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Berlins Regierender Schönredner (Zitat Spiegel online)

Wenn 25 Tage vor der Eröffnung des Flughafens BER der Termin abgesagt wird, dann nimmt jeder normal denkende Mensch an, dass relativ bald diese Eröffnung nachgeholt wird. Zu recht wird dann gewarnt, „aber jetzt nicht überstürzt, sondern erst wenn alle Fehler beseitigt sind“. Wenn dieses Datum aber dann fast 300 Tage nach der ursprünglichen Eröffnung liegt (Zitat Wowereit: „Das ist nicht einfach zu erklären), dann gibt es nur drei Möglichkeiten
1. es lag grenzenloser Optimismus vor
2. man hoffte auf ein göttliches Wunder oder
3. es herrschte gnadenlose Unwissenheit.

Die richtige Antwort lautet 2. auf der Basis von 3.
Begründung für die Verschiebung: Das Bauordnungsamt ist „nicht bereit eine interimistische Lösung“ beim Brandschutz zu akzeptieren. Also war schon lange bekannt, dass man nie und nimmer eine ordentliche Eröffnung zum 3.6. schaffen konnte.

Aber „wir“ sind ja schon wieder fast fertig: Zitat Wowereit am 13.5. (wenige Tage nach der Eröffnungs-Verschiebung und 300 Tage vor Eröffnung): „Die Bürgerinnen und Bürger konnten sich am Tag der offenen Tür anschauen, was das für ein toller Flughafen wird“. Herrlich, Potemkin auf berlinerisch.

Staatssekretär Rainer Bomba vom Bundesverkehrsministerium (wie heißt eigentlich der zuständige Bundesverkehrsminister? Sein Name ist mir gerade entfallen. Man hatte schon lange nichts mehr von ihm gehört, wahrscheinlich ist er mal wieder auf Informationsreise. Nach Timbuktu oder sonst wohin) meinte: „Der Aufsichtsrat sei oft tief in die Materie eingestiegen“. Oh weh, das ist ja noch schlimmer, sich informiert aber nichts kapiert zu haben.

Und die Trickserei geht weiter. Wowereit auf der Pressekonferenz über das neue Eröffnungsdatum: „Überdies hätten die Fluggesellschaften Wert darauf gelegt nicht vor dem Winterflugplan umzuziehen“. Diese Meinung hat er exklusiv. Air Berlin-Chef Mehdorn unmittelbar danach: „Dieser Termin am 17.3.2013 ist völlig unakzeptabel“.
Ebenso (vorsätzlich) falsch ist die Behauptung im Prinzip würden die Flüge 1:1 von BER nach Tegel umgelegt.
Liebe Leserinnen und Leser der Bissigen Bemerkungen, man muss kein großer Prophet sein, um zu behaupten: „Das Chaos wird Dauergast in Tegel sein!“. Und wenn wir sagen Chaos, dann meinen wir richtiges Chaos.

Die BBBs wollen ja nicht gehässig sein (?), aber ist da vergleichsweise die gesetzliche Entschädigung für eine Flugverspätung von (nur) vier Stunden noch gerecht?

Noch ein lustiges Zitat zum Schluss, das gerade 80 Tage alt ist:
„Der Schwarz (Flughafendirektor) sieht ja noch erstaunlich gut aus, 100 Tage vor der Eröffnung. Irgendwo steht da eine Guillotine rum, unter die er muss, wenn dann der Flughafen nicht offen ist“. (Air Berlin-Chef Mehdorn, mit seinem typischen unnachahmlichen Charme, am 29.2.2012.)
Oh, das wird ein Gedränge an (unter) der Guillotine geben (Zitat: BBB).

Noch einen Nachtrag, Gewinner gibt es auch:
Z.B. die Tourismusmacher von Berlin. Die bekommen jetzt zweimal zusätzliche Gäste. Zu erst um die aktuelle Katastrophe zu sehen („Meine Damen und Herren, hier sehen Sie den großen Unvollendeten. Nie gab es mehr Eröffnungsverschiebungen als hier“) und dann später am 17.3.2013 oder irgendwann noch später um das „Wunder von Berlin“ zu sehen („Meine Damen und Herren, keiner hat es geglaubt, außer Wowereit. Aber dann war er doch fertig. Was bedeuten schon ein paar Jährchen in der 775jährigen Geschichte von Berlin).

Letzter Nachtrag.
Um ehrlich zu sein, Berlin ist was Baumängel betrifft kein Unikat. Wir hatten in den letzten BBBs schon auf die Hamburger Elbphilharmonie hingewiesen. Ähnlich „lustig“ geht es beim Bau des Jade-Weser-Ports in Wilhelmshaven zu. Eröffnungstermin für den Hafen ist der 5. August. Außer den politisch Verantwortlichen glaubt kein Mensch, dass dem so sein wird. Auf die Details dazu soll hier verzichtet werden. Am letzten Freitag wurden vier riesige Containerbrücken mit einem Spezialschiff aus China angeliefert. Die konnten aber nicht abgeladen werden, weil es Zweifel an der Standfestigkeit der Kaje gibt. Vom Jade-Weser-Port war kein Verantwortlicher an diesem Tag zu erreichen, die hatten sich komplett „ihren Brückentag“ (Freitag nach Himmelfahrt) genommen. Ist doch logisch: Brückentag zu nehmen wenn die Brücken kommen. Jetzt liegt das Schiff draußen vor Wilhelmshaven auf Reede und wartet auf das Abladen (aber diese Woche sind Pfingstferien, so ein Pech auch).

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