Touristik in der Zeitmaschine?
Liebe Leserinnen und Leser, zuerst noch einmal Entschuldigung für die lange, eigentlich so nicht geplante BBB-Pause. Aber wenn man schon über Urlaub schreibt, sollte man ihn auch selbst (sozusagen als Selbsterfahrung) genießen. Also lag ich die letzten Wochen auch regelmäßig und entspannt im Liegesessel. Dabei musste es passiert sein.
Ich hatte gerade eine Fachzeitung in der Hand und bin dabei eingeschlafen. Ob es an der Fachzeitung oder nur an mir lag, mag dahingestellt bleiben. Ich hatte einen unruhigen Traum, war in einer Zeitschleife gefangen und erlebte die 90er-Jahre. Als ich wieder aufwachte musste ich bei der Fachzeitung nach dem Datum schauen, ob ich wieder zurück in der Gegenwart war.
Und da fand ich auch die „super aktuelle“ Meldung, die mich im Traum beschäftigt hatte: Thomas Cook führt ein „24-Stunden-Zufriedenheitsversprechen“ ein. Genau, das war doch eine meiner Erfindungen im Rahmen der TUI-Qualitätsoffensive in den 90er-Jahren. Und die Beschreibung ist bei Thomas Cook fast exakt identisch mit der damaligen bei TUI. Wenn der Kunde im Zielgebiet eine Leistung entdeckt, die von der Katalogbeschreibung abweicht und der Veranstalter innerhalb von 24 Stunden keine Abhilfe bieten kann, darf der Kunde den nächsten verfügbaren Rückflug in Anspruch nehmen und erhält sein Geld zurück. Aber ich musste vor allem aus einem besonderen Grund vor mich hinlächeln. Kaum hatte ich damals diese Innovation für TUI verkündet, rief der damalige Chef von Neckermann (Vorgängergesellschaft von Thomas Cook), Wolfgang Beeser, beim damaligen TUI Vorstandsvorsitzenden Dr. Corsten an, er möge mich doch bitte sofort aus dem Verkehr ziehen, ich würde mit dieser schwachsinnigen Neuerung jetzt „endgültig“ die Branche kaputtmachen (das „endgültig“ bezog sich auf das vorjährige Angebot „Zug zum Flug“). Natürlich Quatsch, aber nett, dass man jetzt auch bei Thomas Cook anders darüber denkt. Wobei ich zugeben muss, dass es auch nicht einfach war, damals die eigenen Vorstandskollegen von dieser Idee zu überzeugen.
Man muss Innovationen nur richtig durchdenken und über die wahren Kundenwünsche Bescheid wissen. Kein Urlauber fliegt in den Urlaub, um nach 24 Stunden wieder zurückzufliegen. Ich bin mir nicht sicher, aber der Erinnerung nach, haben in den ersten Monaten nur 3 Kunden die Garantie in Anspruch genommen. In mindestens einem Fall war das ein Journalist, er wollte nur den Wahrheitsgehalt der Zusage testen.
Ich blätterte weiter in der Branchenfachzeitung und „das gibt es doch nicht“, schon wieder lächelt mich erneut eine Innovation aus der Touristik-Zeitmaschine an. TUI Deutschland will die vielen Flugzeiten-Änderungen bis kurz vor Abflug minimieren. Auch das war in den 90er-Jahren Bestandteil der 5-stufigen Qualitätsoffensive: keine Flugzeitenänderungen ab 14 Tage vor Abflug.
Wie auch immer, ich finde es toll, dass das Thema Innovationen wieder einen größeren Raum einnimmt. Ebenso finde ich es toll, wenn man Fehlentwicklungen wieder korrigiert und das auch offen benennt, z.B. bei TUI das Thema Marge statt Menge. Ich hatte mehrfach in früheren BBBs darauf aufmerksam gemacht, dass diese Vorgabe auf Dauer falsch sein wird. Ebenso finde ich bei TUI die Erkenntnis prima, bei aller Anerkennung der innovativen neuen Hotelkonzepten, dass einige Lieblingshotels in der Wertschätzung bei den Urlaubern so verankert sind, dass sie bereit wären dafür die Veranstaltermarke zu opfern (falls die Hotels nicht mehr im Veranstalterprogramm sind).
Ich höre jetzt schon das (vorerst noch leichte) Stöhnen bei den Veranstaltern wie Schauinsland oder JT-Touristik (die zuletzt Marktanteile dazugewonnen haben): „So ein Mist auch, jetzt versuchen die Großveranstalter doch tatsächlich wieder näher an den Kunden zu rücken“.
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