Person | Interviews | Vorträge | Veröffentlichungen | Kontakt

ITB 2009: Reiseanalyse, chaotische Verkehrssituation und einen schönen Preis für die Bissigen Bemerkungen

1. Reiseanalyse 2009
Die Bissigen Bemerkungen von letzter Woche („nicht den historischen Fehler von 2002 wiederholen“) führten zu heftigen Diskussionen in Form von Email-Zuschriften und ergaben sowohl neue Klick-Rekorde für die BBBs als auch eine unerwartet hohe Anzahl neuer Newsletter-Abonnenten. Vielen Dank.
Insbesondere durch die traditionell auf der ITB vorgestellte Reiseanalyse, das wohl renommierteste Marktforschungsergebnis der Branche, fühlen sich die BBBs bestätigt.
Demnach sehen 75% der Bevölkerung die Finanzkrise als besorgniserregend an, aber nur 15% geben an, dass ihre Urlaubsplanung davon betroffen sei. Natürlich ist 15% immer noch eine sehr hohe Zahl, aber nach den Daten der Reiseanalyse wird sich diese Betroffenheit eher in einem „Sparen am und im Urlaub“ äußern als im „totalen Reiseverzicht“. Neben den bereits Gebuchten haben sich 45% der Bevölkerung bereits definitiv für eine Urlaubsreise in diesem Jahr entschieden, aber noch nicht gebucht (das sind ca. 10% mehr als in 2008) und weitere 25% halten eine Urlaubsreise in 2009 für möglich.
Bei den geplanten Urlaubsreiseausgaben wird es noch interessanter. 58% wollen in 2009 gleich viel ausgeben wie in 2008, 9% wollen mehr ausgeben und 11% wollen weniger ausgeben. Insofern stimmen diese Zahlen mit dem Trendbarometer der Dresdner Bank überein. Aber, und jetzt kommt eines der wichtigsten Befragungsergebnissen, auf die Frage an die 11% die weniger ausgeben wollen und an die 22% hinsichtlich der Reiseausgaben noch unentschlossenen Bucher, wo sie mögliches Einsparungspotenzial sehen, antworteten 30% mit „Suche nach Sonderangeboten“.

Liebe Veranstalter und andere Reiseanbieter, das Thema Reiseschnäppchen (und in Folge „Last Minute“) möchtet Ihr am liebsten zum Tabu-Thema erklären. Aber diese Nummer läuft nicht. Wenn Ihr sehr laut über Eure Sparpotenziale nachdenkt, könnt Ihr das gleiche Denken Euren potenziellen Kunden nicht verwehren. Und die sind zu einem wesentlichen Teil der Meinung, wenn wir schon in einem Krisenjahr verreisen, dann wollen wir auch etwas als Gegenleistung, sprich Boni, bekommen. Dass man in der Höhe des Preisnachlasses angesichts des substanziellen Inhalts der Befragung nicht übertreiben muss, ist eine andere Frage. Es geht mehr ums Prinzip. Verstanden?
Also, Marketing und Yieldmanagement übernehmen Sie.

2. Verkehrssituation während der ITB
Das war teilweise die absolute Frechheit was sich die Berliner Verkehrsbehörden (oder wie immer diese bürokratischen Kurzdenker heißen mögen) während der ITB geleistet haben. Ausgerechnet am ersten Messetag „musste unbedingt“ eine der wichtigsten Zufahrtsstraßen zur Messe neu geteert werden. Da war kollektives Zuspätkommen für die Messeleute angesagt. Warum es außerdem nicht möglich ist an der Abbiegung Neue Kantstraße zur Messe für die Stoßzeit morgens eine andere Verkehrsregelung als nur eine einzige Abbiegerspur zu schaffen wird auch ein Berliner Geheimnis bleiben. In Hannover wird zur Cebit der Messeschnellweg auf allen Fahrbahnen morgens zur Einbahnstraße hin und abends zur Einbahnstraße zurück erklärt. Klappt hervorragend. Hannover mag in den Augen von Euch Hauptstädtern zwar Provinz sein, nichtsdestoweniger könntet Ihr etwas davon lernen. Da wirkt die gerade gestartete Berliner Freundlichkeitsoffensive direkt lächerlich, wenn morgens gefrustete Taxifahrer auf ebenso gefrustete Messebesucher treffen.
Also, erstmal Hausaufgaben machen.

