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Fair reisen

„Fair reisen“
Tagesspiegel, 6.3.2018

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Informiert sich Ryanair bei den Bissigen Bemerkungen?

Große mediale Aufregung: Ryanair-Boss O`Leary plant Gebühr für die Benutzung der Bordtoilette. Hat er eventuell bei den Bissigen Bemerkungen gespickt? Bereits vor drei Jahren hatten die BBBs spekuliert, ob Ryanair exakt diese Gebühr einführen würde (siehe BBB vom 20.1.2006 „Klofrau bei Ryanair demnächst Realität?“).
Während die BBBs noch davon ausgingen, dass eine Klofrau oder ein Toiletten-Boy oder Mr. O`Leary höchstpersönlich kassieren wird, versucht Ryanair ohne Mehrpersonal auszukommen. Aber mit dem Vorschlag „ein Pfund“ in ein Münzsystem einzuwerfen ist Ryanair überraschend nicht konsequent genug. Zur Firmenphilosophie würde Bezahlung per Kreditkarte besser passen, also ein System mit „Kreditkarte durch den Schlitz ziehen“. Wobei Ryanair preislich unterscheiden könnte zwischen Toilettengang schon bei Buchung gebucht (etwas preisgünstiger) oder erst bei Bedarf an Bord. Chance für die Kunden: Vielleicht gibt es dann mehr Toiletten an Bord, wenn Ryanair damit Geld verdienen kann. Andererseits wer muss ohne Essen und Trinken auf die Toilette? Um für einen kurzen Moment mehr Platz als in der Sitzreihe zu haben?

Irgendwie ist es einfach Entwicklungen bei den extremen Billigfliegern vorherzusagen. Mancher Leser wird sich noch an die BBB vom 11.11.2002, „Wann führen die Billig Airlines den Minus-Preis ein“ erinnern. Und letztes Jahr war es dann auch soweit, siehe BBB vom 27.4.2008 „Eine Vision wurde Wirklichkeit – endlich haben Fluggäste von einer Billig Airline noch Geld bar dazugekommen“.

Vorschau:
Keine Ahnung ob Sie, liebe Leserinnen und Leser der Bissigen Bemerkungen, in letzter Zeit an entsprechender Stelle mal bei sich nachgesehen haben, aber die ITB steht wieder „vor der Tür“. Also muss der Branchenbogen etwas breiter gespannt werden. Lesen Sie deshalb nächste Woche, was uns gerade aufgefallen ist.
Stichwort Reisebüro und Koffer-Abwrackprämie: Lieber keine Idee haben, aber immer drauf hauen wenn andere eine Idee haben.
Stichwort TUI-Cruises: Wie auf einem generalüberholten Schiff jetzt auch die Kunden generalüberholt werden können
Stichwort Costa Brava: Wie Bettenburgen verschwinden und Berge schöner werden – zumindest im Katalog
Stichwort 100-Milliliter-Regel für Handgepäck: Wer setzt sich in Zukunft durch – die Sicherheitslobby oder die Vernunft?
Und speziell zur ITB und Thema Konjunkturvorhersagen: Wie schnell sich manche Gurus drehen können. Beispiel: Deutsch-Banker Norbert Walter „von keine Konjunkturprobleme zum totalen Wirtschaftsabsturz“ im zeitlichen Rekordtempo. Am besten nicht hinhören.

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Eine Vision wurde Wirklichkeit – „endlich“ haben Fluggäste von einer Billig Airline für ein Ticket noch Geld bar dazu bekommen.

Vor ca. 5 ½ Jahren (genau am 11. Nov. 2002) orakelten die Bissigen Bemerkungen „Wann führen die Billig Airlines den Minus-Preis ein?“. Jetzt ist es tatsächlich passiert. Der britische Billigflieger Flybe zahlte 172 Personen jeweils 80 Pfund damit sie mit ihm von Dublin nach Norwich und zurück flogen.
Endlich ist das Tabu gebrochen und der vermeintlich kurze Schritt vom Null-Preis zum Minus-Preis geschafft.

Natürlich gibt es eine Story hinter dieser Story. Im offensichtlich landsmannschaftlich begründeten Größenwahn englischer Billigflieger hatte Flybe dem Flughafen Norwich versprochen, innerhalb eines definierten Zeitraumes 15.000 Fluggäste zu „bringen“. Als der Stichtag nahte waren es, inklusive der für den letzten Flug gebuchten Gäste, aber leider nur 14.828 Fluggäste. So ein Mist auch. Und dummerweise hatte man bei Nichterreichen dieser Zahl eine Vertragsstrafe in Höhe von fast 500.000 Euro akzeptiert. Sehr leichtsinnig!
Was tun? Die vermeintlich cleveren Flybe Manager schalteten eine Anzeige auf der Webseite einer Künstlervermittlungs-Agentur: “Bezahlte Statisten ab 16 Jahre gesucht: Sie werden ein Flugzeug nach Dublin besteigen und anschließend nach Norwich zurückfliegen. Gage: 80 britische Pfund”.
Nun ja, für einen armen Künstler ist das viel Geld und dafür kann man zur Not auch mal mit Flybe fliegen.

