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Realsatire besser als jede Büttenrede

Dieses Jahr wurde den Büttenrednern ganz schön die Show gestohlen, denn das „wahre Leben“ zeigte sich zuletzt von einer teilweise solch grotesken Seite, dass sich das kein Redner ausdenken konnte. Auch die Bissigen Bemerkungen stoßen an ihre Grenzen, wenn die „Wirklichkeit“ sich so verrückt darstellt, dass man verdammt viel Fantasie braucht um das karikaturistisch noch zu übertreffen.
Insbesondere in den letzten Tagen stolperte man über so viele Verrücktheiten, dass das Faschingsprogramm im TV im Vergleich dazu ausgesprochen langweilig war.

Im Folgenden wollen wir nur auf die „größten Kracher“ zurückkommen, z.B. wie „unanständig arm“ Herr Middelhoff ist, wie die CSU „Vorzeige“-Abgeordnete Wöhrl in Burma mit einem 100 Dollar-Schein bei Einkaufen „herumwedelte“, wie TUI ihren Aktionären statt einer Dividende nur alte Kekse schenkte, wie ein Bundespräsident Pech mit seinem letzten „Verteidiger“ Peter Hintze hatte und wie Angela Merkel genauso überraschend zum Gauck-Fan wurde wie Otto Rehagel zum Trainer von Hertha BSC Berlin.

1. Die BBBs haben schon oft zum Ausdruck gebracht was sie von dem Ex-Arcandor Manager Middelhoff halten, nämlich rein gar nichts. Man musste sich in der Vergangenheit nur ärgern wenn seinem permanentem „Ausstoß von heißer Luft“ auf verschiedenen Branchentagungen eine unberechtigt große Plattform geboten wurde (siehe u.a. BBBs vom 28.9.2008 „Wenn von einem Vordenker der Lack abblättert). Wie sehr er als Aufseher von Thomas Cook mit seinen Spesen „hauste“, wird inzwischen auch vom Arcandor-Insolvenzverwalter mit einer Rückforderung thematisiert. Jetzt klagte Middelhoff vor Gericht um die Freigabe seiner Festgeldanlage in Höhe von 23 Mio. Euro (!!!), welche das Bankhaus Sal. Oppenheim aus gutem Grund verweigert. Er versuchte glaubhaft zu machen, dass er ohne das Geld evtl. in eine „existenzielle Notlage“ geraten könnte und verwies darauf, dass er und seine Familie mehr als 70.000 Euro zum Leben bräuchten und diese Ausgaben „nicht in zumutbarer Weise reduzierbar“ seien. Damit es kein Missverständnis gibt, 70.000 Euro pro Monat wohlgemerkt. Das muss doch ein Schlag mitten in das Gesicht jedes redlichen Thomas Cook– oder Karstadt-Mitarbeiters sein. Zum Glück wurde der Antrag abgelehnt, das Gericht war der Meinung „er möge sich gefälligst an der Wirklichkeit orientieren”.

2. Zugegeben auf einer vollkommen anderen finanziellen Ebene, aber ebenso weltfremd, spielte sich der Fauxpas von Dagmar Wöhrl (CSU-Vorsitzende des Bundestags-Entwicklungsausschusses) ab. Während einer „Dienstreise“ mit Minister Niebel in das unsäglich arme Burma erfreute sie sich bei der Besichtigung eines Dorfes nicht nur „an der dörflichen Idylle“, sondern wollte auch einer armen Frau am Straßenrand eine bestickte Tasche für 2 Dollar abkaufen und mit einem 100 Dollarschein bezahlen. Unschuldig fragte sie danach ob man „wechseln könne“. Konnte man natürlich nicht. Ihr Ehemann, der Multiunternehmer Hans Rudolf Wöhrl, hatte schon mal für einen Euro gleich eine ganze Fluggesellschaft (dba) gekauft und musste sich damals von seinem Anwalt bei der Vertragsunterzeichnung exakt diesen einen Euro leihen. Kleingeld gibt es wohl nicht im Hause Wöhrl.
Im Moment ist Hans Rudolf Wöhrl wieder auf Einkaufstour und demnächst bestimmt dann auch wieder auf Verkaufstour, wenngleich sein früherer Stammabnehmer Air Berlin wohl nicht mehr zur Verfügung stehen dürfte. Die Wirtschaftswoche war letzte Woche in einem Bericht über Wöhrl so freundlich die Bissigen Bemerkungen zu zitieren, die Wöhrl vor einiger Zeit den Titel „GröFaz – größter Fluggesellschaften Verkäufer aller Zeiten“ verliehen hatten.

