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So wird das nie was mit der Tourismusbranche

Hier drei Beispiele für diese Behauptung:

1. Die Sonnenscheinbranche, warum eigentlich?
Eigentlich hat die Branche Probleme ohne Ende. Luftverkehrsabgabe, Zwangs-Emissionshandel für unsere Airlines, Steigende Ölpreise, Nachfragedesaster durch den arabischen Frühling und in Griechenland, seit Jahren sinkendes frei verfügbares Einkommen (außer für Spitzenverdiener), neue Hotelsteuern in vielen Städten, steigende Mehrwertsteuer für Flussschiffe, Nachtlandeverbote, permanent steigende Kosten durch die Zersplitterung der Flugsicherung in Europa bewirken eine Umsatzrendite die zum „Totlachen“ ist und das darf wörtlich genommen werden. Reisebüros überleben entweder durch „sehr niedrige Gehälter“ oder durch Selbstausbeutung der Inhaber. Jede andere Branche hätte inzwischen im Wirtschaftsministerium und im Kanzleramt „die Tische umgeworfen“. Automobilbranche, Pharmaindustrie, Bauernverband seien nur als herausragende Beispiele genannt.
Doch was macht die Tourismusbranche? Sie lächelt. „Es geht uns gut“ als Dauer-Mantra. Ob ITB, DRV-Jahrestag oder BTW-Gipfel: „es geht uns gut“. Und dann wundert man sich, dass „die Politik nichts für uns tut“. Warum auch, es geht „uns doch gut“.
Lache Bajazzo, verwandle in Witze die Schmerzen und die Tränen.

2. Personen und ihre Aussagen stehen für Respekt für eine Branche
Zum „Nicht-Ernstnehmen“ passt kaum eine Person so gut wie der Vorsitzende des Tourismusausschusses im Bundestag, Klaus Brähmig. Seine Aussage unmittelbar vor der ITB, Touristen sollen nicht nach Ägypten reisen, war ein Schlag ins Gesicht des ITB-Partnerlandes Ägypten. So wurde noch nie ein Partnerland brüskiert. Jetzt mag man bei uns in Deutschland sagen, „war doch nur der Brähmig, den nimmt doch eh niemand für ernst“. Richtig! Aber unsere Partner denken, der Vorsitzende eines Bundestagsausschusses müsste doch eine wichtige politische Person sein. Und von wegen „Missverständnis“. Dieses Thema ist bekanntermaßen seine Spielwiese. Die BBBs haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass diese Denkweise auch inhaltlich falsch ist (zuletzt in den BBBs vom 25.7.2011 „Warum sollen Urlauber moralischer sein als die Bundeskanzlerin“).
Seine, sagen wir mal „etwas komische“ Ansicht über Tourismus, zeigte sich auch in seiner Ansprache beim Parlamentarischen Abend der DZT. Originalton Brähmig zur Bezahlung im Tourismus: „Dienen am Menschen muss besser bezahlt werden als Dienen an einer Maschine“. Hallo, ist Tourismus „Dienen“? Im Wort „Dienstleistung“ geht es um einen „Dienst leisten“. Von Dienen ist da überhaupt nicht die Rede. Hier von „Dienen“ zu sprechen, sorry, das ist finsteres Mittelalter. Wenn solche Politiker im politischen Betrieb Tourismus repräsentieren, dann darf man sich nicht wundern dass „Tourismus“ im Berliner Betrieb nicht ernst genommen wird. Hier ist dringend eine Veränderung erforderlich!

3. Nur wenig Innovation im ITB-Betrieb.
Wenn vor einigen Jahren ein ITB-Besucher ins Koma gefallen wäre und man hätte ihn jetzt ohne Zusatzinformation durch die Hallen schlendern lassen, er würde garantiert nicht merken, dass Jahre vergangen seien. „The same procedure as every year“, man hörte es an allen Ecken und niemand störte es. Fast niemand. Selbst bei den abendlichen Parties grüßte das „Murmeltier“ sehr herzlich.
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Nach längerer Abstinenz gibt es diese Woche wieder akustische Bissige Bemerkungen im Reiseradio (www.reiseradio.org), diesmal live aufgenommen auf der ITB. Außerdem im Reiseradio Dr. Michael Frenzel, Dr. Adrian von Dörnberg, Reinhold Messner und, unvermeidlich, ein „paar Töne“ zum Tourismus-Schreck Klaus Brähmig.

