Person | Interviews | Vorträge | Veröffentlichungen | Kontakt

Ich bin dann mal weg…

Mit seiner Abschiedserklärung, mitten in einer Pressekonferenz, fast nach Art von Hape Kerkeling, ohne vorherige Info an seine Mitarbeiter, hatte sich Hunold schon für einen etwas „ungewöhnlichen“, vielleicht sogar unnötig „unschönen“ Abgang entschieden.
Wie auch immer, es wird heftig darüber diskutiert, was der größere Schocker am Donnerstagmorgen war, der plötzliche (und zumindest zu diesem Zeitpunkt unerwartete) Rücktritt von Achim Hunold oder die Nachfolge durch den Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn. Beide hatten zuletzt nicht den besten Ruf in der Presse. So urteilte Spiegel online (treffend?) „Rambo I geht, Rambo II kommt“. Sicherlich nicht ahnend, dass beide Manager das nicht als Beleidigung, sondern eher als Kompliment auffassen würden. So entgegnete der ebenfalls höchst umstrittene Ex-EnBW-Chef (und Ex-Hannover 96 Präsident) Utz Claasen mal auf diesen Vorwurf „Lieber Rambo als Bambi“.

Zutreffender war da eher die weitere Formulierung bei Spiegel online „der Visionär geht, der Sanierer kommt“. So wie der „Vordenker“ zumeist noch einen „Nachdenker“ braucht, folgt dem Visionär in der Regel der Sanierer (Helmut Schmidt lässt grüßen).
Und bei Hunold kam, wie es kommen musste. Zuerst gleichermaßen von allen hochgelobt und jetzt gleichermaßen von allen niedergeschrieben. Wobei ich da an einen „Klassiker“ eines guten Hunold-Freundes denken muss: „Über Achim wird viel gesagt….., aber es stimmt auch viel“. Nur BILD stimmte nochmals eine Lobeshymne an. Wobei diese in Teilen eher peinlich (bis sehr peinlich) war. Dann doch lieber Rambo sein….

Aber eine Hunold Erkenntnis in diesem Interview sollte erwähnt werden. Auf die Frage, was er (Hunold) hätte rückblickend anders machen sollen, antwortete er: „Ich hätte noch stärker gegen die unsägliche wettbewerbsverzerrende Luftverkehrssteuer ankämpfen müssen“. Die BBBs haben nie verstanden wie schwach die Airlines hier reagiert haben (siehe BBB vom 6.9.2010 „Wenn Unvermögen zur Routine wird“, ebenso u.a. BBBs vom 14.6.2010, 19.7.2010 und 13.9.2010).
Aber, auch wenn es Hunold nicht gerne hört, die meisten Experten sind sich einig, dass der Kauf der LTU einer der entscheidenden Knackpunkt auf dem Weg zu schlechten Ergebnissen war. Es ist fast ein Treppenwitz in der Lebensgeschichte von Hunold, dass der wahrscheinlich emotionale Höhepunkt seines Wirtschaftslebens (siehe BBB vom 2.4.2007 „Achim Hunold: I had a dream“), der Kauf jener Firma die ihn Jahre vorher gefeuert hatte, gleichzeitig der Wendepunkt auf der Erfolgsleiter war. Der Kauf der LTU war zu teuer und fraß zuviel Energie und personelle Ressourcen, so die allgemeine Fachmeinung.

In den eben angeführten BBBs vom 2.4.2007 lästerten die BBBs auch über den LTU-Verkäufer Wöhrl, dessen unglaubliche Qualität darin besteht, „vermeintlich sanierte“ Gesellschaften zu einem hohen Preis zu verkaufen. Die BBBs „verliehen“ ihm damals den Titel: „GröFaz“: Größter Fluggesellschaften-Verkäufer aller Zeiten!
Ausgerechnet dieser Wöhrl, den man deshalb vielleicht nicht zu Unrecht als einer der „Sargnägel“ von Hunold bezeichnen könnte, entblödet sich jetzt nicht in der Abendzeitung Nürnberg zu verkünden: „Ich habe noch keinen Anruf bekommen, aber ich traue mir zu, Air Berlin innerhalb eines Jahres zu sanieren“.
Spätestens an dieser Stelle beginnt man Hartmut Mehdorn zu lieben.