3. Von vergleichsweise unglaublicher Sparsamkeit präsentierte sich letzte Woche die TUI auf ihrer Hauptversammlung. Zwar gab es wiederum keine Dividende, dafür wurden die Aktionäre großzügig mit Keksen beschenkt. Dummerweise war darauf zu lesen „Merry Christmas TUIfly“. Das fanden die Aktionäre wenig spaßig zur Entsorgung alter Kekse eingesetzt zu werden.

4. Es ist nur schwerlich möglich an der „Affäre“ Wulff vorbeizugehen. In den BBBs vom 16.1.2012 (Reisen zum Weltuntergang) hieß es hinsichtlich des Weltuntergangs zwar schon „Halten Sie Abstand von Christian Wulff und Philipp Rösler. Bei denen wird der Weltuntergang garantiert noch früher stattfinden“, was zumindest bei Wulff schon in Erfüllung gegangen ist. Ausgerechnet sein letzter verbliebener öffentlicher Verteidiger, Peter Hintze, lieferte mit einem „hilfreich“ gedachten Hinweis auf eine Aktennotiz von Wulff, die „entscheidende Hilfe“ für die Staatsanwaltschaft für die Einleitung eines Verfahrens. Verrückter geht es kaum noch.

5. Und dass Angela Merkel mal wieder einen ihrer berühmten unerwarteten Haken, mit dem „Vorschlag Gauck“ schlagen würde, hätte nicht nur vor einem Monat niemand zu prognostizieren gewagt, offensichtlich wusste sie es selbst am Sonntagnachmittag noch nicht. Am Sonntagmorgen glaubte ich noch, dass die Verpflichtung von Otto Rehagel durch Hertha in Berlin die größte Abwegigkeit sei, aber da habe ich wohl Frau Merkel unterschätzt. Na ja, Wulff war schon so etwas wie ein politisches Fukushima. Warum den gleichen Trick nicht zweimal machen?
Bei dieser Haken-Technik könnte mancher Feldhase noch etwas dazulernen.

Es gab noch einiges Zitierenswertes aus dieser absurden Woche. Mehr dann in der nächsten Ausgabe der BBBs.

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Wenn der Eigentümer plötzlich und überraschend merkt, dass ihm seine eigene Firma nicht gefällt.

Es sei “im höchsten Maße erstaunlich, was da für Material herumfährt”, sagte Verkehrs-Staatssekretär Klaus-Dieter Scheurle (CSU) am Mittwoch (6.1.2011) in Berlin mit Blick auf die Züge des Staatskonzerns.
Nur zur Information: Staatssekretär Scheurle sitzt im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn. Woher nun die plötzliche Erkenntnis?

Was übrigens die S-Bahn betrifft, kann man auf Bahn-Flächen bei Spandau und auf dem Werksgelände bei Bombardier 60 nagelneue Züge der Baureihe Talent 2 bestaunen, die dort mehr oder weniger sinnlos herumstehen. Hier kommt das Eisenbahn-Bundesamt (EBA), das die Fahrzeuge abnehmen soll, nicht zum Abschluss. Das muss die geplagten Berliner S-Bahn-Nutzer, angesichts des aktuellen Fahrzeugmangels, doch zum Wahnsinn treiben.