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Neuer Geniestreich von Ramsauer

Erfahrene BBB-Leser werden diesen Namen schön länger vermisst haben: Peter Ramsauer, spezieller „Freund“ der Bissigen Bemerkungen. Sein Engagement für Bahnhofstoiletten haben wir an dieser Stelle schon mehrfach „gewürdigt“, ebenso wie sein Nicht-Kümmern um das elementarste Flugproblem Europas: Single European Sky. Aber jetzt hat Ramsauer wieder mal mit einer epochalen Entscheidung von sich reden gemacht.

Aber zuvor müssen wir Sie, liebe Leserinnen und Leser der Bissigen Bemerkungen, sicherheitshalber darauf aufmerksam machen, dass heute nicht der 1. April ist. Denn als Aprilscherz, hätte die Entscheidung von Ramsauer alle Chancen einen Top-Platz zu belegen. Aber wir befinden uns kurz vor Jahresende. Vielleicht wollte Ramsauer so kurz vor Schluss nochmals mit einem richtigen Paukenschlag in die Presse gelangen. Kommen wir also zur Sache.

Das Bundesverkehrsministerium hatte einen Wettbewerb zum Thema „Erfolgskonzepte in der kommunalen Straßenerhaltung“ ausgerufen. Ziel des Wettbewerbs war es, innovative und beispielhafte Ideen und Lösungen zu finden, mit denen bereits heute Kommunen in Deutschland den Verfall ihrer Straßen bekämpfen. Neben vier anderen Städten wurde auch die Stadt Ratzeburg ausgezeichnet. Und jetzt raten Sie mal für welche Innovation?
Die Stadt Ratzeburg wurde ausgezeichnet für Ihr Konzept „Lesungen auf Straßenbaustellen“. Zitat Ramsauer anlässlich der Preisverleihung, die er natürlich persönlich vornahm: „Ich freue mich, dass die Kommunen neue Ideen zum Straßenerhalt entwickeln und erproben.“

Leider wurde nicht überliefert, worin nun die Genialität der Ratzeburger Idee besteht. Übertragen die Ratzeburger ihre Lesungen mit überdimensionalen Lautsprechern, damit es den wartenden Autofahrern kurzweiliger vorkommt? Nein, das muss schon mehr sein, schließlich geht es um das Thema „Straßenerhalt“.
Na klar, ganz einfach, man muss nur darauf kommen. Die Ratzeburger lesen ihre Straßenprobleme einfach weg. Kann doch sein, man „bespricht“ ja auch Warzen, damit sie verschwinden. Einmal „hokus pocus fidipus“ gesagt und flugs ist der Straßenschaden verschwunden. Sicherlich wird aus dem Buch von Elias Piluland gelesen (1634 erschienen), in dem der Begriff des hokus pocus erstmals auftauchte. Der deutsche Titel lautete übrigens „Hokus Pocus oder Taschen-Spieler“. Nicht, dass da jemand persönlich gemeint sein sollte. Laut wikipedia (ausnahmsweise mal zitiert) steht „Hokuspokus“ auch für „großes Getue um nicht erkennbare Taten“.
Liebe Leserinnen und Leser, falls Sie diese Woche Probleme im Arbeitsalltag haben, starten Sie die Problemlösung doch auch einmal mit einer kleinen Lesung (vielleicht aus dem Buch von Guttenberg „Vorerst gescheitert“, natürlich mit Betonung auf “vorerst”).