Ende gut, alles gut? Leider nicht für Flybe. Dummerweise kennt man auch in Norwich das Internet und schaut da mal ab und zu hinein. Und die Flughafenmanager von Norwich mögen es gar nicht, wenn man sie veralbern will (da kann sich manch anderer Flughafen ein Stück abschneiden). Sie hingen noch dem „altmodischen“ Gedanken an, dass ein Passagier für seinen Flug auch zahlen müsse. Bezahlte Künstler jedoch würden ins Theater gehören und nicht in eine Flugstatistik. Dumm gelaufen. Als günstigsten Normalpreis auf der Strecke Dublin nach Norwich haben die BBBs übrigens für den 10.Mai einen Preis von 1,87 Pfund gefunden!!

Kleiner Rat an die Leser der Bissigen Bemerkungen. Bewerben Sie sich doch (möglichst) unauffällig bei mehreren Billig Airlines. Die BBBs können sich durchaus den neuen Job des „Statistik-Passagiers“ vorstellen. Schließlich muss jede Airline regelmäßig zum Monatsende neue Passagier-Zahlen veröffentlichen und da kann es schon mal „eng werden“. Voraussetzung für diesen neuen Beruf: kurzfristig verfügbar (in der Regel immer zum Monatsletzten), nicht wählerisch hinsichtlich der Flugstrecke und möglichst harmlos aussehen, wie eben ein ganz normaler (gering zahlender) Passagier.

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Leider hat das Volksbegehren “Pro Tempelhof” ganz knapp das Ziel verfehlt. Sehr, sehr schade. Auch hier werden spätestens in 5 1/2 Jahren die BBBs sich wieder selbst zitieren können: Leider recht gehabt, BBI platzt aus allen Nähten und Flugverkehr wandert ab.
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Nochmals kurz darüber nachgedacht “soll es in 5 1/2 Jahren tatsächlich noch die BBBs geben”? Das werden einige als echte Drohung auffassen!

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Ryanair hat nicht nur einen Ergebnisschaden, sondern muss auch noch Schadenersatz zahlen.

Zum Glück geht es nicht immer gut, wenn man in der Werbung jeglichen Anstand vermissen lässt. Und Ryanair glaubt auf diesem Gebiet öfters nach eigenen Spielregeln gegen die Chefs anderer Airlines oder gegen Flughäfen die nicht im Ryanair-Angebot sind, etwas flegelhaft werben zu dürfen.
So legten sie dem französischen Staatspräsident Sakorzy und seiner Frau Cala Bruni per Sprechblase in den Mund „Mit Ryanair kann meine ganze Familie zu meiner Hochzeit kommen“. Leider ist nicht überliefert worüber sich Sakorzy mehr geärgert hat, über die Dreistigkeit mit seinem Konterfei unerlaubt zu werben oder über die Aussicht, es kämen tatsächlich alle Familienangehörigen zur Hochzeit. Die vom Gericht dafür verhängte Geldstrafe war mehr als berechtigt.

Es war ohnehin nicht die Woche des irischen Großmauls O`Leary. Schließlich musste er einen dramatischen Gewinneinbruch von Ryanair um 27% für das letzte abgerechnete Quartal berichten und zusätzlich seinen Aktionären „beichten“, dass für das kommende Geschäftsjahr (beginnend ab 1.April) mit einem Gewinnrückgang um bis zu 50% zu rechnen sei. Neben einigen nachvollziehbaren Gründen (Treibstoffkostensteigerung), klingt die weitere Begründung „niedrige Ticketpreise“ direkt amüsant. Dass jemand der permanent Tausende von Tickets verschenkt irgendwie niedrige Ticketpreise hat, scheint auch ohne betriebswirtschaftliches Studium nachvollziehbar.

Und diese Logik wird auch noch gesteigert, durch seine Ankündigung in ein paar Jahren alle Tickets kostenlos abgeben zu wollen. Weit scheint es jedenfalls zur Beantwortung der eigentlich sarkastisch gemeinten Frage der Bissigen Bemerkungen „Wann führen die Billig-Airlines den Minus-Preis ein“ (siehe BBBs vom 11.11.2002) nicht mehr zu sein. Aber liebe potenzielle „Freiflieger“ nicht zu früh freuen. Die für solche Taten besonders verdächtige Ryanair, arbeitet schon an dem Projekt, in dem die „Nebenkosten“ stark steigen: permanente Gepäckgebühren-Erhöhung, steigende Kreditkartenkosten, eine sauteure Hotline in der man auch „geschickt gehalten“ wird und vieles mehr werden anscheinend nur noch von den „abgehärteten“ (oder nicht nachrechnenden) Ryanair-Kunden akzeptiert. Aber auch hier geht wahrscheinlich „der Krug (O`Leary) solange zum Brunnen bis er bricht“.
Da fällt einem doch sofort ein, wofür demnächst die nächste Ryanair-Gebühr fällig wird: für die Benutzung von Spuktüten.

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