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Was macht eigentlich das Bachneunauge am Flughafen Münster-Osnabrück? Es holt sich die Mopsfledermaus zu Hilfe.

Am 11.1.2004 berichteten die BBBs über „Wie schützenswert ist das Bachneunauge am Flughafen Münster-Osnabrück?“. Es war mehrere Monate lang eine der am meisten gelesenen Bissigen Bemerkungen. Die Geschichte klang ja auch eher nach „Vorsicht Kamera“ denn nach Realität. Die vorgesehene Startbahnverlängerung des Flughafens muss den Eltingmühlenbach überqueren. Ausgerechnet hier wird das Bachneunauge vermutet (gesehen hat es bislang noch niemand). Deshalb sollten auf einer Länge von 390 m Lichteinlassfenster in die Startbahn eingebaut werden. Kostenpunkt dieser Maßnahme schlichtweg ca. 10 Millionen Euro.
Also wollten die BBBs mehr als drei Jahre danach sich mal erkundigen, wie es dem Bachneunauge in seinem lichtdurchfluteten Zuhause eigentlich so geht und erlebten dabei eine riesengroße Überraschung.

Vielleicht sollte man vorausschicken, dass das Verhältnis der BBBs zu diesem max. 15 Zentimeter großen Tier etwas ambivalent ist. Zum einen erweist sich dieses primitive Wirbeltier als extrem veränderungsunwillig, sowohl was die persönliche als auch die räumliche Veränderung betrifft. Damit nimmt sich der Rundmäuler aber Rechte raus, um die ihn jeder Hartz IV-Empfänger nur beneiden kann. Zum anderen ist das Bachneunauge aber wiederum ein sehr bedauernswertes Tier, denn das „Erwachsensein“ dauert nur wenige Monate, in denen es weder feste noch flüssige Nahrung zu sich nimmt. Der erste Geschlechtsakt in dieser Zeit ist auch gleichzeitig der letzte und damit einzige. Kurzum; tauschen möchte mit diesem Urvieh niemand. Darüber hinaus ist sein Name Bachneunauge eine einzige Lüge, denn von seinen neun Öffnungen auf jeder Seite kann in Wirklichkeit nur eine als Augenöffnung bezeichnet werden. Ein erhöhter Lichtbedarf ist somit durch nichts zu begründen.

Egal wie auch immer. Die 10 Mio-Lichtschächten waren in der Planung des Startbahnausbaus enthalten und damit schien ökologisch alles ok, wenn auch schwachsinnig.

Aber die Naturschützer gaben sich damit nicht zufrieden und klagten. Im Juli 2006, also 2 ½ Jahre nach Erscheinen der BBBs, verkündigte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen die Ablehnung der Klage.

Dabei hatten die Kläger jede Menge Gutachter aufgeboten, die aber eines gemeinsam hatten, den Konjunktiv, vorzugsweise den Konjunktiv II. Beweisen konnten (und wollten) sie nichts. Aber das Bachneunauge bekam jetzt argumentative Tier-Gesellschaft. „Das überbaute Teilstück würde zu einer Teilung der Steinbeißerpopulation führen. Die Austauschbeziehung könnte erheblich beeinträchtigt sein“. Ein Hauch von DDR – Mauer erscheint da vor dem geistigen Auge. Und ebenfalls am Rande im Spiel erschien die Mopsfledermaus. Da wurden in der Klage „Aspekte der Gefährdung von Fortpflanzungsgemeinschaften“ erwähnt. Weiß die Fledermaus, was das wiederum für ein Sexualleben ist.

Aber mit unglaublicher Akribie gingen die Richter jedem auch noch so schwachen Argument der Kläger nach, um dann auf über 60 Seiten die Ablehnung zu begründen. Die Lektüre dieses Schriftstücks weckten bei den BBBs eine Mischung von Hochachtung und Mitleid und die feste Überzeugung, dass Verwaltungsrichter heutzutage auch kein erstrebenswerter Job ist.

Die Presse titulierte danach „Gericht macht Bahn frei für FMO-Ausbau“. Weit gefehlt. Im Mai 2007 gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde des Naturschutzbundes gegen die Nichtzulassung der Revision statt.

In dieser neuen Begründung wird das arme Bachneunauge überhaupt nicht mehr erwähnt. Logisch, wie immer man das Blatt wendet, mit seinen Lichtschächten wäre (man beachtet den ironischen Konjunktiv) das Tierchen, von dem kein Mensch weiß, ob es überhaupt lebt, klar überversorgt.

Da beobachteten die nordrhein-westfälischen Tierschützer voller Bewunderung die grandiose Leistung einer nur 40 Millimeter großen Fledermaus, der sog. „Kleine Hufeisennase“ in Dresden. Was Bürgerinitiativen nicht schafften, was sogar die Drohung der Aberkennung des Status Weltkulturerbe durch die UNESCO nicht schaffte, der kleine fliegende Winzling schaffte es: den Bau der seit fast hundert Jahren umkämpften Waldschlösschenbrücke in Dresden zu stoppen. Vier Tage vor Baubeginn hatte das Verwaltungsgericht Dresden der Klage von Naturschutzverbänden stattgegeben und einen einstweiligen Aufschub verhängt.

Ergo, in seinem 25seitigen Schriftstück der Anwälte der NABU gegen den Startbahnausbau in Münster-Osnabrück wimmelt es jetzt nun von Fledermäusen aller Art und dem in diesen Kreisen beliebten Konjunktiv II. Der „genialste“ Satz in Augen der BBBs lautet darin: „Erhebliche Beeinträchtigungen –das Vorhandensein der Fledermäuse unterstellt- hält der Gutachter für möglich bei Mopsfledermaus, Teichfledermaus, Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr, Fransenfledermaus, Wasserfledermaus.“. Wobei die Kläger nicht das Vorhandensein wenigstens eines dieser Tierchen beweisen wollen. Nein, der Flughafen soll beweisen, dass keines der Tiere vorhanden ist. Ein Glück, dass die Mopsfledermaus ein nachtaktives Tier ist, größere Beleuchtungsanlagen werden deshalb wohl nicht gefordert werden.

Und so wartet der Flughafen Münster-Osnabrück nun schon im 13. Jahr nach Antragstellung auf seine Startbahnverlängerung. Erinnert sich noch jemand wie unsere Kanzlerin auf dem letzten BTW-Gipfel voller Stolz auf das „Infrastrukturbeschleunigungsgesetz“ verwies?

Übrigens für die Schallschutzmaßnahmen an den Nachbarorten wurden nur 700.000 Euro veranschlagt. Klar, da wohnt ja auch nicht das Bachneunohr.

Sie sollten jetzt kurz darüber lachen (auch wenn es zum Weinen ist), sonst erscheint Ihnen heute Nacht im Traum alles durcheinander, Mopsfledermaus, Bachneunmaus, Neunaugenmaus, Fledermopsauge, Gutacher-Mausohr bis hin zum NABU-Vampir.

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