Auch unser Verkehrsminister Ramsauer sieht sich angesichts der aktuellen Bahnprobleme nicht persönlich im Obligo. „Auf der Schiene regierten jahrelang Sparpolitik und Renditedruck. Reserven wurden abgebaut, Personal eingespart.“ Verkehrsminister Ramsauer forderte das Unternehmen daher zu mehr Investitionen auf. „Die Bahn muss jetzt mit einer Qualitäts- und Investitionsoffensive reagieren.“
Da ist man sich nicht sicher, ob man wacht oder träumt. Ausgerechnet jene, die von Hause aus eigentlich Aufsicht über die Bahn führen müssten, geben sich vollkommen überrascht. Wobei es sein mag, dass sie tatsächlich „unwissend“ sind, aber das entschuldigt die Herren keineswegs. Sich so populistisch auf die Stimmung der geplagten Bahnfahrer einzuschwenken ist schon eine Frechheit.

In der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ verteilte Ramsauer wie so oft „großzügig“ Aufgaben an andere, nur er selbst war mal wieder für nichts verantwortlich. Deshalb stellen die BBBs heute die Quizfrage:
Was haben die Sängerin Annett Louisan und unser Verkehrsminister Peter Ramsauer gemeinsam?
Die Antwort erfahren Sie am 11.1. während der „Bissigen Bemerkungen LIVE“ im Rahmen des „networkings“ des Travel Industry Clubs in Frankfurt (für alle an diesem Abend „Verhinderten“ gibt es die Lösung nächste Woche).

Angesichts des Begriffs „networking“ eine leichte Korrektur zu den nur schwer erkennbaren persönlichen Aktivitäten von Peter Ramsauer. Neben seinem Engagement für saubere Bahnhofstoiletten zeigte er sich neuerdings auch als Kämpfer für die Deutsche Sprache. Von seinem Ministerium hat er sich 111 Anglizismen zusammenstellen lassen. Statt deren müssen nun seine Mitarbeiter die „passenden“ deutschen Begriffe verwenden. So gibt es ab sofort im BMV keinen Laptop mehr, sondern „Klapprechner“ und aus dem Flippchart wurde der „Tafelschreibblock“. Ob das nun gerade die richtigen Beispiele für „saubere“ deutsche Sprache sind, darf bezweifelt werden.

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Beim Reiseradio (www.reiseradio.org) geht es diese Woche vor allem um Irland. Bei den akustischen Bissigen Bemerkungen steht das für Reisebüros nicht schmeichelhafte Ergebnis einer Befragung durch das „Deutsche Institut für Servicequalität“ im Mittelpunkt. Und außerdem wird die Tourismusaffinität der ägyptischen Haie bewundert, die passen zur Hauptreisezeit von den ägyptischen Stränden verschwunden waren und erst danach wieder auftauchten.

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Vulkanasche – die Schweinegrippe der Luftfahrt

Erinnern Sie sich noch an die Schweinegrippe im letzten Jahr? Auch da gab es ursprünglich ein echtes Problem, weit weg von uns in Mexiko. Danach jagten uns Pharmaindustrie und sensationsgeile Presse einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Die Politik ließ sich davon einlullen und bestellte für mehrere Millionen Euro Impfstoffe. Kaum waren diese eingelagert und die Industrie hatte ihren Riesen-Reibach gemacht, war die Schweinegrippe so plötzlich verschwunden wie aufgetaucht. Nur so zur Erinnerung.

Im Folgenden finden Sie die sechs wichtigsten Fragen zur neuen hausgemachten Katastrophe, der Luftraumsperrung, und ebenso zehn hammerharte BBB-Antworten darauf.

1. Wie viel Asche war wirklich in der Wolke und ab wann wird es gefährlich?
Die britische Luftfahrtbehörde CAA hat Folgendes offiziell verkündet: Wir haben uns mit den Herstellern von Triebwerken beraten und Messwerte von verschiedenen Institutionen ausgewertet und legen ab sofort einen Grenzwert von „2.000 Mikrogramm Vulkanasche in einem Kubikmeter Luft fest“. Na endlich. Selbst wenn diese Festelegung zu großzügig sein sollte (wie schon wieder gehetzt wird), gemessen haben die Briten bei Testflügen (!) nie mehr als 400 Mikrogramm pro Kubikmeter. Und als unser deutsches Forschungsflugzeug endlich aus dem Schuppen kam, konnte es nur einen Höchstwert von 60 Mikrogramm feststellen. Das war wohl auch der Grund warum die vorherigen Katastrophenpropheten plötzlich so leise waren.
(Der im Beitrag von fvw.de genannte Grenzwert von 2 Mikrogramm ist falsch. Schreib- oder Übertragungsfehler? Bei uns auf Erden sind schon normal 50 Mikrogramm Feinstaub vorhanden, der in der Silvesternacht in den Städten bis zum 6.000 fachen ansteigt. Interessiert aber niemand, nur weiterknallen.)

