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Ein zweifelhaftes Flughafen-Jubiläum

In rund zwei Wochen, am 23.11.2017, sind genau 2.000 Tage seit der spektakulär geplatzten Eröffnungsfeier von 2012 vergangen. Als ich in den Bissigen Bemerkungen vom 2.3.2015, anläßlich 1.000 Tage Nicht-Eröffnung, schrieb „merken Sie sich den 23.11.2017 vor, dann sind schon 2.000 Tage seit Nichteröffnung vergangen“, hatte das jeder als Scherz aufgefasst. Zumal der damalige BER-Chef Hartmut Mehdorn, kurz vor seinem Rausschmiss noch verkündet hatte: „Der BER wird immer fertiger und fertiger“. Der gute Konrad Duden soll ob dieser „sprachlichen Glanzleistung“ im Grab rotiert sein.

Aber es ist in zwei Wochen nun tatsächlich soweit. Party, Party, ist angesagt. Und warum nicht? Offensichtlich haben die Berliner Airliner kein Problem damit, vor allem Niederlagen so richtig zu feiern (Hertha BSC Syndrom?), siehe Ankunft des letzten Air Berlin-Flugzeuges in Tegel. Was es da zu feiern gab ist mir ein Rätsel.Totenmesse für die Airline wäre angebrachter gewesen. Einige Protagonisten sollen angeblich noch morgens um ½ 6 im Borchardt gesehen worden sein. Mit ähnlicher Begründung wie “letzter Flug“ kann man dann auch „Nicht-Flughafen BER“ feiern. Zumal diese Nichteröffnung natürlich auch einer der Sargnägel für Air Berlin war. Eine Beziehung ist also da.

Spötter haben natürlich auch schon längst Erfolge des BER ausgemacht. Emissionsärmster Flughafen der Welt, einziger Flughafen, der alle Lärmrestriktionen weit unterbietet, Flughafen mit der längsten Nachtschließungszeit der Welt (20.00 Uhr bis 20.00 Uhr), einziger Flughafen, der eine special Eröffnung für ein Panda-Pärchen machte und sofort danach wieder den Flughafen schloss. Wer die Live-Übertragung im TV sah oder sogar vor Ort war, wird auch registriert haben, dass bei der Löschwasser-Begrüßung durch die Flughafen-Feuerwehr, nur ein Löschfahrzeug richtig funktionierte, während das andere etwas prostatamäßig vor sich hin tröpfelte. War ja zum Glück kein Notfall.
Und welcher Flughafen kann einen Halbmarathon (ein kompletter Marathon würde zum BER nicht passen) über die Start- und Landebahnen führen. Und wenn es dann dunkel wird (schlau getimt) sieht man auch nicht was ist fertig, was nicht und was wird wahrscheinlich nie fertig werden.

Aber die Kernkompetenz der beteiligten Flughafen (Nicht-) Bauer, vorneweg der Berliner Senat, liegt auch nicht auf dem „BAUEN“, sondern mehr beim Thema Flughafenschließung. 2008 wurde der funktionierende Flughafen Tempelhof schlechtgeredet und wahrheitswidrig zum rechtlichen Hindernis für den BER erklärt. Aber diese „Hindernis-Beseitigung“ hat dem BER nicht geholfen. Ähnliches passiert jetzt mit dem Flughafen Tegel. Eine unnötige Schließungs-Diskussion JA oder NEIN verhindert den Blick auf die wesentliche Frage: Was ist „jetzt“ zu tun, um diesen Flughafen noch über Jahre hinweg in einen funktionierenden Zustand zu bringen.

Wenn ich Regierender Bürgermeister wäre, würde mich ein solcher Artikel wahnsinnig machen: „Türkei baut riesigen Flughafen in Rekordzeit“. Im Juni 2014 (also 2 Monate nach Nicht-Eröffnung BER) war Spatenstich und am 28. Oktober 2018 soll Eröffnung sein. Er soll gleich zu Beginn 90 Mio. Passagiere abfertigen können, also ein Vielfaches von der Kapazität des BER. Wieso kann das Istanbul und Berlin nicht?

Also liebe Berliner, auf zur BER-Nichteröffnungsparty am 23.11.2017. Und dass man im BER gut feiern kann, wurde vor kurzem schon im Praxistest nachgewiesen. Am 22.6.2017 feierte der Verband der Bauindustrie sein Sommerfest im BER-Terminal. Ausgerechnet der Verband der Bauindustrie, ganz schön makaber. Gerüchteweise soll demnächst ein großer Kongress gegen Aviophobie (Flugangst) in den Räumen des BER stattfinden. Kongress-Untertitel: „Keine Angst, von hier werden sie garantiert nicht abfliegen“.

Zuletzt noch einen Trost an alle, die am 23.11.2017 nicht zum Feiern zum BER kommen können. Reservieren Sie sich schon mal den 19.8.2020, da steht die Feier 3.000 Tage Nicht-Eröffnung BER an. Diese Party soll noch größer werden. Und da will Bundeskanzlerin Merkel auch ihre 2012 ausgefallene Rede nachholen, denn bis zur eventuellen BER-Eröffnung kann sie nicht mehr warten. Thema der Rede: Wir schaffen das.
An dieser Stelle darf dann auch gelacht werden.

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