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Elfmeterschießen

Endlich kann man es auch bei der Euro 2012 wieder erleben: Das Drama Elfmeterschießen! Herzzerreißend, wenn der ansonsten gefeierte Fußballstar im entscheidenden Duell am Tor vorbeischießt. Erklärender und zugleich entschuldigender Kommentar danach in der Presse: „Er war der Nervenbelastung nicht gewachsen!”
Wie bitte? Da muss es doch jedem krisenerprobte Mitarbeiter im Tourismusgeschäft übel werden, wenn er diese Meldung liest. Unter hoher nervlicher Anspannung, Entscheidungen mit großen wirtschaftlichen Auswirkungen, bei gleichzeitig erheblichem Zeitdruck zu fällen, ist doch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Touristik regelmäßig wiederkehrendes Geschäft. Und das ganze noch mit starkem Rechtfertigungsdruck gegenüber „Aufsichtsorganen“ oder auch Medien, die für ihre „Nachprüfung“ (bei im Nachhinein umfassenderen Informationen) jede Zeit der Welt haben. Dabei verdienen diese „Entscheider“ als Jahresgehalt nicht mal soviel, wie der „emotional belastete“ Star in einer Woche einstreicht.

Noch schlimmer ist es jedoch, wenn der Fußballstar im entscheidenden Moment sich weigert zum Elfmeterpunkt zu schreiten, weil er sich „im Moment nicht so gut fühlt“, so geschehen z.B. beim letzten Champions League – Endspiel. Jeder Mitarbeiter könnte seine Papier abholen, wenn er im Krisenfall (Aschewolke, Überschwemmung, Erdbeben, Unglücke verschiedener Art), also in jenem Moment in dem es gilt, sich erst mal zurückziehen würde, weil „er sich gerade nicht so fühlt“. Da wird von ihm jene volle Leistung (ja sogar die berühmte 120% – Leistung) erwartet, die man dem großen Fußballgott erstaunlicherweise gerne entschuldigt. Das verstehe wer will.

Da lobe ich mir den Fänger am Trapez, der mit einem vom Fußballverdienst weit entfernten Gehalt, jeden Tag mit gleicher Präzision, die anfliegende Partnerin fängt. Zumindest hat man noch nie gehört, dass er im entscheidenden Moment mit der Ausrede „ich bin heute nicht so gut drauf“ oder „ich bin dem nervlichen Druck nicht gewachsen“ die Partnerin hin und wieder „vorbeifliegen lässt“. Deshalb ist die stetig gleich bleibende hohe Arbeitsmoral dieser Artisten auch das wirkliche Vorbild für alle Mitarbeiter in der Touristik (bzw. Dienstleistung allgemein).

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In den Bissigen Bemerkungen der letzten Woche hieß es in Bezug auf den Sonnenscheinabschlag „Macht Neckermann jetzt karikative Abschläge“. Das war natürlich ein Schreibfehler und hätte „karitative“ Abschläge heißen müssen. Obwohl, wenn man es genau betrachtet, war „karikative“ Abschläge, auch nicht so falsch.

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