Fast zur gleichen Zeit mit der Preisverleihung wurde der Etat 2012 von Peter Ramsauer im Bundestag verabschiedet. Stolz verkündete der Minister: „Verlässlich hohe Investitionen in die Bereiche Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bedeuten mehr als Asphalt und Beton. Sie sichern Wachstum und Wohlstand in unserem Land“. Und in der Tat steht mehrjährig jetzt eine Milliarde zusätzliche Investitionsmittel zur Verfügung. Die Freude darüber legt sich allerdings etwas, wenn man sich die Mittelzuteilung ansieht: 600 Millionen mehr gehen in den Straßenbau (wie viel davon in Lesungen?) und nur 100 Millionen mehr entfallen auf die Schiene. Ökologische Orientierung sieht jedenfalls anders aus.

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Ein prominentes Gesicht für den Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL)

Jetzt hat der BDL seinen neuen hauptamtlichen Präsidenten gefunden: Klaus-Peter Siegloch, einen der großen TV-Journalisten, bekannt vom „Heute-Journal“ und von „Was nun, ..“. Zur Begrüßung gab es gleich ein bisschen Gegenwind vom Branchenfachblatt fvw. Dirk Rogl meinte in seinem Blog: Ein klarer Sieg der medialen Präsenz über die fachliche Kompetenz.

Na klar, kann man darauf nur antworten. Dass die Luftverkehrsbranche über hervorragende fachliche Kompetenz verfügt, ist wohl unbestritten. Aber hat es ihr etwas genützt? Leider nein. Zu der von der Politik zu verantwortenden Aschewolke-Krise kam dann noch die Luftverkehrsabgabe. Eine dreiste Belastung einer schon gebeutelten Branche mit ohnehin knapper Marge (viele spotten ja schon von fliegenden Non-Profit-Organisationen).
Also, was braucht die Branche? Sie braucht einen Lobbyisten, der an den richtigen Stellen, mit der richtigen Sprache, die wichtigsten Themen anspricht. Und, er muss das nicht nur mit Ãœberzeugung, sondern mit sehr viel Power machen. So einen Macher zu finden ist nicht so einfach.

Die BBBs hatten ja schon befürchtet, die fvw würde ihren Liebling aus vergangenen Tagen, Thomas Middelhoff, vorschlagen. Als „Windmacher“ wäre er schon eine große Nummer, nur mit der Nachhaltigkeit sieht es nicht so gut aus.
Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg hätte auch für große Auftritte gesorgt. Seine Reden hätte er sich ganz offiziell schreiben lassen können. Und auch Flugerfahrung ist reichlich vorhanden.
Matthias Wissmann, ehemals gelobter Bundesminister, heute Präsident des Automobilverbandes VDA, wird stets als Vorbild genannt. Dem ist nicht zu widersprechen. Er galt schon in der Politik als hoch qualifiziert.
Wie sieht es da aktuell im Bundesparlament mit sich anbietenden Kandidaten aus? Leider schlecht.
Dirk Fischer (CDU), Vorsitzender des Verkehrsausschusses: „Die Ticketabgabe bringt für die hiesigen Flughäfen und unsere deutschen Airlines Nachteile im Wettbewerb. Anders kann man das nicht sehen.“ Trotzdem hat er für die Luftverkehrsabgabe gestimmt, logisch?
Patrick Döring, verkehrspolitischer Sprecher der FDP: “Niemand von uns hat sich die Ticketabgabe gewünscht. Ein nationaler Alleingang verzerrt immer den Wettbewerb, das ist unstrittig.“ Trotzdem hat er für die Luftverkehrsabgabe gestimmt, logisch?
Soviel Unsinn wird Siegloch nicht reden können.

Und was die fachliche Kompetenz betrifft, so muss man sehen, dass einer der Gegenspieler von Siegloch, Peter Ramsauer heißt. Ganz kurzfristig war dessen Name als neuer Verteidigungsminister im Gespräch. Das hätten die Bissigen Bemerkungen gut gefunden. Damit wäre der Afghanistan-Krieg schnell zu Ende gewesen, denn die Taliban hätten sich totgelacht. Auch so kann man einen Krieg gewinnen. Aber was sagten die berühmten „Insider“ zu Ramsauer? Es liege ihm nicht so, sich zu sehr in Details einzuarbeiten. Deshalb hält er sich auch das wichtigste Branchenthema „Single European Sky“ vom Halse. Also, da kann Síegloch aus dem Stand mithalten.

