TUIfly: Massen-Krankmeldungen sind eine skandalös falsche Antwort. Ein Appell an die Vernunft.
Der seit Jahren dauernde schleichende Abstieg der einst stolzen Hapag-Lloyd Flug über HLX, hapagfly, TUIfly bis heute ist sicherlich mehr das Resultat schlechter Managementleistung als schlechter Arbeitsleistung. Aktuell war die Art und Weise der geplanten Zusammenarbeit für TUIfly mit Etihad Airways in einer neuen Holding kommunikativ sehr unterproportional.
Dass die TUIfly Kollegen verunsichert und verärgert sind, ist nachvollziehbar. Aber kurzfristige massive Krankmeldungen sind skandalös falsch. Es ist weder als „gleiches mit Gleichem zu vergelten“, noch ist es inhaltlich hilfreich, sondern im Gegenteil.
1. Dass diese plötzliche Massenerkrankung nicht von einer überraschenden Epidemie verursacht wurde, liegt auf der Hand. Sonst müsste ja das Gesundheitsamt einschreiten. Also liegt wohl eine massenhafte psychische Erkrankung vor, die “gegen das Management eingesetzt werden soll“. In den Medien wird ein Pilot zitiert mit, „das Management soll sich überlegen, ob es verantworten kann, dass Piloten, die Angst um Ihre Zukunft haben, ihre Fluggäste fliegen“. Heute wird in der Hannoverschen Zeitung eine sogar namentlich genannte Flugbegleiterin mit dem Satz zitiert: “Ich würde mich nicht in ein Flugzeug setzen, in dem das Personal so verunsichert ist”.
Geht´s noch? Diese Äußerungen können doch nicht zu Ende gedacht sein. Wenn das Mehrheitsmeinung bei Piloten und Flugbegleiter sein sollte (was angesichts der hohen Flugausfallquote anzunehmen ist), wäre das eine noch nie dagewesen Erklärung, dass Fliegen mit TUIfly zur Zeit unsicher ist. Demzufolge müsste sofort das Luftfahrtbundesamt (LBA) einschreiten und den Flugbetrieb von TUIfly stilllegen. Ein kleiner Blick über die persönliche Betroffenheit hinaus ist hier dringend geboten. Oder soll langfristig ein Einschreiten des LBAs sogar provoziert werden? Dann wirklich gute Nacht TUIfly.
2. Streik ist natürlich ein vollkommen legales Mittel im Arbeitskampf. Ich bin sogar der Meinung, dass in Deutschland eher zu wenig als zu viel gestreikt wird. Aber wann gestreikt werden darf ist gesetzlich geregelt. Dieser Streik durch Krankmeldung ist illegal. Ob abgesprochen oder nicht ist unwesentlich, es genügt schon das konkludente Verhalten („stillschweigende Abstimmung durch gleiches Verhalten“).
3.Aber es bringt auch inhaltlich nichts. Warnstreiks sind immer kurz, sie sollen ja nur warnen. Aber diese Fundamentalaktion gefährdet im Ergebnis die Firma als solche. „Weil mir jemand etwas Böses tut, verletze ich mich selbst noch stärker um darauf aufmerksam zu machen“ hat schon fast borderline Charakter. Wofür streike ich dann überhaupt? Es gilt Druck zu machen, dass man allerspätestens jetzt vom Management stärker in die Gestaltung der Zukunft einbezogen wird. Das würde aber Beendigung der Krankmeldungen voraussetzen, sonst gibt es nichts mehr zu gestalten. Die Mitarbeiter von TUI Deutschland haben es mit ihrem „schwarzen Auftritt“ zum Thema Ausgliederung doch vorgemacht, dass man auch so etwas bewirken kann. Immerhin befasst sich der Aufsichtsrat nochmal mit dem Thema und es soll auch ein Kompromissvorschlag auf dem Tisch liegen.
4. Noch ein Wort zum Lease-Vertrag mit Air Berlin. Die TUI-Altvorderen hatten hier einen Vertrag geschlossen, der in den letzten Jahren wesentlich zum Auskommen für TUIfly gesorgt. Gleichzeitig war er zunehmend eine Belastung und hat wesentlich zur schlechten wirtschaftlichen Situation bei Air Berlin beigetragen. Oft habe ich in Gesprächen in Hannover diese klammheimliche Freude gegen Air Berlin gespürt, auch bei TUIfly. Logisch, dass Etihad als großer AB-Eigentümer dringend eine Lösung suchte, bevor dieser Vertrag das Ende für AB bedeutet (wenn ich bei AB in Verantwortung gewesen wäre, hätte ich schon früher diese Karte gezogen). Letzteres wäre auch eine Katastrophe für TUIfly, weil es dafür im weltweiten Markt keinen Ersatz gegeben hätte. Das jetzige Konstrukt erscheint mir angesichts dieser Problematik für beide Seiten zumindest ein Weg für einen Kompromiss zu sein. Dafür muss man argumentativ kämpfen und nicht blockieren. Bemerkenswert wie Air Berlin mit Hilfe von Etihad-Partnerairlines versucht die Fehlleistungen von TUIfly zu mindern. So schlecht scheint der Etihad-Verbund nicht zu funktionieren.
5. Mit der jetzigen Vorgehensweise ist TUIfly allein im Kampf um eine berechenbare Zukunft. Zur Lösung solch gravierender Probleme braucht man aber Verbündete. Die Mitarbeiter in den Operations-Zentralen, am Flughafen, in den Reisebüros arbeiten sich krumm, um den Schaden der durch zumindest Teile des fliegenden Personals verursacht wird zu mindern. Vor allem aber die Fluggäste werden nachhaltig verärgert, dieser Imageschaden wird auf längere Zukunft verheerend sein. Es ist unglaublich, wie hier ein Kollateralschaden hingenommen wird, der auch nur das geringste Pflichtbewusstsein vermissen lässt. Egal kann das nur jemand sein, der darauf hinaus ist, dass es „kein weiter“ geben soll.
Es ist mehr als höchste Zeit, dass die Weitsichtigen aus dem Lager des fliegenden Personals die Kurzsichtigen überzeugen. Hardliner sind dabei eine ganze Firma zu zerstören, das ist wohl einmalig in Deutschland. Aber da hat niemand etwas davon, auch nicht die Familien des fliegenden Personals.
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