3. Preis der Vereinigung der Deutschen Reisejournalisten (VDRJ-Preis) für Karl Born
In einer sehr stilvollen Veranstaltung und mit einer außergewöhnlichen Laudatio durch Rolf Nöckel von der Westdeutschen Zeitung, standen die Bissigen Bemerkungen im Mittelpunkt der Verleihung des VDRJ-Preises (Mehr zum VDRJ siehe unter www.vdrj.org). Am Ende der Veranstaltung bedankte sich Karl Born mit einer Drohung: Er wolle noch die 500. Ausgabe der BBB schaffen. Konkret hieße dies, dass die Branche noch zwei Jahre mit den Bissigen Bemerkungen leben müsse.
Auch an dieser Stelle nochmals vielen Dank an den VDRJ für den Preis und an Rolf Nöckel für die Laudatio (Bild von der Preisverleihung unter www.vdrj.org/index.php?op=pages&pageid=118)

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

Was bringt die ITB?

„Was bringt die ITB?“
NDR, Mittagsmagazin, 11.3.09

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

ITB-Bemerkungen: Die Branche darf nicht die gleichen Fehler wie 2002 machen und wieso kommt dieses Jahr Knecht Ruprecht schon im März.

Bis vor kurzem noch war zu befürchten, dass die größten ITB-Aufreger die „Neuvorstellungen“ von Gabun, Tadschikistan und Turkmedistan sein würden. Aber da haben wir nicht mit dieser Branche gerechnet, im Guten wie im Schlechten. Kurzarbeit, Kapazitätsreduzierungen, geht TUIfly zu Air Berlin, gibt Air Berlin die LTU ab und kauft REWE jetzt Thomas Cook. Das werden wieder lange Nächte auf dieser ITB.

Wobei die Themen überhaupt nicht lustig sind. Aber das Allerschlimmste ist: die Branche ist dabei ihren historischen Fehler von 2002 zu wiederholen. Erinnern Sie sich noch? Unter dem Schock des 11. September 2001 stehend, von Buchungszurückhaltung anfangs des Jahres 2002 beeindruckt, gab die Branche im Frühjahr das Reisejahr 2002 schlichtweg verloren. Harte Sparmaßnahmen wurden durchgezogen. Lag der aktuelle Buchungsstand um 10% zurück, wurden beispielsweise die Anzahl der Check In-Schalter im Flughafen gleich um 15% reduziert usw. Jene, die noch reisten, traf die „volle Härte der Anbieter“. Zu Lasten der Buchenden wollte man unbedingt das Ergebnis retten. Die Noch-Nicht-Reisenden zum Buchen zu animieren, wurde zu keiner Zeit als ernsthafte Option verfolgt. Das Ergebnis ist bekannt: Die bis dato geltende ungeschriebene Regel „der Deutsche will auf seine Urlaubsreise nicht verzichten“, wurde erstmals und zwar ohne Gegenwehr der Industrie, außer kraft gesetzt.

Und genau das geschieht wieder, das Reisejahr 2009 wird schon heute verloren gegeben. Das fast göttliche „Gebot der Marge“ wird erneut der Börse auf den Altar gelegt. Kapazitätsreduzierungen anzudenken ist eine Sache, dass es die Branche jetzt als „die Nachricht“ verkündet, ist eine andere. Die Nachricht kann höchstens als Botschaft für die Börse von Wert sein, nur die Börse bucht keine Urlaubsreisen. Wer in der Krise zuvorderst die Marge will (muss), schwächt die Zukunft! (Eigentlich müsste hier stehen: „Versündigt sich gegenüber der Zukunft“).

Was ist das aktuelle Problem. In der Urlaubsbranche (anders als im Bereich der Geschäftsreise – man beachte dies bitte), haben wir es im Moment mehr mit Verunsicherung als mit bereits erfolgtem Verzicht zu tun. Da sitzen im Moment Millionen potenzieller Urlauber herum und denken total verunsichert, aber mit Sehnsucht, über Urlaub nach. Wenn potenzielle Kunden verunsichert sind, brauchen Sie „neue Anreize“ um zum Buchen zu kommen. Die gepriesene „Verlängerung des Frühbucherrabattes“ (womöglich noch mit dem Zusatz des „großen Erfolges wegen“) ist kein neuer Anreiz. Wollen wir wetten, dass die Marketing-Budgets der Reiseanbieter schon drastisch runtergefahren sind? Es lebe antizyklisches Verhalten!

Dieses Jahr hat alle Chancen ein Spätbucherjahr zu werden. Wer hat sich dafür mit welchen Mitteln vorbereitet? Alle warten anscheinend nur, wie das Kaninchen vor der Schlange, welcher „Böse“ jetzt den ersten Stein (= gleich Preisschlacht) wirft.