Das hat Hunold wahrscheinlich unterschätzt, wie heftig die Presse und die öffentliche Meinung in vielen Foren über seinen Nachfolger Mehdorn herziehen würde. Wobei die meisten sog. Gags in der Umwandlung von Bahnsprüchen in Air Berlin-Sprüchen bestand, die nicht unbedingt auf einer IQ-Skala zu heftigen Ausschlägen nach oben geführt haben.
Man sollte es einfach leidenschaftslos feststellen, zur Umsetzung des angedachten Sparprogramms (und vielleicht noch etwas mehr) braucht es einen Sanierer der bedingungslos und mit Schärfe an die Sache herangeht. Dafür ist Mehdorn zweifellos der richtige Mann. Und die ihm (mit Recht) angekreideten Fehler, er hätte viel zu viel Energie und (Geld) in den Börsengang der Bahn gesteckt und den Datenskandal verharmlost, werden ihm bei Air Berlin nicht im Wege stehen. Air Berlin ist schon an der Börse und die Mitarbeiter von Air Berlin sind es gewohnt, dass ihr Chef alles wissen will. Und zwar alles.

Aber in den fast 100 Presseberichten die ich über den oben beschriebenen Wechsel gelesen habe, ist ein großer Verlierer nirgends erwähnt worden. Es ist eine kleine sizilianische Firma, namens Averna. Sie wird in den nächsten Monaten einen deutlichen Umsatzeinbruch erleben. Die Kenner der Materie wissen warum.

————————-

Es ist immer schwierig, eine Kolumne zu schreiben, wenn langjährige Weggefährten betroffen sind. Aber ganz kneifen, ist auch nicht BBB Art. Aber beides, Bissige Bemerkungen hier und akustische Bissige Bemerkungen im Reiseradio, wäre dann doch zu viel gewesen. Deshalb gibt es diese Woche nur das ganze normale Reiseradio ohne bissige Bemerkungen. Zumal diese Woche auch das Thema Entlassungen bei TUI noch angestanden hätte und das ist auch kein einfaches (vielleicht nächste Woche mal).

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

Wenn Treulosigkeit belohnt wird: Mehdorn in das Board von Air Berlin berufen

Die Bissigen Bemerkungen haben ein Gedächtnis wie ein indischer Elefant. Deshalb erinnern sie sich auch sehr gut an den Mai 2006.
Es war wohl die schwierigste Phase im Leben von Air Berlin-Chef Achim Hunold gewesen. Der Börsengang wollte nicht auf Anhieb klappen. Das Air Berlin-Management rotierte. Die Mitarbeiter der Fluggesellschaft waren in Sorge, was mit ihrem Unternehmen passieren könnte. Freunde des Unternehmens fieberten mit. In dieser heißen Phase war jede gute Nachricht willkommen. Jede schlechte Nachricht brachte neue Erschwernis.
Genau in dieser Phase, in der man mehr denn je Freunde brauchte, sagte Hartmut Mehdorn seine im Prospekt für den Börsengang angekündigte Mitwirkung im Board der Air Berlin ab. Der Grund: Arbeitsüberlastung. Komisch, dass ihm das gerade jetzt in der Stunde der Not einfiel. Warum diese Arbeitsüberlastung „so plötzlich“ auftrat wurde nicht näher erläutert. Die Absage eines im Börsenprospekt angekündigten Boardmitglieds war jedenfalls ein weiterer Rückschlag für das Renommee der Fluggesellschaft.

Freunde von Air Berlin definierten diese plötzliche Absage jedenfalls vollkommen anders. Mehdorn, für den der Börsengang der Bahn außerordentliche Priorität hatte, wollte in dieser kritischen Phase nicht mit einem missglückten oder zumindest reduzierten Börsengang der Air Berlin in Verbindung gebracht werden. Da war Eigeninteresse wichtiger als kolportierte Freundschaft.

Bleibt die Frage: Ist Hunold nicht nachtragend oder hat er nur ein schlechtes Gedächtnis?

Ironie des Schicksals, der Börsengang der Air Berlin klappte im zweiten Anlauf reibungslos (übrigens benötigten viele bekannte Unternehmen zwei Anläufe), während der Mehdornsche Börsengang bekanntermaßen es nicht einmal zum Start brachte. Dafür darf er jetzt für ein börsennotiertes Unternehmen arbeiten.

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)