Haltung statt Scherze
Am Mittwoch tagen sie wieder, die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten/innen, um das weitere Vorgehen in der Corona Krise zu besprechen. Abgesehen davon, dass die Mehrzahl der Länderfürsten am Ende ohnehin macht, was sie will, sollten jetzt endlich, auch für die folgenden Branchen eindeutige und sofortige Lockerungen beschlossen werden.
Gastronomie und Hotellerie
Warum sind ausgerechnet Gastronomie und Hotellerie so negativ im Fokus der Regierenden? Hygiene ist quasi Teil der DNA dieser Branche. Auf diesem hohen Standard (insbesondere im Vergleich mit der Hygiene in den Schulen) haben die meisten Restaurants und Hotels im Hinblick auf die Pandemie nochmals aufgerüstet. Es könnte sofort wieder losgehen.
Warum tut sich die Politik so schwer, endlich den Startschuss zu geben? Ein unglaubliches Argument kam nach der letzten Sitzung von der Kanzlerin: Problem ist, dass man nicht wisse, ob an einem Tisch eine Familie sitze oder Personen aus verschiedenen Hausständen. Wie bitte? Wo ist da das Problem? Das kann man regeln.
Wirklich unfassbar war jedoch der bayrische MP Söder: volle Freigabe auf absehbare Zeit nicht möglich, weil – Achtung – dort wird Alkohol getrunken und danach die Abstandsregel missachtet. Ich möchte lieber nicht wissen, welches Verständnis von Restaurants Herr Söder hat. Am 7.3. (da war Corona aber wirklich schon bekannt) fand im Landkreis Tirschenreuth (Teil von Bayern) das traditionelle Starkbierfest statt. Ergebnis: Im Corona-Hotspot Tirschenreuth gab es danach bis heute 1.114 Infizierte und 119 Todesfälle. Aber kann ein Starkbierfest der Maßstab für Alkoholgenuss in Restaurants sein? Ein ähnlicher Hotspot war in NRW der Landkreis Heinsberg. Ursache wohl zweifelsfrei eine Karnevalsitzung. Aber Karnevalstimmung ist den potenziellen Restaurant- und Hotelbesuchern angesichts der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Lage schon lange vergangen.
Ungeachtet der Problematik waren Merkel und Söder in bester Stimmung und haben Scherze gemacht, wo man demnächst Urlaub machen könnte, in Bayern oder im Norden. Zur gleichen Zeit kämpfen viele Restaurants und Hotels, teilweise seit Generationen im Familienbesitz, um ihre Existenz oder haben sie schon verloren. Scherze sind da völlig unangebracht. Empathie kann man wahrscheinlich nicht erwarten, Anstand schon.
Die Aussage des Tourismusbeauftragten der Bundesregierung Thomas Bareiß „die Senkung des Mehrwertsteuersatzes ist für die Restaurants der Rettungsanker“ zeigt erneut mangelnde Kompetenz. Erstens: Das ist keine Soforthilfe, da kann ich einem Ertrinkenden auch zurufen „nächste Woche finden wieder Schwimmkurse statt“. Zweitens: Der verminderte MWSt-Satz soll die Nachfrage stimulieren, aber was nützt ein ermäßigter MWSt-Satz, wenn das Restaurant geschlossen ist.
Reisebüros
Ich habe es nicht für möglich gehalten, aber sie haben es getan. Die Reisebüros demonstrierten am 29.4. tatsächlich auf Straßen und Plätzen. Und noch überraschender, die Medien haben auch darüber prominent berichtet. Ob das aber die Politik beeindruckt?
Es gibt einen entscheidende Unterschied zu alle Branchen, die unter Corona leiden, weil sie keine Einnahmen haben. Die Reisebüros haben ausgerechnet jetzt Minus-Einnahmen, weil sie bereits erhaltene Provisionen auf Reisen, die jetzt alle storniert wurden, zurückzahlen müssen. Deshalb kann es hier nur eine Lösung geben: nicht rückzahlbare Zuschüsse, jetzt sofort. Da zählt ähnlich wie bei den Restaurants jeder Tag.
Für all jene, die meinen man können Reisebüros eins zu eins online ersetzen. Sprechen sie mal mit Reisenden, die in den letzten Wochen von „abgeschaltenen“ Hotlines Hilfe erhofften.
Tourismus
Außenminister Maas sprach zum ersten Mal für Deutschland eine „weltweite“ Reisewarnung aus. Die Warnung betraf im Unterschied zu sonst, nicht Probleme in einem oder mehreren Zielgebieten, sondern das Problem sind diesmal „wir selbst“. Die Reisewarnung ist ein generelles „Ausreiseverbot“. Und das macht es nun schwierig, bilaterale Möglichkeiten für Urlaubsreisen anzudenken.
In den Tagen danach hörte man von Maas nur das Wort „Luftbrücke“. Der Begriff „Luftbrücke“ ist seit der Versorgung West-Berlin in der Nachkriegszeit belegt, aber er wollte wohl dadurch die historische Bedeutung seines Tuns deutlich machen, Urlauber aus den Zielgebieten zurückzuholen. Die großartige Leistung der Krisenstäbe von Airlines und Reiseveranstalter an dieser Aktion ging dabei völlig unter. Abgesehen davon, es wurden nicht nur Urlauber zurückgeholt, sondern auch sehr viele Deutsche, die aus anderen Gründen im Ausland waren (Geschäftsleute, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen).
Der Außenminister hat es sich jetzt einfach gemacht und besonders vorschnell das „Ausreiseverbot“ bis 14.6. verlängert. Wenn der Außenminister bei der „Luftbrücke“ die Geschichtsbücher bemüht, sollt er noch mal weiterlesen: Die Macht der „Reisefreiheit“ war immer größer als die der „Ausreiseverbote“.
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Die Verbandsvertreter müssen öffentlich jetzt deutlich werden: Wir wollen keine Scherze, keine unseriösen Vergleiche und keinen Fahrplan der Mini-Schritte. Nein, wir wollen am Mittwoch Haltung, Handeln und echte Soforthilfe.
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