Aber ungestraft lässt man sog. Experten, die ihre Unglaubwürdigkeit bereits bewiesen haben, ihre Schreckenvisionen präsentieren. Ein Norbert Walter, der vor wenigen Monaten noch „gesichertes Hosianna“ verkündete, predigt jetzt mit gleicher Überzeugungskraft sein „Höllenszenario“. Zum Dank darf er dieses auf der ITB präsentieren, damit es noch mehr verbreitet wird.
Im Gegenteil dazu, kommt das Trendbarometer der Dresdner Bank zum Ergebnis, dass die Reiseausgaben der Deutschen in 2009 um 1% sinken werden. Aber diese Zahl 1% wird in der öffentlichen Darstellung mit einem Unterton versehen, nur vergleichbar mit einer 8,5 auf der berühmten Richterskala für Erdbeben.

Aber das ist beileibe nicht das einzige ITB-Thema. Da haben wir noch das grandiose Fluggesellschaft Theaterspiel. Air Berlin-Boss Achim Hunold in der doppelten Knecht Ruprecht-Rolle. Einmal bei TUIfly, da zeigt es bereits Wirkung und jetzt neuerdings in der gleichen Rolle bei LTU. Achtung. Das LTU-Personal ist hartgesottener als das in Hannover. Da wird die Ankündigung nicht genügen, da muss schon die Rute raus (wie immer diese heißen mag).

Und fast hätten wir es vergessen. Das mächtigste Marktverschiebungs-Potenzial steckt in der Geschichte „kauft REWE Thomas Cook?“. Interessant, wie in einem Fachzeitungs-Blog diese Meldung runtergespielt wird. Aber ein Norbert Fiebig verplappert sich nicht so einfach, auch nicht in einem „Hintergrundgespräch“ mit Journalisten.

Sorry liebe Leserinnen und Leser, dass aus den in der letzten Woche angekündigten Geschichten für heute nichts geworden ist. Aber diese Branche tickt eben schneller als im Wochenrhythmus.

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

Albträume in einer Vollmond-Nacht

Liebe Leserinnen und Leser der BBB, haben Sie eigentlich eine Vorstellung wie jeden Sonntagabend die Bissigen Bemerkungen entstehen? Da werden um 20.00 Uhr die gesammelten Notizen der vergangenen Woche auf dem Schreibtisch ausgebreitet, parallel dazu die ARD-Nachrichten geschaut und danach im Internet gegoogelt ob es noch etwas Aktuelles gibt. Dann wird geschrieben, mehr oder weniger bissig, je nach Stimmung und Nachrichtenlage. Manchmal geschieht auch stundenlang überhaupt nichts, weil es nichts Bissiges gibt. So wie heute, beim 392. BBB – Sonntag.

Da liegt zwar einiges auf dem Tisch.
– – Condor-Vorstand Debus soll zu Air Berlin gehen (die haben ja erst 5 Vorstände)
– – Dagmar Wöhrl, Staatsekretärin und Ex-Miss-Bundestag wird als Nachfolgerin des amtsmüden Michel Glos gehandelt
– – Lars Windhorst schon wieder pleite
– – ITB-Meldung: Es ist nicht richtig, dass Lufthansa der ITB den Rücken kehre, sie habe nur keinen Messestand mehr. Dafür kehren Gabun, Tadschikistan und Turkmenistan zurück. Zusätzliche deutsche Destinationen drängen auf die ITB
– – Ein Sun-Express – Pilot wird nach Streit mit Passagier verprügelt
– – TUI senkt die Preise mit der Aktion „Da schlag ich zu“. Die Zukunft von TUIfly bleibt unklar.
– -Wowereit vermietet im Alleingang den kompletten Flughafen Tempelhof für die nächsten 10 Jahre, dummerweise nur für jeweils 2 Monate im Jahr. Es soll sich um eine „angesagte“ Modemesse handeln, die komischerweise „Bread & Butter“ heißt.
– – Das Land Rheinland-Pfalz übernimmt die Hahn-Anteile von Fraport für 1 Euro.
– – Stewardessen von Ryanair werden in einem Pin-Up-Kalender abgebildet. Mehrere Frauenorganisationen protestieren. Männliche Gäste protestieren auch mit der Begründung „wir haben noch nie eine von diesen abgebildeten angeblichen Ryanair – Stewardessen an Bord gesehen“.

Aber für so eine richtig bissige Bemerkung reicht keine dieser Meldungen. Wissen Sie wie ermüdend es ist, stundenlang auf ein weißes Blatt Papier zu starren ohne eine konkrete Idee zu haben? Und draußen ist auch noch Vollmond.

