„Gut gemeint“ geht nicht immer „gut gemacht“ aus
In den Bissigen Bemerkungen von letzter Woche berichteten wir über ein spezielles Hotelerlebnis (Fortsetzung siehe am Ende dieser BBBs).
Ansonsten hatte mein spezieller Freund Murphy mit seinem Gesetz: „Wenn eine Sache schief geht, geht sie von Anfang bis Ende schief“ offensichtlich unrecht. Es lief bei diesem München-Aufenthalt alles andere perfekt. Fast verdächtig. Die morgendliche Veranstaltung war nicht nur prima, sondern auch pünktlich. Mit einer leichten Beeilung hatte ich eine reelle Chance den Zug zurück (München – Hannover) sogar eine Stunde früher erreichen zu können.
Der ICE stand schon am Bahnsteig, nicht überfüllt und fuhr auf die Minute pünktlich los. Der Speisewagen war nur halbvoll, alle Geräte funktionierten, der Service war freundlich und schnell (kann man ja auch mal erwähnen). So rauschte der ICE pünktlich Richtung Norden („alle Anschlüsse werden rechtzeitig erreicht“). Zwischen Kassel und Göttingen dann die planmäßige Durchsage „Passagiere nach Berlin bitte in Göttingen umsteigen“. Was zu dieser Zeit noch niemand (?) wusste, ausgerechnet in Göttingen hatte sich mein spezieller Freund Murphy versteckt.
Kurz vor Göttingen zum ersten Mal eine negative Durchsage: „Liebe Fahrgäste nach Berlin, Ihr Zug nach Berlin hat zur Zeit eine Verspätung von 45 Minuten. Es wäre für Sie zeitlich günstiger hier im Zug bis Hannover zu bleiben und dort in den ICE xy umzusteigen“. Perfekt, eine negative Botschaft wird unaufgefordert mit einer positiven verbunden.
In Göttingen füllt sich der Zug entgegen aller Erfahrung dann erheblich. Klar, wahrscheinlich wurden die wartenden Berlin-Fahrer am Bahnsteig mit der gleichen Information versorgt: Über Hannover geht es schneller. Jetzt war es mit der Gemütlichkeit vorbei, leere Plätze suchen, Rollkoffer verstauen, Handy raus („Schatz, ich komme jetzt über Hannover nach Hause“).
Jetzt kam die große Stunde von Murphy! Der ICE fuhr an, um nach ca. 1 Minute (!) sehr abrupt zu bremsen. Ich hatte gerade die Nachricht gelesen, dass Lufthansa am Vortag in München beim Abrollen zum Start die Passagiere eines dritten Busses „vergessen“ hatte und (welch ein Hammer!) zurückrollte, um diese 5 Passagiere noch aufzunehmen. Sollte es das jetzt auch bei der Bahn geben? Zurück um vergessene Passagiere zu holen? Wie oft hatte ich mir das schon gewünscht, wenn ich mal wieder zu spät am Bahnhof war und auf der hochfahrenden Rolltreppe nur noch das Schließen der ICE-Türen sah.
Es passierte erstmal nichts, als Grund wurde nur eine Signalstörung genannt.
Nach ca. 20 Minuten sagte ich zu meinem „neuen“ Berlin-Nachbar: „So langsam wären Sie besser auf dem Bahnsteig geblieben, denn spätestens ab jetzt ist Ihr „alter“ ICE schneller in Berlin als Sie mit dieser Fahrt über Hannover“. Hallo liebe Freunde des üblichen Bahn-Bashing, jetzt die Ohren gespitzt. Wenige Minuten später folgte die Durchsage: „Sehr geehrte Bahnreisende, wir werden jetzt gleich die Türen öffnen. Für die Berlin-Reisenden ist es schneller jetzt auszusteigen und mit dem um 45 Minuten verspäteten ICE direkt nach Berlin zu fahren. Aber Achtung, unser erster Wagen steht leider schon außerhalb des Bahnsteiges“. So geht es manchmal mit gut gemeint und trotzdem schief gelaufen.
Endlich war wieder Platz im ICE nach Hannover. Aber mein spezieller Freund Murphy war mit seiner Leistung noch nicht zufrieden. Die beiden bisher angekündigten Abfahrtszeiten für unseren Zug waren jetzt auch schon verstrichen. Dann die neue Durchsage: „Sehr geehrte Reisende nach Hannover. Unsere Abfahrt verzögert sich weiter. Wenn Sie jetzt aussteigen, erreichen Sie den um ca. eine Stunde verspäteten ICE aus (weiß nicht mehr woher), dann sind Sie schneller in Hannover“. Wie lustig, jetzt stiegen alle aus, eine Rollkoffer-Menschenschlange wälzte sich nach Gleis 4 und dann begann das umgekehrte Spiel. Jetzt waren wir dran, mit freie Plätze suchen, Rollkoffer verstauen und Handy raus („Schatz, du glaubst nicht was hier abgeht“).
Was ich nur nicht verstanden habe, wenn „unser“ Zug wegen Signalstörung nicht weiterfahren konnte, warum konnte es dann der andere Zug???
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Nachtrag zur Hotelgeschichte von letzter Woche. Mein „Klagen“ über die fehlende Bereitschaft sich zu entschuldigen kam auch dem Management jener Hotelkette zu Ohren. Danach schlug ein richtiger Entschuldigungs-Tsunami (nicht ironisch gemeint) über mir zusammen. Geschäftsführung, PR und Hoteldirektion holten in getrennten Aktionen die fehlende Entschuldigung ausdrücklich nach. Daraus lernen wir drei Dinge:
1.Richtig und deutlich platziert werden Beschwerden (über social media verbreitet) von den Verantwortlichen auch zur Kenntnis genommen und
2. dann wird auch direkt und wirklich deutlich reagiert und vor allem
3. sollten Sie demnächst ein Hotelzimmer in Bahnhofsnähe München benötigen, gehen Sie in dieses Hotel. Ich glaube, man wird sie auf Händen tragen.
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