Lieber Klaus-Peter Siegloch, lesen Sie bitte nicht nur das von Dirk Rogl empfohlene fvw-Abo, dort gibt es “nur” Informationen. Schauen Sie lieber öfters bei den BBBs rein, da finden Sie die richtige verbale Power für Ihren künftigen Job. Viel Erfolg!
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In eigener Sache.
Herzlichen Dank für die vielen Glückwünsche zum 10jährigen Jubiläum der Bissigen Bemerkungen. Das war toll und hat gut getan. Natürlich muss man dann auch manches Geschenk ertragen, wie dieses Buch: „Je mehr Zähne mir ausfallen, umso bissiger werde ich…!“

Im Reiseradio (www.reiseradio.org) kommen diesmal Jugendverbände mit einem brisanten Thema zu Jugendreisen zu Wort. Prof. Feige spricht über noch immer dringend notwendige Investionen in der Hotelbranche und der oberste Sparkassenchef ermuntert zum Kreditaufnehmen. Bei den akustischen Bissigen Bemerkungen geht es um Terminnöte vor und auf der ITB, um ein zweijähriges Kind, das alleine Bahn fahren muss und auch sonst noch um allerlei Aufreger.

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Der Gipfel, der eine Grube war

Eigentlich darf ich mich ja nicht beklagen. Ich hatte von Ramsauers Rede auf dem BTW-Gipfel nichts erwartet und meine Erwartungen wurden voll erfüllt. Aber das kann eigentlich nicht sein, dass der Verkehrsminister vor der Tourismusbranche spricht und sich überwiegend mit Straßenverkehr, LKW-Maut u.ä. befasst. Zu den wirklich wichtigen Dingen, zu all den Dingen die der Branche auf den Nägeln brennen, fast nur Lächerliches.

Single European Sky? O-Ton Ramsauer: „Das ist eine Sisyphus-Arbeit“.
Natürlich ist sie das. Aber hier könnte man Großes vollbringen für die Branche, Kostensparen und gleichzeitig die Umwelt entlasten. Aber bei ihm hat man nicht den Eindruck, dass „er den großen Stein nach oben rollt, dieser aber leider im entscheidenden Moment immer wieder nach unten rollt“ wie es Sisyphos in der griechischen Mythologie geschieht. Bei ihm hat man eher den Eindruck, dass genau aus diesem Grund er den großen Stein nicht einmal anfasst.

Luftverkehrssteuer? O-Ton Ramsauer: „Meine Erfindung war das nicht. Wenn ich könnte, dann würde ich …“. Auch hier ist er kein Sisyphos (ja nicht anfassen), sondern er macht jetzt einen auf Pilatus „Ich wasche meine Hände in Unschuld“.

Aber die Bahn, die würde ihm am Herzen liegen. Er kontrolliert auch „die Sauberkeit der Bahnhofstoilette in Traunstein“, seinem Wahlkreis. Das hat er wörtlich gesagt, soll wohl Volksnähe bedeuten. Auch ansonsten „liegen ihm die Bahnhöfe sehr am Herzen“. Ramsauer könnte wohl sofort zu „Wetten, dass …“ gehen: Er kann 10 deutsche Bahnhofstoiletten am Geruch erkennen. Toll, Herr Minister.

Etwas unverständlich, wenn er bei der Verabschiedung noch gelobt wird, als einer der Minister, der immer „ein offenes Ohr für die Branche hat“. Was nützt das, wenn in seinem Kopf immer „Durchzug zwischen den beiden Ohren herrscht“. Von ihm hat die Branche auch in Zukunft nicht viel zu erwarten. Diese 40 Minuten waren verlorene Zeit.

