. Es sei das beliebteste Programm unter den Passagieren, meinte ein Qantas-Sprecher zu dem 45-minütigen Film.

Ungefähr genauso lange brauchten letztes Jahr die Piloten einer Qantas, um eine A380 nach einem Start in Singapur wieder zurück zum Boden zu bringen. „Es habe so viele Warnmeldungen der Computer an Bord gegeben, dass es das elektronische System nicht mehr bewältigen konnte“, hieß es im damaligen Bericht. Exakt 50 Minuten (also gerade mal Orgasmus-Filmlänge) waren die Piloten mit dem Abarbeiten der Warnmeldungen beschäftigt. Letztlich schafften es die Qantas-Piloten, „eine Großraummaschine mit Übergewicht, einem brennenden Triebwerk, Löchern im Flügel, zerstörten elektronischen Systemen und einem Leck in den Treibstoffsystemen“ sicher zu landen. Diese Piloten haben ihr „Höhepunkt-Erlebnis“ wohl schon hinter sich.
Dabei muss man wissen, dass es schon zwei Monate vorher eine Qantas-Notlandung gab, als ein Teil des Motors einer B747 der Qantas abriss und den äußeren Teil des Triebwerksgehäuses beschädigte.

Ob da das Orgasmus-Filmchen reicht um den Ruf der Airline aufzupolieren? Vielleicht sind die Passagiere vom Film so „gefesselt“, dass sie nicht „aufgeregt“ auf irgendwelchen Geräuschunregelmäßigkeiten achten. Wobei Sex und Angst für manchen Fluggast auch eine interessante Verbindung sein kann.

Nur ganz nebenbei erwähnt. 15 Minuten aus dem Film sind auch bei YouTube eingestellt. Die interessierten BBB-Leserinnen und –Leser müssen nur ein bisschen suchen.
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Diese Woche ist auch das Reiseradio (ww.reiseradio.org) wieder in Aktion. Interviews gibt es u.a. mit Markus Orth, Chef von L`tur, einer der wenigen Bundesbürger, der sich über das schlechte Wetter jeden Tag aus Neue freut und mit Steffen Böhnke, der für TUI auf der Fernstrecke durchstarten will. Und für alle vom Regen abgenervten Zeitgenossen ist auch ein Bericht über das sonnige Tessin dabei.
In den akustischen Bissigen Bemerkungen wird der Anstieg der Deutschland-Urlauber „kommentiert“, ebenso die „Liebe“ von Frau Fankhauser, dass sich ihr Mann im Urlaub nur eine Stunde mit dem Elend von Thomas Cook beschäftigen „muss“. Und natürlich muss auch gelästert werden über die Sensationsmeldung aus der Türkei: Frauen essen am AI-Buffet weniger, deshalb sollen sie jetzt 10% Preisnachlass bekommen.

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Der „kleine Biss“ für zwischendurch

Auch für die BBBs wird es Zeit mal etwas Neues anzubieten. Zwar konnte vor wenigen Wochen der 4.000. Abonnent für den Newsletter registriert werden und die direkten Zugriffe auf die BBBs steigen kontinuierlich, aber auch „Gutes“ sollte man hin- und wieder verbessern. Deshalb wird es ab 1. Juli als Neuigkeit den „kleinen Biss für zwischendurch“ geben. „Gebissen“ werden hier „kleine Köstlichkeiten“, die zu klein sind, für eine wöchentliche BBB-Geschichte, aber zu schade sind, um „vergessen zu werden“. Sie erscheinen dann in unregelmäßigen Abständen auf der BBB-Homepage (ohne Newsletter dazu) und automatisch auf der Facebook-Seite der Bissigen Bemerkungen. Damit kann es zu mehr Interaktionen zwischen den Bissigen Bemerkungen und den Leserinnen und Lesern der BBBs kommen.

Beispiel: TUI hat den Börsengang für die Hapag Lloyd Reederei abgesagt. Das gleiche hat auch der Unterwäschenhersteller Schiesser getan. Während die TUI dafür gelobt wurde, lautete die Überschrift für Schiesser in der Börsenzeitung: „Schiesser hat die Hosen voll“.
Das Produkt macht den Unterschied.

Oder: REWE-Chef Caparros, verkündete auf der Bilanzvorstellung der REWE: „Bisher haben wir in der Touristik die Aktivitäten meist nur verwaltet, jetzt wollen wir den zweiten Gang einlegen“.
Schön, wenn der oberste Chef einem so öffentlich eine auf die Rübe haut.

Oder: Längere Öffnungszeiten für viele griechische Sehenswürdigkeiten. Ab sofort bleibt die Akropolis ganzjährig von 8.00 bis 19.00 Uhr geöffnet.
Da wird sich Frau Merkel aber freuen, dass jetzt die Griechen länger arbeiten (siehe ihr Forderung dazu vom 18. Mai d.J „Griechen sollen länger arbeiten“).
In der Pressemitteilung der Griechen stand auch: „damit kann auch der Sonnenuntergang in dieser Sehenswürdigkeit genossen werden“.
Aber mit dem Sonnenuntergang wird es trotzdem nichts werden, im Juni geht meines Wissens die Sonne über Athen erst fast eine Stunde später unter.

Oder: Der unliebsame TUI-Großaktionär Frederiksen steht vor einer Anklage in den USA. Drei seiner Firmen sollen durch unlautere Öl-Geschäfte einen illegalen Gewinn von mehr als 50 Mill. Dollar erzielt haben.
Ob er mit diesem Geld zusätzliche TUI-Aktien kaufen wollte?

Oder: Fast hätte dies keinen Widerhall in den Bissigen Bemerkungen gefunden. Der BBB Ex-Feind Middelhoff ist vor dem Landgericht Essen verurteilt worden. Begründung für die Verurteilung: „Er habe sich vorsätzlich sittenwidrig verhalten“ und wegen dieser „sittenwidrigen Schädigung“ wurde er zu Schadenersatz verurteilt.
Die Größenordnung des Schadens hat zwar noch nicht „Frederiksen-Format“, aber noch ist nicht aller Tage Abend.

Unabhängig von diesem „kleinen Biss zwischendurch“ bleibt der montägliche „große Biss“, inklusive Email-Versand, bestehen wie gehabt.
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Im Reiseradio (www.reiseradio.org) empfiehlt DEHOGA-Chef Fischer „Schmuddelrestaurants“ zu schließen, statt mangelnde Sauberkeit mit „Ampeln“ zu kennzeichnen. Außerdem wird berichtet, wie TUI beim Thema Nachhaltigkeit noch offensiver werden will und wie im Engadin ein ganzes Dorf zu einem Hotel werden will (oder auch nicht). In den akustischen Bissigen Bemerkungen geht es um die Online-Innovationstage, die Outgoing-Lizenz der TUI für China und ein paar Kleinigkeiten mehr.

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