2. Muss Sicherheit nicht über alles gehen?
Der arrogante Vorwurf von Minister Ramsauer in Richtung Fluggesellschaften war eine bodenlose Frechheit. Lufthansa ist in den letzten Jahrzehnten fast zum Synonym für Sicherheit in der Luftfahrt geworden. Air Berlin steht in Punkto Sicherheit bei allen weltweiten Statistiken auf einem der vordersten Plätzen (noch keinen Unfall in der gesamten Firmengeschichte) und auch die anderen deutschen Ferienflieger wie beispielsweise TUIfly, Condor und Germanwings stehen weltweit, außer bei Herrn Ramsauer, nicht im Verdacht bei der Flugsicherheit auch nur das geringste Risiko einzugehen.
Wer zu sehr Superlative bemüht hat zumeist nur wenig sachliche Argumente. Die penetrant vorgetragene „größtmögliche Sicherheit“ erinnerte sehr stark an die „brutalmöglichste Aufklärung“ eines gewissen Ministerpräsidenten.

Aber der Sprecher der CSU-Gruppe im EU-Parlament, Markus Ferber, hat sogar noch gesteigert: „Lieber ein unzufriedener Passagier, der lebendig ist, als einer der beim Flug von Frankfurt nach Mallorca abstürzt“. Dieser Satz ist an Naivität und geistiger Armut kaum zu toppen. Würde man dies ernst nehmen, dann müsste man nicht nur den Flugverkehr generell verbieten, sondern sofort feststellen:
Jeder Tote auf unseren Autobahnen ist ein Toter zuviel, „sperrt die Autobahnen“.
Jeder tote Raucher ist ein Toter zuviel, „sofortiges Verbot des Tabakwarenverkaufs“ (aber zynischerweise hat der Staat durch die Tabaksteuer sogar an jedem Toten mitverdient)
Jeder tote Alkoholiker ist ein Toter zuviel, „sofortiges Verbot des Verkaufs von Alkoholika” (aber zynischerweise hat der Staat durch die Alkoholsteuer sogar an jedem Toten mitverdient)
Und wenn man konsequent weiterdenkt ist auch jeder tote Soldat im Afghanistan -Krieg ein Toter zuviel (auf Klammersatz wird hier bewusst verzichtet).

3. Hätte der Krisenstab nicht beim Verkehrsministerium eingerichtet werden müssen?
Aber selbstverständlich. So etwas kann man nicht an Beteiligte übertragen, die die Konsequenz der Entscheidung nicht verantworten müssen. Als der erste Meteorologe im Fernsehen seine Theorie ausbreitete, dachte ich schon, ich hätte aus Versehen mich in einen Heidi-Film mit dem Alm-Öhi eingezappt. Und der Meteorologe bei Beckmanns fühlte sich gemüßigt in Zweifel zu ziehen, ob wir die Waren, die wir per Luftfracht beziehen, auch „wirklich brauchen dürften“. Aber Politik von solcher Tragweite zu machen kann nicht Sache von Meteorologen und Angestellten der Luftsicherheitsbehörde sein.

4. Wurden alle Touristen gleich behandelt?
Nein, die Pauschalreisenden waren besser dran und kamen schneller zurück. Wiederum wurde bestätigt, Krisen machen mehr Werbung für die Pauschalreise, als es die Veranstalter das ganze Jahr über machen.
Und auch hier nochmals ein Kompliment an die Mitarbeiter der Branche, die das ganze Wochenende und auch noch danach für ihre Kunden kämpften, als andere nur Sprechblasen produzierten.