Irgendwann muss ich am Schreibtisch eingeschlafen sein:

– – Plötzlich wollte Condor-Debus für 1 Euro TUIfly übernehmen und Dagmar Wöhrl wurde 6. Geschäftsführer(in) bei Air Berlin
– – Michel Glos und Ernst Hinsken tauschten die Jobs und kein Mensch hatte den Unterschied bemerkt
– – Lebedew wollte jetzt bei Air Berlin (statt bei Öger) einsteigen, aber Hunold bestand auf Vorlage einer Schufa-Auskunft.
– – Messe-Chef Buck verkündete voller Stolz die Teilnahme von Molwanien auf der ITB und mit Vordertupfing und Hintertupfing seien Vorverträge abgeschlossen worden
– – Ich sah die TUI-Werbung „Da schlag ich zu“ und dahinter eine Prügelei zwischen TUIfly Piloten und TUI Managern. Welt.online zog daraufhin die Meldung über den verprügelten SunExpreß – Piloten als Falschmeldung zurück.
– – Das Land Rheinland-Pfalz freute sich über die kostengünstige Ãœbernahme des Fraport-Anteils für nur 1 Euro und Hans Rudolf Wöhrl ärgerte sich tierisch, dass er diesmal zu spät kam.
– – Wowereit präsentierte ein Buch über „Moderne Auslastungssteuerung“ und änderte den Namen der Modemesse in „Champagner & Kaviar“. Danach klärte ihn jemand auf, dass auf dieser „angesagten“ Messe nur Alltagskleidung gezeigt wird. Daraufhin gab Wowereit eine Regierungserklärung ab, die nur aus einem Satz bestand: “L`etat cèst moi”. Die linken Abgeordneten glaubten es sei ein Zitat aus der französischen Revolution, dachten an die Guillotine und applaudierten vorsichtshalber heftig.
– – Aber die schlimmste Stelle im Traum war, als DRV-Präsident Läpple den Pin-up-Kalender des DRV präsentierte und nur (männliche) Bosse der großen Veranstalter abgebildet waren (mit Feigenblatt an den entsprechenden Stellen natürlich).

Irgendwann bin ich wieder aufgewacht, der Vollmond war verschwunden und im Unterbewusstsein musste ich diesen Albtraum wohl niedergeschrieben haben. Egal, jetzt mal 3 Stunden schlafen und dann gut frühstücken.

Ach ja, und ein Satz ist mir noch in Erinnerung. Den muss ich wohl auch in irgendeiner Notiz gelesen haben. Auf einem Symposium für Tempelhof, nichts ahnend, dass Wowi bereits Fakten geschaffen hatte, betonte eine Schweizer Referentin schlauerweise: „Die Planung beschäftigt sich mit der Zukunft“.
Um allein das zu wissen, war der Abend dann doch nicht umsonst.

Und noch eine letzte (echte) Meldung: Australische Wissenschaftler haben eine bahnbrechende Diagnose für Demenz bei Personen unter 65 gefunden. Die Betroffenen seien daran zu erkennen, dass Sie eindeutig ironisch und sarkastisch vorgebrachte Äußerungen nicht als solche erkennen. Sollten Sie also obige Bissige Bemerkungen für ernst nehmen, sollten Sie schleunigst einen Arzt aufsuchen.

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

Das Thema zur ITB: CO2- und anderer Schadstoff-Ausstoß

Da haben einige Politiker ja ein richtig schönes Thema kurz vor der Internationalen Tourismus Börse (ITB) angestoßen: Verzicht auf Fernreisen um die CO2-Emissionen zu verringern.
Der dabei erzeugt sprachliche Schadstoff-Ausstoß ist allerdings nicht weniger drastisch. Überraschender Weise vergaloppierte sich auch der Direktor der ITB, Martin Buck, in besonderer Weise. Er sieht ebenfalls ein Urlaubsproblem wegen CO2 und empfiehlt Urlaub in Deutschland. Sorry, lieber Herr Buck, wozu dann noch die ITB, wenn alle nur noch Urlaub im eigenen Land machen.
Außerdem ist die ITB unter diesem Gesichtspunkt, durch die Tausende aus aller Welt anreisenden Teilnehmer, ja eine richtige CO2-Schadstoff Vollversammlung.