Verlorene Zeit war auch, bis zum Schluss ausgeharrt zu haben, zur Verleihung des „Innovationspreis der Deutschen Tourismuswirtschaft“. Der Preisträger heißt: Lufthansa. Dann lauscht man gespannt der Begründung und man lauscht und man lauscht und man lauscht und die Laudatio nimmt kein Ende. Einige Teilnehmer meinten, diese Rede könne nur die Marketing-Abteilung der Lufthansa geschrieben haben. Glaube ich nicht, das sind Profis, die hätten nicht so dick aufgetragen. Und die Begründung: Die besondere Leistung der Lufthansa für ihre First-Class Passagiere. Ist dies das Thema, das die Branche z.Z. bewegt und vorwärts bringt? Nach einer gefühlten halben Stunde hatte ich im Kopf abgeschaltet, aber wenn ich mich im Unterbewusstsein richtig erinnere, wurde auch der Teppich in der First Class lobend erwähnt (kein Scherz). Ich will niemanden persönlich zu nahe treten, aber hatte diese Nummer Lufthansa oder der BTW nötig?

Legen wir auch den Mantel des Schweigens über jede Art der Moderation am ersten Tag. Umso bemerkenswerter wie sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussionen (außer Moderator) angestrengt haben, sich vom generellen Niveau des Tages nach oben abzuheben. Auch die unaufgeregte sachliche Präsentation von BBI war sehr angenehm. Immerhin war nicht der ganze Tag verloren.
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Besonders empfehlenswert sind diese Woche im Reiseradio (www.reiseradio.org) die akustischen Bissigen Bemerkungen. Die wurden nämlich unmittelbar nach dem „Gipfel“ aufgenommen. Da kommt meine Originalstimmung klasse rüber und weitere Kommentare zu den Reden von Wowereit und Gabriel.
Außerdem ist noch mehr Gipfel drin, auch ein Interview mit Dr. Peter Raumsauer. Ich selbst habe es noch nicht gehört, wahrscheinlich werde ich diese Stelle im Reiseradio überspringen. Aber wer nicht in Berlin war, kann es sich ja gönnen.

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Darf ein Bundespräsident sich über gestrandete Urlauber lustig machen?

Das Ansehen eines Bundespräsidenten soll eigentlich nicht beschädigt werden, was ist aber wenn er es selbst beschädigt? Wochenlang hat Bundespräsident Köhler zu wichtigen aktuellen Fragen, die das ganze Volk beschäftigt, geschwiegen. Kabarettisten unkten schon „wo ist Horst?“.

Jetzt hat Köhler sich kräftig zu Wort gemeldet. Leider. Zu seiner Entschuldigung könnte man anführen, dass er z.Z. keine/n Pressesprecher/in hat, die auf ihn „aufpassen könnten“. Ein Glück, „die Neue“ kommt zum 1.6.2010.

Seinen Versprecher(?) zum Afghanistan-Krieg hat die Presse diese Woche weidlich kommentiert. Daneben blieb eine andere Rede von Köhler, vor dem Weltverkehrsforum in Leipzig, weniger beachtet. Aber die Bissigen Bemerkungen, an allem interessiert was mit Mobilität zusammenhängt, haben die Rede entdeckt (siehe www.bundespraesident.de). Leider!.

Ist es die besondere, von Kabarettisten oft verspottete, Naivität des Bundespräsidenten oder lebt er in einer anderen Welt als sein Volk.
Beispiele gefällig?
1. Als einer der wesentlichen Punkte dieses Weltverkehrsforums sollte das Thema „Zusammenbruch des Luftverkehrs wegen der Aschewolke“ auf der Tagesordnung stehen. Was fällt unserem Bundespräsidenten dazu ein? Er berichtet von Bürgern die „in Wahrheit erleichtert waren, dass die anstrengende Urlaubsfernreise ausfiel“. Darf man an dieser Stelle anmerken, dass dies, Entschuldigung für den Ausdruck, eine Verarschung all jener war, die unter großer Belastung versucht haben an ihr Ziel oder wieder nach Hause zu kommen? Gleiches gilt für die tolle Arbeitsleistung der Beschäftigten in Luftverkehr und Touristik. Natürlich keine mahnenden Worte des Präsidenten an die wahren Verursacher des Chaos, Verkehrsministerium, Flugsicherung und Wetterdienst.