5. Darf die Branche Staatshilfen beantragen?
Zum Abschluss der Krise hat Ramsauer mit seiner Entscheidung, dass die Inspektions- und Wartungsintervalle der Flugzeuge verkürzt werden sollen, den Airlines erst mal Mehrkosten aufgebrummt. Diese Entscheidung ist nun der Sache überhaupt nicht angemessen, sondern eher ein Fall von „Bestrafung der Unschuldigen, Belohnung der Schuldigen“.
Und gegen eine Staatshilfe ist er natürlich auch. Er meinte, Fluggesellschaften wüssten, dass sie vom Wetter abhängig seien. Aber getreu dem Verursacher-Prinzip haben die Airlines schon einen Anspruch. Denn der Verursacher war ja nicht das Wetter, sondern das Verkehrsministerium. Ich erinnere mich, dass in den 70er-Jahren die Condor Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland erhob, wegen der Mehrkosten des Fluglotsenstreiks. Das ging vor das Oberverwaltungsgericht in Köln. Dann erfolgte ein Vergleich und die Condor bekam Geld. Den genauen Betrag habe ich vergessen.

6. Was kann der gestresste Tourist zum Frustabbau tun?
Die BBBs empfehlen wieder zu verreisen. Beispielsweise mit Wolters-Reisen zum Vulkanwochenende nach Island (6.-9. Mai), direkt zum Eyjafjallajökull. Dann vor Ort den Vulkan beschimpfen mit: „Du böser Vulkan, das machst du nicht noch mal mit uns“.
Oder mit Ameropa nach Berlin fahren (ab 89,00 Euro) und Ramsauer beschimpfen: „Du dummer Ramsauer tritt zurück und ab nach Bayern“.
Das Ergebnis wird zwar in beiden Fällen das gleiche sein (keinerlei Reaktion), aber es verschafft innerlich etwas Luft.
Letztlich sollten wir aber jede Nacht beten: „Lieber Gott verschone diese Republik vor weiteren Katastrophen, unsere Oberen sind unfähig damit umzugehen“.

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Zuletzt wie (fast immer) der Hinweis auf das Reiseradio (www.reiseradio.org), das in der aktuellen Ausgabe zu dem Thema Luftraumsperrung sehr viele interessante Interviews und Hintergrundberichte bringt. Die BBBs im Reiseradio beschäftigen sich u.a. mit den Flugabbrüchen von Merkel und Gutenberg. Und natürlich steht auch Ramsauer, der neue Lieblingsfeind der BBBs (nachdem Middelhoff abhanden gekommen ist), mit weiteren Betrachtungen im Mittelpunkt. Es lohnt sich reinzuschalten.

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Denkste… und der DEHOGA freut sich trotzdem. Versteht das jemand?

In der Wahlnacht werden sich viele Hoteliers und Gastronomen gefreut haben: Endlich CDU/CSU und FDP in der Regierung. Vor allem CSU und FDP hatten sich vor der Wahl klar für die Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes für die Hotellerie und Gastronomie ausgesprochen. Für die entsprechenden „Wahlprüfsteine“ der Branche warfen sich FDP und CSU gewaltig in die Brust. „Die [gemeint waren die Politiker] können von diesen Zusagen nach der Wahl nicht mehr runter“, meinten einige Branchenfunktionäre mit erstaunlicher Blauäugigkeit. Denkste! Können sie doch.

Im Koalitionsvertrag ist nur die Reduzierung der Mehrwertsteuer für Beherbergungsleistungen „versprochen“. Für Restaurants (wo die Senkung eigentlich viel zwingender wäre), Cafes, Kneipen – keine Rede mehr. Wer gedacht hatte, jetzt kommt ein Aufschrei der Branche, wird in den letzten Tagen etwas verwundert die Äuglein gerieben haben. Der DEHOGA-Bundesverband begrüßt den Koalitionsvertrag. Na, Hallo? Für nicht Branchenkundige schreiben wir mal den Namen des Verbandes aus. Das HOGA steht für Hotel- und (repeat „und“) Gaststättenverband. Da jubelt der Verband aber nur auf einem Bein. Und was sagen die Gastronomen im Verband? Die müssen sich halt noch ein bisschen gedulden, sind ohnehin nur die Minderheit.
Ach, dann wird klar, warum gejubelt wird, statt den „von FDP und CSU begangenen Wahlbetrug zu geißeln“ (wörtliches Zitat aus dem Blog „Gastgewerbe Gedankensplitter“, die haben es nämlich als einzige begriffen).