Das passt zur ITB wie die Faust aufs Auge: Klimaschutz und Verzicht auf Urlaubsreisen, insbesondere Fernreisen. Vor kurzem sollten wir alle noch nach Ostasien fliegen, weil wir die durch den Tsunami-geschädigten Menschen durch unser Urlaubsgeld unterstützen sollten.
Die armen Entwicklungsländer, auf der ITB wieder prominent mit sehr schönen Messeständen vertreten, rechnen mit den Touristen als Haupteinnahmequelle.
Jetzt sollen wir plötzlich alle wieder zu Hause bleiben?

Das kennen wir doch schon; Politikerpopulismus der Urlaubsverzicht fordert, bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit. „Man könne ja mal ein Jahr zwischendurch auf seine Fernreise verzichten!“ Klingt gut, haben Sie in Ihrem Bekanntenkreis jemanden der jedes Jahr eine Fern-Urlaubsreise macht? „Warum immer Urlaub in Asien, Deutschland ist doch auch schön.“ Pennen die alle? Das bestreitet doch niemand: Deutschland ist heute schon das Urlaubsland Nr. 1, vor allen anderen Ländern, vor Spanien, Türkei usw.. Und die Fernreisenden machen 5% aller Urlauber aus!

Ja, der verbale Schadstoff-Ausstoß ist schon gewaltig. Schauen wir uns doch mal an, wem zuletzt der größte Schadstoff-Ausstoß entwichen ist.

Auf Platz 1 steht leider der Direktor der ITB, Martin Buck. Ein ansonsten ganz netter und besonnener Zeitgenosse, vielleicht jetzt etwas stressgeschädigt, ist ihm am Wochenende zu diesem Thema folgendes Zitat entwichen: „Es setzt ein Bewustseinswandel ein (das Wort könnte von unserem Bundespräsidenten stammen). Heute ist Rauchen nicht mehr chic und in wenigen Jahren wird es in weiten Kreisen der Bevölkerung nicht mehr chic sein, während seines Urlaubs die Umwelt mit CO2 zu vergiften.“ Danach kommt dann noch ein Appell auf Urlaub im eigenen Lande.
Ist ihm klar was das bedeutet? Wenn alle Urlaub im eigenen Land machen (und das muss ja dann für alle Länder der Welt gelten), bedarf es keiner Internationalen Tourismusbörse mehr. Und die weitere Frage muss erlaubt sein: Ist dann heute schon chic (und nächstes Jahr) solch gigantische CO2-Emissionen zu verbrennen, nur um an der ITB teilzunehmen. Wurde die ITB früher als „Internationale Trinker Börse“ verspottet, ist sie heute die „Vollversammlung der touristische bedingten Schadstoff-Verursacher“.

Auf Platz 2 finden wir unseren Bundesumweltminister Sigmund Gabriel. Sein permanenter verbaler Schadstoff-Ausstoß ist schon legendär. Natürlich stößt er auch zu diesem Thema aus. Dabei ist er ein soooo großes Vorbild! Wann immer es geht fährt er mit der Bahn. Bis dummerweise vor kurzem bekannt wurde, dass parallel dazu sein („dicker“) Dienstwagen fährt, damit er am Ziel angekommen, sofort einsteigen kann. Sorry, so einer kann sich gerne aus unseren Urlaubsdispositionen heraushalten.

Auf Platz 3 finden wir dann den bayrische Umweltminister Schnappauf. Er will uns „lieber am Main entlang radeln sehen will, als im Fernreisejet“. Aber Achtung, Gefahr! Er war derjenige, der Bruno den Bär erschießen ließ, als dieser Urlaub in Deutschland machen wollte.

Auf Platz 4 des größten verbalen Schadstoff-Ausstoßes finden wir Frau Künast unsere ehemalige Ministerin für Verbraucherschutz. Ungefragt klärt sie uns auf, „dass es auch in Deutschland schöne Urlaubsregionen gibt“ (hält die uns für total unwissend?) und fordert „Pauschalreise muss künftig bedeuten: Halbpension mit Klimaschutz“. Zum Glück haben wir ein gutes Gedächtnis und erinnern uns an das Jahr 2003 (noch nicht lange her) als Frau (Ministerin) Künast und Herr (Bundesumweltminister) Trittin sich vor einem Ausschuss verantworten mussten, weil es ihnen nicht zumutbar erschien einen Linienjet zu benutzen und unbedingt mit einer Challenger der Bundeswehr fliegen wollten. Auf Druck der Öffentlichkeit hatten sie den bereits im Leerflug nach Brasilien beorderten Jet unterwegs wieder abbestellt. Klimaschutz vom Feinsten.