2. Der Bundespräsident sah sich auch veranlasst, vor den Delegierten aus 52 Ländern, sich kritisch mit einer einzelnen Werbung auseinandersetzen zu müssen, die er an Berliner Bussen gelesen hatte. Dort hatte eine Fluggesellschaft mit folgendem Werbespruch auf sich aufmerksam gemacht: „Norwegen rückt näher, Oslo ab 29 Euro“. Ob Köhlers folgender Satz ernst gemeint war? Wörtliches Zitat: „Norwegen ist aber keinen Zentimeter näher gerückt. Oslo ist noch immer 1.000 Kilometer von Berlin entfernt“. Liebe Leserinnen und Leser der BBB, es ist zu befürchten, dass er dies als ernsthafte Erkenntnis auch genau so wörtlich gemeint hat. Nur just for Info für das Bundespräsidialamt: Wien liegt zwar nur 700 Km von Berlin entfernt, aber immerhin. Natürlich musste der Bundespräsident 2008 zum EM-Endspiel dort sein. Hat zwar nichts genutzt, dafür durfte es auch mehr als 29 Euro kosten. Shanghai ist übrigens 8.400 km entfernt. Macht ebenfalls nichts, der deutsche Pavillon und 1,4 Mrd. Chinesen haben auf diesen Tag seines Besuches gewartet. Diese Woche wird die Kanzlerin etliche 100 Km unnötig ins Trainingslager unserer Fußball-Nationalmannschaft fliegen, als ob Jogi Löw nicht schön genügend Probleme hätte.

3. Aber auf eines der dringendsten verkehrspolitischen Fragen Europas, den „Single European Sky (Neuordnung des Luftraums über Europa ohne nationalen Grenzen), ging Köhler mit keinem Satz ein. Dabei hatte vor zwei Jahren auf der gleichen Konferenz die Bundeskanzlerin in ihrem Statement noch genau dies als eine der zentralen Aufgaben bezeichnet. Lufthansa-Chef Mayrhuber hatte vor Jahren mal vorgerechnet, dass der z.Z. deshalb unnötig verflogene Treibstoff reichen würde, um täglich mehrfach nach New York zu fliegen! Aber da hätte man ja an die politische Nase fassen müssen.

Wenn im Moment in Berlin nach Einsparungen gesucht wird, die BBB hätten da mal einen Vorschlag……

Natürlich, das Bundesverkehrsministerium unseres speziellen Freundes Ramsauer, war auf der Tagung mit mehreren eigenen Infoständen vertreten. Auf einem war ein Modell des Forschungsflugzeuges „Falcon“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt ausgestellt. Genau richtig erinnert, es ist jenes Flugzeug, das im kritischen Moment so lange brauchte um in die Luft zu kommen, um dann festzustellen, „keine Asche da“,

Dabei sind internationale Konferenzen, die über Umweltbelastungen diskutieren, per se schon ein Witz, denn in aller Regel stehen die durch An- und Abreise entstandenen Belastungen in keiner Relation zum Kongressergebnis. Vergeblich haben die Bissigen Bemerkungen im Internet nach einem Abschluss-Komitee gesucht, dafür aber einen interessanten Pressekommentar gefunden: Das im Vorfeld des Kongresses so hoch gelobte Tagungspapier „Transport Outlook“ ist nicht von einer unabhängigen Forschungseinrichtung erstellt worden (wie allgemein kolportiert), sondern von einer Kommission in der u.a. auch Staatssekretäre ihren Sitz hatten, also ein zuerst politisches Papier. Aber noch schöner war eine andere Bemerkung in diesem Kommentar: „Im Grunde ist die Studie sogar ein Eingeständnis, dass die Verkehrsminister der wichtigsten Länder weder eine Vision, schon gar keine Strategie und erst recht keinen Willen haben, den Weltluftverkehr zukunftsfähig zu machen“. Schöner hätten es die BBB auch nicht formulieren können, höchstens kürzer, mit einem Wort: Ramsauer.

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Diese Woche im Reiseradio (www.reiseradio.org) u.a. einen Bericht über den neuen Center Park Mosell im Elsaß, der exakt in die Schneise gebaut wurde, die zu Weihnachten 1999 der Orkan Lothar „geschaffen hatte“. In den Bissigen Bemerkungen geht es um das immer aktuelle Thema Last Minute.

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