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Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben

Jetzt endlich, könnte man sagen, fangen die Fluggesellschaften (inklusive Lufthansa) und Flughäfen (inklusive Fraport) an über ihren Verband (Luftfahrtverband BDL) massiv Druck gegen die Luftverkehrssteuer zu machen. Aber einen Monat bevor die Bundesregierung diese Steuer „überprüfen“ will, kommt diese Aktion vielleicht zu spät. Oder präziser gesagt: Sie kommt zu spät! Warum eigentlich?

Die Bissigen Bemerkungen haben mehrfach gegen die Luftverkehrssteuer, die keinerlei ökologische Steuerungsfunktion hat, sondern nur der Raffgier des Finanzministers dient, und ihre negativen Auswirkungen auf eine ganze Branche gewettert. Aber die großen Player Fraport und Lufthansa blieben immer erstaunlich gelassen. In den BBBs vom 2.8.2010 („Managers Mathekünste – heute mit Fraport-Chef Schulte“) zitierten wir aus einem Interview von Fraport-Chef Stefan Schulte mit der Süddeutschen Zeitung. Dort meinte er, diese neue Steuer „sei im Grundsatz akzeptabel“ und das ganze Gerede von Abwanderung ins Ausland stark übertrieben.
Und er führte aus, dass bei bestimmten Bedingungen Fraport damit leben könne (dies waren alles Bedingungen, durch die andere Flughäfen härter betroffen waren als Fraport). Resümee der BBBs damals: „Sich aus egoistischen Fraport-Gründen da etwas mit Mathe-Tricks schön zu rechnen ist nicht nur unredlich der Umwelt gegenüber, sondern auch unkollegial der restlichen Branche gegenüber“.

Ähnlich war die Situation bei Lufthansa. In den Bissigen Bemerkungen vom 13.9.2010 („Wenn Unvermögen zur Routine wird“) wunderten wir uns noch, warum sich die Airlines, gemessen an dem Unsinn noch so ruhig verhalten würden. Zitat: „Eigentlich müsste Lufthansa-Chef Mayrhuber schon längst im Finanzministerium den Schreibtisch von Schäuble umgeworfen haben und sicherheitshalber auch noch den Schreibtisch von Ramsauer und Brüderle dazu.“
Aber eine Woche später, am 13.10.2010 („Geheimabkommen zwischen Lufthansa und Bundesregierung?“) wurden die BBBs schon konkreter. Da wurde aus einem internen LH-Papier zitiert, „dass die Luftverkehrssteuer nach jetziger Ausprägung, LH mit 1,4% vom Umsatz belaste, aber Air Berlin mit 4,25% vom Umsatz belasten würde.“

Könnte eventuell sein, dass bei Lufthansa (und Fraport) am Anfang die stärkere finanzielle Belastung der Konkurrenz zu einem „relaxten“ Denken über die Steuer geführt hatte und erst jetzt, nach dem das Wasser „Oberkante Unterlippe“ steht, die eigentliche Auswirkung auf die eigene Kasse zu dem massiven Protest führt?

Zuletzt dürfen wir noch auf die Bissigen Bemerkungen vom 14.6.2010 („Wenn der schärfste Gegner einer Branche Bundesregierung heißt“) verweisen. Dort wurde Verkehrsminister Ramsauer mit einem Kommentar über die Luftverkehrssteuer erwähnt: Er war der Meinung, „diese Mehrkosten für die Flugpassagiere sind sowohl für Urlaubs- als auch für Geschäftsreisen vertretbar“. Jetzt, nach dem das Desaster offensichtlich ist, hat er eingestanden „dass der deutsche Luftverkehr mit einem Giftcocktail staatlicher Maßnahmen leben müsse. Er fordere eine offene Prüfung der Steuer“.

Wie das alles ausgehen wird, weiß jeder. Herr Ramsauer wird sich gegenüber Herrn Schäuble nicht durchsetzen können. Denn das Finanzministerium hat schon mit eigener Logik geglänzt. Man könne kein Problem erkennen. Die Mehrbelastung aus der Ticketsteuer sei schließlich geringer, als die Mehrbelastung aus den gestiegenen Treibstoffkosten. So eine Logik kann nur aus einer schlecht gelüfteten Beamtenstube kommen.
Da kann der Luftverkehr froh sein, wenn es nicht noch einen Schlag drauf gibt. Andererseits, wenn man solange braucht um massiv zu protestieren, hat man es auch nicht besser verdient.

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