Direkt danach folgt dann unserer Tourismusbeauftragter (besser bekannt als Bayernbeauftragter) Hinsken, der meinte „es würde uns Deutschen nicht schaden (welch putziges Wort an dieser Stelle), mal zwischendurch Urlaub im eigenen Land (sprich Bayern) zu machen“. Dabei hat er ganz vergessen, dass er uns das schon vor kurzem empfohlen hatte, „bis der internationale Terrorismus vorbei sei“.

Alles falscher Alarm, das Thema erledigt sich von alleine. Bei der aktuellen Politik, die dafür sorgte und weiterhin sorgt, dass das frei verfügbare Einkommen der breiten Bevölkerungsschicht immer weniger wird, kann sich ohnehin kaum noch einer eine Fernreise leisten.
Das größte Urlaubsmotiv heißt „Flucht vor dem Alltag“. „Leute kratzt die letzten Mücken zusammen“ für einen Fernflug in die Südsee. Aber nur one way!
Und in 20 Jahren gehen wir dort mit dieser Insel unter.

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

40 Jahre ITB, ein Rückblick

Sie hat Jubiläum, die gute alte ITB: 40 Jahre ist sie nun alt. Ich selbst war die letzten 25mal dabei, ein gemeinsames Jubiläum also.
Das Beste an der ITB war immer die Stimmung. Diese war stets besser als die Lage. Und da angeblich z.Z. die Lage besser sei als in den letzten Jahren, müsste dieses Jahr auf der ITB eigentlich Hochstimmung herrschen; nicht nur wegen des Jubiläums.

Die 40 Jahre ITB könnte man in vier verschiedene Abschnitte einteilen:
1. Die gute alte Zeit
2. Die Branche industrialisiert sich
3. Die Jahre nach dem 11. September 2001
4. Und heute.

Die gute alte Zeit
Sie heißt so, weil man sich nur noch an das Gute erinnert. Die ITB war besonders zu Beginn ein großes Treffen internationaler Freunde. Das Geschäft Tourismus verkaufte sich von alleine. Stickige Luft, Gedrängel und mehr zu Fuß unterwegs sein als gewohnt, hinterließen zwar schnell Spuren. Aber man hatte ja genügend Zeit sich an den richtigen Orten zu regenerieren. Wenn man das richtige Schildchen hatte ging man zu Lufthansa zum Mittagessen (oder legte geschickt einen Termin auf diese Zeit). Bei den Landesverbänden, beispielweise Schleswig Holstein, gab es nachmittags Bier und Schnaps und spätestens gegen 17 Uhr ging man zu Hapag Lloyd. Dort gab es die besten Rollmöpse, von attraktiven Stewardessen serviert und noch mehr Bier. Und abends war dann Party in allen Hotels mit Abschluss an irgendeiner Hotelbar. Hauptsache man konnte dem Taxifahrer noch den Namen des eigenen Hotels nennen. Man ahnt es schon: Der Spitzname „Internationale Trinker Börse“ kam nicht von ungefähr.
Ärgerlich nur, dass man beim Frühstück wieder auf die gleichen Gesichter traf und die sahen nicht gut aus. Da half nur Frühstücken auf dem Zimmer.
Eine der wichtigsten Aufgaben auf der Messe war „Gerüchte streuen“. Die damaligen Branchengrößen waren zwar alle untereinander „Buddies“, aber trotzdem eiskalt, wenn es darum ging, dem Kumpel von gestern Abend das Geschäft kaputtzumachen.

Alle Anzeichen, die signalisierten das Geschäft längerfristig zu verändern, wie Verkauf über Btx oder Einzelplatzbuchungen, wurden nicht ernstgenommen. Beim ersten Punkt lag die Branche richtig, bei zweitem gewaltig daneben.

Einziger Nachteil jener Zeit: Die Hotels saßen auf dem hohen Ross. Es wurden nicht nur Mondpreise verlangt, man musste auch das Zimmer für die ganze ITB-Zeit mieten, unabhängig davon, wie lange man auf der Messe war. Dass man das Hotelzimmer mit jemand teilte, konnte deshalb auch Kostengründe haben.