„Keine Frage, wir haben uns eine Reduzierung für die Gesamtbranche erhofft. Die jetzt gefundene Lösung sei ein Kompromiss, wobei offensichtlich das Volumen der Steuermindereinnahmen mit Blick auf die Haushaltslage eine andere Entscheidung derzeit nicht zugelassen habe“, so steht in der Pressemitteilung des Verbandes weiter. Klar, das ist ja auch eine ganz neue Erkenntnis, das konnten die Politiker bei ihrem Versprechen ja noch nicht wissen.

Nochmals für Branchenunkundige. Was hier in den Koalitionsvertrag geschrieben wurde, gilt heute schon in 21 von 27 EU-Staaten. Alle Anrainer-Staaten der Bundesrepublik (mit Ausnahme Dänemarks) haben hier bereits Steuersätze zwischen drei und zehn Prozent. Von einem großen Erfolg kann wirklich nicht die Rede sein, das ganze war mehr als überfällig.
Aber wenn der Verband sich jetzt schon zufrieden gibt, würde es die BBBs nicht wundern, wenn die im Koalitionsvertrag zum 1.1.2010 versprochene Teilermäßigung vielleicht noch ein „bisschen zeitlich verschoben“ wird. DEHOGA wird auch das noch als Erfolg feiern.

Aber es kommt noch toller. Einige Verbandsoberen, wie auch Stephan Gerhard, angesehener Chef der Firma Treugast Solutions, einer Hotel(!)beratungsgesellschaft, denken laut darüber nach, dass man die versprochene Mehrwertsteuer-Senkung für die Hotelübernachtung nicht, oder zumindest nicht in voller Höhe, an den Kunden weitergeben könne. Vielmehr müsse man den Betrag zur eigenen Entlastung verwenden. Träumt weiter Leute. Das könnt Ihr vielleicht mit den „naiven“ Endverbrauchern machen, aber nicht mit Euren Firmenkunden. Denn… Wenn der Übernachtungspreis gleich bleibt und die Firmenkunden künftig aber nur 7%, statt wie bisher 19% Umsatzsteuer absetzen dürfen, dann wäre das schlicht eine zweistellige Preiserhöhung. Und dieses Spielchen machen Siemens, SAP, BASF und wie die Firmenkunden heißen mögen, alle mit?
Wer das glaubt, der glaubt auch in der Tat alles, was vor einer Wahl so versprochen wird.

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Warum der Bundestag eigentlich kleiner werden müsste.

Obwohl die Anzahl der Wahlberechtigten um mehr als 260.000 gestiegen ist, sank die Zahl der Wähler um mehr als 4,5 Mio. Dieses wahre Ausmaß der Wählerverdrossenheit spiegelt sich im amtlichen Wahlergebnis nicht wieder. Die Berechnung des Anteils pro Partei nur auf der Basis der abgegebenen Stimmen (plus Überhangmandate) schmeichelt den Parteien und machen sie nur wenig nachdenkensbereit über das wahre Wählervotum. Die Parteien würden ganz anders reagieren, wenn die Sitzverteilung im Bundestag auf der Basis Anzahl Wahlberechtigte existieren würde.
Es kann doch nicht sein, dass die CDU/CSU trotz ca. 2 Mio. weniger Stimmen bei dieser Wahl, eine um 13 Sitze größere Fraktion haben wird. Auch die Zugewinne der kleineren Parteien wären nicht so groß, wie sie jetzt erscheinen. Und der SPD würde das ganze Ausmaß ihres Wahldesasters noch deutlicher vor Augen geführt.

