Wie schützenswert ist das Bachneunauge am Flughafen Münster-Osnabrück?
Auf einem Branchentreff beglückte Air Berlin-Chef Achim Hunold die Anwesenden nicht nur mit seinem neuen Flugallianz-Partner Niki Lauda, sondern auch mit profunden Kenntnissen über das Bachneunauge und dessen Kostenwirksamkeit hinsichtlich des Flughafens Münster-Osnabrück. Die Anwesenheit dieses zoologisch nicht einfach zu definierenden Wesens verteuert den Startbahnausbau des Flughafens um rd. 10 Millionen Euro.
Eigene Recherchen der Bissigen Bemerkungen haben ergeben, dass dem Bachneunauge dadurch Sonderrechte zugebilligt werden, die konträr zu den Zielen der Agenda 2010 stehen. Aber richtig beneidenswert ist dieses Urvieh trotzdem nicht.
In der Nähe des Flughafens Münster-Osnabrück fließt der Eltingmühlenbach, ein noch relativ ursprüngliches Fließgewässer. Dort lebt das Bachneunauge (auch Bachneuenauge genannt, lat. lampetra planeri), ein ziemlich eigenartiges aalähnliches Tier von höchstens 15 Zentimeter Größe, das gesetzlich zu den Fischen zählt, aber zoologisch systematisch den “Rundmäulern” zugeordnet wird. Wie viel von diesen Tierchen hier ihr Dasein fristen, ist unklar. Umweltschützer schätzen, dass zwischen null (!) bis zwei Prozent vom nordrhein-westfälischen Bestand dieses Fabelwesens ausgerechnet in diesem Bach am Rande des Airports beheimatet sind.
Für den Flughafen hat das die Konsequenz, dass der Bach, in dem sich das (evtl. nur virtuelle) Tier aufhält, bei der Verlängerung der Start- und Landebahn auf einer Länge von 400 Meter “ökologisch überbrückt” werden muss.
Das heißt nichts anderes, als dass Lichteinlassfenster in die Runway eingebaut werden müssen, die so stabil sind, dass sie auch Flugzeuge aushalten können. Und das kostet mal eben schlappe 10 Millionen Euro. Auf den ersten Blick erscheint das auch angemessen, denn logischerweise hat ein Wesen mit neun Augen einen deutlich höheren Lichtbedarf als unsereiner mit nur zwei Augen.
Bei den Recherchen zu dieser Geschichte sind die BBBs allerdings auf allerhand Ungereimtheiten gestoßen, die den Kostenaufwand für die Lichteinlassfenster für überdenkenswert halten.
Erstens: Es ist bemerkenswert, dass diese Rundmäuler schon seit 400 Millionen Jahren existieren und nach dem heutigen Stand der Forschung sich nicht wesentlich verändert haben. Auch was ihr örtlicher Veränderungswille betrifft, sind diese primitiven Wirbeltiere ziemlich statisch. Insofern passen diese Urviecher überhaupt nicht mehr in die heutige Zeit, in der uns täglich gepriesen wird, dass wir uns verändern müssen. Wenn veränderungsunwillige Arbeitslose, ihr Arbeitslosengeld gestrichen bekommen, können diese veränderungsunwilligen Bachneunaugen keine besonders gestaltete Aussicht verlangen.
Zweitens: Die Geschichte mit den Neunaugen ist eine gigantische Werbelüge. In der Tat hat das Bachneunauge zwar auf jeder Seite neun Öffnungen. Aber zoologisch korrekt sind dies sieben Kiemenöffnungen, eine Nasenöffnung und nur eine Augenöffnung. Spätestens jetzt ist für jeden ordentlichen Steuerzahler die Sache mit den Lichteinlassfenstern gestorben.
Drittens: Die weit überwiegende Zeit ihres Lebens befinden sich die Tiere in einem larvalen Zustand, eine tierische Variante zu dem alten Sponti-Spruch “nach dem Studium direkt in die Rente” (wenngleich neuerdings beides nicht mehr erstrebenswert ist.).
Spätestens jetzt besteht Einigkeit, dass man eigentlich das Bachneunauge nicht mag. Sein leicht parasitäres Verhalten passt einfach nicht mehr in unsere Zeit.
Wenn man allerdings die ganze Geschichte vom Bachneunauge kennt, bricht einem fast das Herz und kein echter Airliner oder Touristiker möchte jemals mit einem Bachneunauge tauschen. Sobald das Bachneunauge erwachsen wird, verkümmert der Verdauungstrakt. Das erwachsene Bachneunauge lebt nur maximal sieben Monate, nimmt in dieser Zeit keine Nahrung (weder fest noch flüssig) zu sich und stirbt unmittelbar nach dem ersten und damit einzigen Geschlechtsakt. Aus die Maus.
Lieber Achim Hunold, ein Glück, dass Du an diesem Abend nicht die ganze Geschichte des Bachneunauges erzählt hast. Den Anwesenden wäre das Essen im Halse steckengeblieben und ins Bett hätte anschließend auch niemand mehr gehen wollen. Danke für die Rücksichtnahme.
Und was das Bachneunauge betrifft: Bei einem solchen Leben kann ein bisschen Licht mehr oder weniger das arme Tier auch nicht glücklicher machen.
Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)