Die Branche industrialisiert sich
In den 90er Jahren begann die Branche sich zu industrialisieren, die ITB änderte sich mit. Eine neue Generation Manager gesellte sich zu den alten Haudegen, BWL traf auf „Bauchtouristik“. Das öffentliche Auftreten der Branche wurde selbstbewusster. Über den neu gegründeten Verband BTW sah man sich jetzt auf einer Ebene mit den traditionellen Industrien. 1997 gab sich erstmals ein Bundeskanzler die Ehre auf der Eröffnungsveranstaltung zu reden.
Massive Neuerungen drohten die Branche nachhaltig zu verändern. Das Internet drohte die Reisebüros überflüssig zu machen. Die elektronischen Anbieter nahmen bereits einen großen Raum auf der ITB ein. Die Veranstalter versuchten erste, noch verschämte Schritte in Richtung Direktvertrieb. Die Großen der Branche leibten sich alle Wertschöpfungsstufen ein, mutierten zum integrierten Touristikkonzern und dominierten stärker denn je die Branche (und auch die ITB).

Die Jahre nach dem 11. September 2001
Die Branche und die ITB erleben den größten Schock seit ihrem Bestehen. Weltweite Krisen von vorher nie geahnten Ausmaßen belasteten das touristische Geschehen.
Die ITB 2002 stand vor einer großen Bewährungsprobe. Aber die Tourismus-Branche bewährte sich, zeigte Solidarität mit aller Welt, gab nicht auf. Die neue ITB wurde zum Aufbruchssignal. Wenngleich manche positive Botschaft („diese Krise verursacht nur eine Delle“) eher dem Pfeifen im Walde glich.
Minister und Staatspräsidenten jener Staaten, für die der Tourismus von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung, nutzten jetzt die ITB als Plattform und warben für ihr Land.

Die neue Zeit
Die Branche hat den Tiefpunkt der Krise überwunden. Sie ist sich der wirtschaftlichen Bedeutung in Deutschland und in der Welt bewusst. Trotz gewaltigem Kostendruck zeigen einige große Touristikkonzerne und fast alle Zielländer Flagge auf der ITB. Mehr denn je prägen jetzt große Diskussionsforen, insbesondere der ITB-Kongress Market Trends & Innovations, neben dem klassischen Geschäft, das neue Gesicht der ITB. Wer etwas Neues zu sagen hat, sagt es hier, auf der ITB.

See you auf der ITB 2006.

——————————–
PS: Diese BBBs erschienen bereits vorab
in der “Berliner Morgenpost“, am 5.3. und etwas gekürzt in “Die Welt“, am 4.3.

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)

ITB 2003: Zehn wichtige Regeln für alle, die dabei sein wollen

Vom 7.3. bis zum 11.3. ist die ITB in Berlin wieder der touristische Nabel der Welt. Dem Publikum präsentiert sich eine der attraktivsten Messen, die es gibt. Ein Rundgang ist wie eine Reise um die Welt. Für Fachbesucher bedeutet die ITB vielerlei: Hartes Verhandeln um neue Kontingente und Preise, Trends beobachten und neue Trends setzen, Karrieren fördern, aber auch Eitelkeiten pflegen. Wer sich in diesem „Dschungel“ behaupten will, sollte 10 wichtige Regeln beachten.

10 wichtige ITB-Regeln von Karl Born:
1. Kommen Sie schon zur Eröffnungsfeier, die ist zwar in aller Regel stinklangweilig, aber setzen Sie sich in die erste Reihe. Entweder der Platz steht Ihnen ohnehin zu, dann zeigen Sie es. Oder, wenn Sie es noch nicht soweit gebracht haben, bleiben Sie am Rande der ersten Reihe stehen. Warten Sie, ob ein Platz frei bleibt und setzen Sie sich auf diesen Platz. Ab jetzt denkt jeder, Sie gehören dazu. Denken Sie daran, die ITB ist eine große Gerüchteküche hinsichtlich Auf- oder Absteiger. Alles was Sie tun, kann zum „sich selbsterfüllenden“ Gerücht werden.

2. Verzichten Sie auf den Messerundgang. Erstens ist er stressig, zweitens laufen nur Streber mit und drittens werden Sie im Gefolge von Wowereit sowieso übersehen. Bleiben Sie auf Ihrem ITB-Stand (sofern Sie noch einen bzw wieder einen haben). Drücken Sie sich dort am Eingang herum und begrüßen Sie im entscheidenden Moment den Regierenden Bürgermeister, wenn er vorbeikommt, quasi als Hausherr. Sind Sie der Boss Ihrer Firma, dann steht Ihnen das zu, wenn nicht, ist es eine gute Gelegenheit mal Boss zu üben (Ihrem Chef wird das zwar nicht gefallen, aber warum war er auch nicht da?).

