Ryanair-Chef O’Leary ist der Donald Trump der Lüfte
Als ich das Interview von Ryanair-Chef Michael O’Leary in der “Zeit” gelesen habe, wusste ich sofort: diesen großmäuligen nervigen Ton kenne ich doch von irgendwo her. Na klar, das ist doch O-Ton Donald Trump, nur nicht aus der Hotel-, sondern aus der Luftfahrtbranche.
Einerseits erfolgreich und bisher viel Geld verdient, andererseits ein ungezogener Rüpel. Immer die gleiche Platte, “ich habe sehr viel Geld verdient”, “ich weiß nicht nur wie mein Geschäft läuft, sondern ich habe auch die Weisheit für alles andere auf der Welt gepachtet”. Dabei ein ganz krummes Frauenbild haben und schnell wütend werden, wenn man sie darauf hinweist, dass sie gestern etwas vollkommen anderes gesagt haben als heute.
Letzteres jedoch nicht in der alten Adenauer’schen Unbekümmertheit – “was geht mich mein Geschwätz von gestern an” – sondern in Sturheit darauf beharrend, es schon immer (und als Einziger) gewusst zu haben.
Dabei sind beide nur begrenzt Originale. Weder hat der eine die Politik, noch der andere das “Fliegen” erfunden – auch nicht das Modell “Billigfliegen” (da würde ich doch eher an Freddy Laker und vor allem an Southwest Airlines denken). Trump und O’Leary profitieren davon, dass die etablierten Modelle (Establishment in USA und traditionelle Hub-Airlines in Europa) sich sehr schwer tun, in die Neuzeit zu kommen.
Insofern basieren die Modelle der beiden Herren nicht auf wirklich Neuem, sondern eher auf Fehlerkorrektur des “bisherigen alten Systems” und dabei natürlich auf Speed (im Sinne von Geschwindigkeit!). Beide sind zu ihrem Reichtum gekommen, indem sie ihre Mitarbeiter und ihre Geschäftspartner ausbeuten – so funktioniert eben ihr persönliches “neues System”.
Die mögliche lapidare Erklärung, es müsse ja niemand Geschäfte mit Trump beziehunsweise O’Leary machen, verkennt allerdings, dass die aktuellen Verwerfungen als Folge des entstandenen Neo-Liberalismus (unter anderem Lohn- und Sozialabbau sowie die Verwirrung der öffentlichen Hand, sich da zurechtzufinden) einer gewissen geschäftlichen Skrupellosigkeit in die Karten gespielt haben.
Es ist wohl kein Zufall, dass gerade bei Verkündung des “tollen” Ryanair-Ergebnisses massive Sozialdumping-Vorwürfe wieder laut werden. Da viele Kosten nun mal in der Fliegerei identisch sind, bieten sich insbesondere radikale Kürzungen im Bereich der Personalkosten an. Die Verträge insbesondere mit seinem fliegenden Personal sind Ausbeutung pur. Das “wer nicht will, kann ja auch woanders arbeiten” geht leider an den tatsächlichen Möglichkeiten vorbei.
Ganz typisch die sarkastische O’Leary-Reaktion auf die Vorwürfe, statt mit echten Argumenten lieber mit einem dümmlichen Spruch zu antworten: “Die (Gegner) behaupten, wir versklaven die Piloten im Alter von sieben Jahren, geben ihnen kein Essen und sperren sie nackt ins Cockpit.” Das ist das typische Trump-Ablenkungsmanöver. Aber wie sollte er seine “atypischen Beschäftigungsmodelle”, bei denen der Wettbewerb knallhart auf dem Rücken der Belegschaft ausgetragen wird, auch vernünftig verteidigen.
Kritische Beiträge über O´Leary werden zumeist gekontert mit dem Argument, aber der Erfolg gäbe ihm recht. Der Zweck darf aber nicht die Mittel heiligen, sonst können wir auch Fans der FIFA, von Carsten Maschmeyer und anderer Erfolgsmodellen sein.
Typisch O’Leary (in der Trump-Kopie), dass er die von dem “Zeit”-Journalisten vorgelegten Fakten (teilweise aus seinem eigenen Jahresbericht zitiert) abstreitet oder schlichtweg nicht kennt (auch letzteres halte ich für möglich). Natürlich fehlt auch nicht sein Dauerhinweis, wie schnell sich sein Vermögen verdoppeln wird, während die Konkurrenten pleitegehen (Eurowings) oder an Lufthansa verkauft werden (Air Berlin).
Besonders gefährlich waren und sind diese Ryanair-Geschäftspraktiken, weil die konkurrierenden Airlines glaubten und noch glauben (bis hin zu Lufthansa), nur durch Kopieren dieser Methoden erfolgreich sein zu können. Dabei stößt das Ryanair-Modell, wie jedes Billigmodell, irgendwann an Marktkapazitätsgrenzen. Insofern ist der Bezug von O’Leary auf Aldi (wahrscheinlich unfreiwillig) richtig, weil auch der Discounter-Markt heute nicht mehr insgesamt, sondern einzelne Unternehmen nur noch zu Lasten der Konkurrenten wachsen.
Allerdings muss ich zugeben: O’Leary hat hier die Nase wieder im Wind, wenn er neuerdings Kundenfreundlichkeit, mehr Möglichkeiten an Bord, Vielfliegerprogramm oder auch das Anfliegen der zentralen Airports und so weiter herausstellt, während die Konkurrenten hier noch über Verschlechterungen nachdenken.
Früher habe ich immer geglaubt, das sei perfektes Marketing was er so an Sprüchen raushaut, heute denke ich eher O’Leary glaubt das selbst, was er so von sich gibt. Ãœbrigens ein typischer CEO-Fehler, wenn der Zenit überschritten ist.
“Seit wir angefangen haben, netter zu den Kunden zu sein” – man höre und staune – “laufen auch meine Pferde viel besser. Netten Menschen geschieht Gutes”, so O’Leary. “Solange die Luftverkehrssteuer in Deutschland existiert, werden wir da nicht mehr expandieren.” Schon vergessen. Ryanair expandiert inzwischen, trotz der immer noch existierenden Steuer.
Aber unverzeihlich ungezogen finde ich den Interview-Abschluss mit dem Bezug auf sein Familienleben. “Meine Kinder denken sowieso, dass ich ein Idiot bin, so ist das auch in Ordnung. Wenn sie das nicht denken würden, dann werden sie sowieso nutzlos sein.” Und ganz besonders niedriges Niveau finde ich dann seine Folgerung: “Ich würde gerne mehr Zeit mit meiner Frau verbringen – aber nicht, wenn sie vier unter zehnjährige Kinder hat.”
Entweder Frau O’Leary liest diesen Quatsch in seinen Interviews nicht – oder sie denkt wie ihre Kinder über ihren Mann.
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