Ausgangbasis für die zwar etwas bissigere, aber gerechtere Berechnung:
Der Bundestag hat grundsätzlich 598 Mandate. Die Sitzverteilung erfolgt ausschließlich nach den Zweitstimmen, entsprechend der Anzahl der Nichtwähler gibt es auch weniger Sitze im Parlament.
In der vergangenen Legislaturperiode hätte nach dieser Methode der Bundestag nicht aus 614, sondern nur aus 452 Abgeordneten bestanden. Der neue Bundestag würde nun nicht größer werden (von 614 auf voraussichtlich 622), sondern entsprechend der geringeren Wahlbeteiligung wesentlich kleiner. Das wurde nicht nur die Wirklichkeit in unserer Republik widerspiegeln, landesweit werden (Voll-)Arbeitsplätze gestrichen, es würde die Parteien auch deutlich mehr unter Druck setzen, für eine höhere Wahlbeteiligung zu sorgen.

Die Konsequenz für den neuen Bundestag wäre folgende (klingt etwas kompliziert, die Leser mögen bitte glauben, dass richtig gerechnet wurde):
Im Bundestag gäbe es nur noch 409 Sitze, also 43 weniger als bisher (entspricht der geringeren Wahlbeteiligung). Das würde den Parteien richtig weh tun.
Die CDU/CSU hätte nur 147 Sitze und würde, wenn diese Rechenweise schon 2005 gegolten hätte 19 Mandate verlieren. Das wäre wesentlich ehrlicher als 12 Mandate hinzuzugewinnen (wie es jetzt tatsächlich ist). Auch die Mandats-Zugewinne der kleineren Parteien wären wesentlich geringer, FDP bekäme + 18 Mandate, Linke + 10 Mandate und Grüne + 9 Mandate. Das wäre ein exaktes Abbild ihrer tatsächlichen absoluten Zugewinne. Jetzt profitieren diese Parteien im Ergebnis auch von der geringeren Wahlbeteiligung. Allein für die SPD spielt das alles nur eine untergeordnete Rolle. Das Desaster ist immer das gleiche. Aber eine nur noch 100köpfige Fraktion würde einen noch größeren Druck auf die Parteispitze zur Erneuerung ausüben.
Klingt alles ein bisschen kompliziert. Auf Wunsch wird es gerne ausführlicher erläutert.

Von obigem Gedankengang mal abgesehen. Zwei Dinge waren/sind am Wahlabend besonders auffällig.
1. Ausgerechnet jene Partei, die jene wirtschaftspolitische Ansicht vertreten hat, die direkt in die Wirtschaftskrise geführt hat, soll jetzt mit den gleichen Rezepten aus der Krise herausführen. Geheimnis Wähler!
2. Der minutenlangen Jubel in der SPD-Zentrale beim Auftritt von Steinmeier/Müntefering hatte schon einen starken Touch Titanic. Das Schiff geht unter, aber die Musik spielt munter weiter.

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Nachtrag 1:
Kleiner Scherz noch zur letzten BBB. Die Ãœbernahme der SPD durch die CDU ist im Moment nicht erfolgt. Aber die SPD ist damit noch nicht gerettet. Jetzt droht die Ãœbernahme durch die Linken.

Nachtrag 2.
Was wird sich für die Touristik ändern?
Der gestiegenen Bedeutung des Tourismus, wird durch einen Tourismus-Staatsekretär Rechnung getragen? Eher nicht.
Dafür gibt es einen neuen Tourismusbeauftragten bei der Regierung? Eher nicht.
Die Mehrwertsteuer für Hotel und Gastronomie wird auf 7% gesenkt? Eher nicht.
Dann hätten wir die ganze Wählerei eigentlich nicht gebraucht.