3. Geben Sie viele TV-Interviews. Das ist nicht anstrengend, denn Sie können immer das gleiche sagen. Die meisten ITB-Interviews werden bei Arte, Phoenix, n-tv oder in den 3. Programmen nach Mitternacht ausgestrahlt, wo ohnehin keiner zuschaut. Aber Sie haben die Chance, dass zwei Sekunden daraus in ARD oder ZDF gesendet werden, wenn auch nicht mit Ihrem Originalton, weil die Sprecherin gerade sagt, das sei die ITB. Aber macht nichts. Man sieht Ihr Gesicht, im Zweifel wird das ohnehin der attraktivere Teil des Interviews gewesen sein, vorausgesetzt die Aufnahmen wurden noch vor der ersten Messe-Nacht gemacht.

4. Machen Sie viele Termine. Belegen Sie alle Termine mindestens doppelt. Das macht Eindruck bei Ihrer Sekretärin/ Frau/ Freundin (respektive Sekretär/ Ehemann/ Freund), wie wichtig Sie sind. Treffen Sie auch Verabredungen zum Frühstück, das zeigt, dass Ihr Terminkalender randvoll ist. Im Zweifelsfall stornieren Sie diese Termine kurzfristig oder erscheinen einfach nicht. Die anderen freuen sich über die dadurch gewonnene Zeit. Dem fehlenden Gesprächsinhalt müssen Sie nicht nachtrauern, bei der ITB geht es ohnehin nur um das „See you“.

5. Treffen Sie sich mit vielen Ministern, vorzugsweise aus afrikanischen Ländern. Das macht sich sehr gut, denn die Minister kommen mit großem Tross. In der Firmenzeitung zeigt dies Ihre Weltläufigkeit. Die Namen der Minister müssen Sie sich nicht merken, die meisten Tourismusminister sind es ein Jahr später nicht mehr.

6. Leisten Sie sich, ungeachtet der Sparmaßnahmen in Ihrem Unternehmen, auf der Messe einen Chauffeur. Man kann von Ihnen nicht erwarten, dass Sie Ihre Termine zu Fuß erledigen, außerdem haben Sie damit einen Arbeitsplatz geschaffen. Für den Chauffeur ist das Herumkurven auf der Messe zwar der Horror, aber Sie vermeiden damit, von jedem, an dessen Namen Sie sich ohnehin nicht erinnern können, unterwegs angequatscht zu werden. Wenn Ihnen trotzdem jemand begegnet, sagen Sie „Hallo“ und warten nicht auf eine Antwort.

7. Nehmen Sie viele Einladungen für Abendveranstaltungen an. Das macht sich immer gut. Wenn man Sie fragt, wo Sie heute Abend sind, ziehen Sie einen Stapel Einladungen aus der Tasche und demonstrieren Sie Ihren Stress, weil man „überall wünscht, dass Sie kommen“. Aufsteigertypen, die sich in Ihrer Nähe suhlen, können Sie großzügig eine Einladung abgeben. Die leuchtenden Augen des Beschenkten bestärken Sie in Ihrem Glauben an Ihre eigene Großzügigkeit. Bleiben Sie bei jedem Essen maximal für einen Gang. Wenn die ITB vorbei ist, wissen Sie, welche Lokalitäten Sie privat meiden sollten.

8. Werden Sie nach dem Geschäftsverlauf gefragt, verwenden Sie die Standardfloskeln: Das Ganze ist nur eine Delle (schließlich gibt es ja auch große Dellen), unser Kostensparprogramm greift, seit letzter Woche steigen die Buchungszahlen wieder, Süd-Ost-Bulgarien hat sogar 85% Zuwachs, der Irak-Krieg wird uns nur unterproportional treffen, wir haben Vorsorge für Umbuchungen getroffen, die ganze Sicherheitsdiskussion ist übertrieben. Da alle den gleichen „Quatsch“ erzählen, haben Sie gute Chancen, dass es die Journalisten glauben.

9. Erklären Sie am letzten Messetag, dass Sie diese „bescheuerte“ ITB noch nie leiden konnten und Sie im nächsten Jahr garantiert nicht kommen werden. Vergessen Sie aber nicht beim Verlassen Ihres Hotels, die schöne Suite für das nächste Jahr wieder zu reservieren.

10. Wenn Sie wieder (müde) zu hause sind, lassen Sie sich von Ehefrau/ Ehemann bedauern. Was Sie auf der ITB gemacht haben, hatte zwar den gleichen Wichtigkeitsgrad, wie wenn in China ein Sack Reis umfällt, aber China ist immerhin die Zukunft im Tourismus.

Viel Vergnügen beim „same procedure as every year“.

Ihr Feedback, Ihre Anregungen, Ihre Meinung ist gern gesehen. (hier klicken)