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Geheimplan aufgedeckt: CDU plant unfriendly takeover der SPD

Das ist die Politgranate kurz vor der Wahl, exklusiv aufgedeckt von den Bissigen Bemerkungen (nach einer Insider-Info durch den BBB-Leser K.S.).
Der Zeitpunkt scheint günstig. Nicht erst das Schlafwagen-Duell Merkel – Steinmeier hat gezeigt, die Unterschiede zwischen CDU und SPD sind nicht mehr so groß. Dazu hat beigetragen, dass die CDU vollkommen unbemerkt schon vor einiger Zeit Peer Steinbrück undercover bei der SPD eingeschleust hat. Seine Finanzpolitik hat zusätzlich beigetragen die SPD näher an die CDU zu bringen. Außerdem ist der aktuelle Marktwert der SPD (gemessen am Kurs) auf niedrigem Stand. Kurzum, der ideale Zeitpunkt für die CDU zur Übernahme der SPD. Auch das Kartellamt dürfte keine Einwände haben, denn auch ohne die SPD gibt es noch linke (linkere?) Politik in Deutschland.

Die strategischen Vorteile für das neue Politgebilde CSDU (Arbeitstitel: Christlich Soziale Demokratische Union) liegen auf der Hand. Die CDU wird wieder stärker zur Volkspartei ohne rechte Positionen aufgeben zu müssen. Je nach Wahlausgang entfallen langwierige Koalitionsverhandlungen mit der SPD, Merkel muss jetzt nur noch anweisen. CSU und FDP verlieren automatisch an Bedeutung. Seehofer und Westerwelle müssen ab sofort ganz kleine Brötchen backen. Außerdem wird verhindert, dass es während der nächsten Legislaturperiode zu einer Zusammenarbeit SPD-Linke kommt. Selbst die letzten Sozialdemokraten innerhalb der SPD können mit dem Merger gut leben. Das einzige Wahlziel der SPD, nämlich Schwarz-Gelb zu verhindern, wäre erreicht. Und spätestens nach weiteren vier Jahren „Großer Koalition“ würde die SPD auf ein solches Mindestmaß geschrumpft sein, dass außer den Linken ohnehin niemand mehr mit ihr fusionieren wollte.

Aber auch kurzfristig ermöglicht die Übernahme ein großes Einsparpotenzial zu heben. In vielen Wahlkreisen, die heute sowohl durch einen CDU- wie auch SPD-Kandidaten vertreten sind, könnte man einen davon einsparen. Der finanzielle Effekt der Einsparungen (Personalkosten des Kandidaten, Bürokosten und Mitarbeiterkosten im Wahlkreis und in Berlin, plus sonstige Sachkosteneinsparungen) dürfte im mehrstelligen Millionenbereich liegen. Gleichzeitig könnte dies Anlass sein, den Bundestag in Berlin grundsätzlich zu verkleinern (z.Z. mind. 598 Abgeordnete, durch Überhangmandate wahrscheinlich deutlich über 600. Zum Vergleich das US-Repräsentantenhaus hat nur 435 Abgeordnete). Durch diese Verkleinerung würden außerdem die kleinen Parteien elementar geschwächt.

Die Bissigen Bemerkungen haben (natürlich streng vertraulich) Roland Berger gebeten eine Stärken-Schwächen-Analyse (sog. SWOT-Analyse) für diesen Deal zu erstellen. Hier das Ergebnis:
Stärken: Verbessert die Position von Angela Merkel nachhaltig. Muss künftig noch weniger Wahlkampf machen. Kann Müntefering auf das Altenteil schieben und Westerwelle durch Nichtbeachtung depressiv machen.
Schwächen: Angela Merkel ist schon heute mit der Führung der CDU überfordert, dies wird mit dem größeren Gebilde noch problematischer werden.
Chancen: Die neue CSDU kann später auch noch die FDP übernehmen, dann kommt Frau Merkel im Parlament auf Wahlergebnisse in einer Höhe, die sie noch aus ihrer Kindheit kennt
Risiken: Die Linke wird stärker (wird sie allerdings auch bei weiteren vier Jahren Großer Koalition).
Fazit: Das Ganze macht Sinn!

Einige Demokratie-Theoretiker könnten noch die Frage stellen „Was bedeutet dies für das Volk?“. Antwort: In der praktischen Politik kaum Änderung gegenüber bisher!

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PS: Nach der Wahl wenden sich die BBBs wieder der geliebten Touristik zu.

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